... Julika

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Andreas

Beitragvon Andreas » 18.08.2009, 13:54

Man riecht den Flieder hinter der Scheune,
Eggen überwuchert von verlorenem Kinderlachen und Disteln.

Die Tür vom Gewächshaus
mit Scheiben aus Moos und Kussduft
quietscht noch immer das Lied
von Körpersaat und Tomatenranken.

Und unter dem alten Kirschbaum
ritze ich neu das Herz in die Rinde
von Sommersprossen und Zahnspangenküssen.

Andreas + …

Lydie

Beitragvon Lydie » 18.08.2009, 17:46

Lieber Andreas,

Es gibt so Gedichte, die ein Bild malen, Gerüche, Geräusche, Pflanzen, einen Ort, und Erinnerung an Liebe, ineinandermalen, von denen ich mich mitnehmen lasse, die mir ein Lächeln ins Gesicht zaubern, so im "durch den Salon Gehen". Der Name passt wunderbar zum Gedicht. Ja, und schon verrückt, wie stark Kindheitserinnerungen sich eben mit solchen Orten verbinden. Und so etwas wie Disteln.

Herzlicher Gruß und hallo, da dies ja unsere erste Begegnung mit Salon ist,

Lydie

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 18.08.2009, 21:38

Lieber Andreas,

Mir ist das mir den ganzen Gerüchen und Farben ja schon wieder ein Bisschen viel. Aber klar, ist ja auch ein Garten, da sollten Düfte und Töne wohl vielfältig sein :blink2:

Eine schöne Erinnerung hast du da gezeichnet. Und ja, ich habe direkt ein Bild vor Augen, auch wenn mir dieses ein wenig überladen scheint. Solch detailreiche Erinnerungen sind doch eigentlich sehr schön...

Herzlichst

Zafar
Zuletzt geändert von FawzZalum am 18.08.2009, 22:12, insgesamt 1-mal geändert.

Max

Beitragvon Max » 18.08.2009, 21:58

Lieber Andreas,

das finde ich einen sehr starken text von Dir ...

Wenn Du mir vorher geschrieben hättest, er handelt von

Herzen in Rinde

und

Zahnspangenküssen

hätte ich mich wohl gewarnt gefühlt ... so aber weißt Du über die vielfältigen Eindrücke ein so dichtes Bild aufzupassen, dass ich nur denke: Ja, so ist die Erinnerung.

Liebe Grüße
Max

Mucki
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Beitragvon Mucki » 18.08.2009, 23:19

Hi Andreas,

ein ungewohnt romantischer Text von dir! ,-)
Ich mag ihn, da man als Leser alle Bilder wunderbar vor Augen hat. Vor allem diese beiden Passagen gefallen mir gut:
Eggen überwuchert von verlorenem Kinderlachen und Disteln.

von Sommersprossen und Zahnspangenküssen.

Auweia, die Zahnspangenküsse wecken lebhafte Erinnerungen bei mir, vor allem, wenn sich die Zahnspangen ineinander verhakt hatten! *autsch* :mrgreen:

Saludos
Mucki

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leonie
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Beitragvon leonie » 19.08.2009, 09:44

Lieber Andreas,

mir gefällt die Idee auch, aber meiner Meinung nach könnte der Text sprachlich noch verbessert werden.
Zum einen der Einstieg:

Man riecht: Das ist sehr unpersönlich, ich frage mich, ob Du es nicht sogar weglassen könntest. Z.B in dieser Art:

"Wieder Fliederduft hinter der Scheune"

Dann denke ich, dass der Text sehr gewinnen würde, wenn Du die Substantive in Verben und Adjektive umwandelst, dadurch kommt "Bewegung" rein.

Liebe Grüße

leonie

Andreas

Beitragvon Andreas » 20.08.2009, 10:14

Hallo ihr,

wieder mal etwas spät, aber derzeit kann ich immer nur fix durch den Salon hecheln; ob ich einfach einen anderen Beruf oder ein anderes Leben brauche, habe ich derzeit noch nicht entschieden. Seht es mir nach, dass es öfter ein wenig dauert, bis ich mich mit euren Kommentaren befassen kann.

Kann es wirklich sein, dass wir uns bisher nie in diesen Hallen begegnet sind, Lydie? Umso mehr freut es mich, dass ich dich mit Bild ansprechen konnte. Vielen Dank für deine treffenden Worte.

Liebe Zafar, ich glaube, dass deine angesprochene Überladung ein bisschen auch mit leonies Kommentar einher geht. Auch dich grüße ich leonie. Dieses Gefühl rührt, so meine ich bzw. so verstehe ich es, daher, dass ich massiv viele Substantive (wie leonie auch anführt) hereingenommen habe und auf der anderen Seite mit essentiellen Satzbestandteilen wie Verben und Adjektiven gegeizt habe. Ich denke zwar, dass es so schwer nicht wäre, mich dazu zu überwinden, ein bisschen Überimpression durch die Transformation von Substantiven hin zu Verben / Adjektiven heraus zu nehmen, aber ich glaube, es verliert an Schwere dieser Retrospektive, wenn ich es tun würde. Sprachlich hin oder her, ich glaube, dass ich es so belassen mag.

Kurzeinwurf in Richtung leonie:
Dieses "man riecht" in der Auftaktzeile kann dort auf keinen Fall weg, aber das kannst du freilich nicht erkennen, warum ich es so geschrieben habe. Sprachlich wäre deine Lösung sicher nicht schlecht, aber dieser beherrschende Fliederduft war etwas, wovon jeder (auch und gerade) Besucher dieses Hofs / Anwesens sofort sprach, wenn er sich in der Nähe der Scheune / Stallungen aufhielt. Aus diesem Grund hab ich mich dieser Formulierung bedient, weiss aber nicht, ob es jetzt nachvollziehbar scheint.

Max und Gabriella, vermutlich wart ihr beide doppelt ob dieser Bilder erstaunt, weil meine sonstigen Texte hier so ganz anders sind. Ich bin umso mehr erfreut, dass ich euch ein wenig für diese massive Rückblende in einen Teil meiner Kindheit begeistern konnte. Danke.

Es grüßt (wie immer auf der Flucht)
Andreas

Max

Beitragvon Max » 20.08.2009, 16:04

Max und Gabriella, vermutlich wart ihr beide doppelt ob dieser Bilder erstaunt, weil meine sonstigen Texte hier so ganz anders sind.


Das stimmt, ich habe sie mir sogar noch einmal daraufhin angeschsaut ...

Gern gelesen
max

aram
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Beitragvon aram » 21.08.2009, 01:50

hallo andreas,

sentimentalität ohne triefen; dicht wie fein, flüchtig und schwer wie der fliederduft und erfahrenes, erinnertes, erneuertes, verlorenes.

für mich ein runder text, ein reigen - das kreisen auf verschiedenen ebenen - im "noch immer", im "ritze ich neu", vom ende zurück zum titel (berührt - löst auf und verbindet) - im so individuellen erfüllt sich das allgemeine, leben jenseits von bleiben, jenseits von verschwinden.

"man riecht" würde auch ich unbedingt so lassen; es drückt etwas allgemein unentziebahres aus, davon und von den kreisen, die so entstehen, handelt für mich der text.

einzig wackelig scheint mir der bezug von "von sommersprossen und zahnspangenküssen", da überzeugen weder "rinde" noch "herz" - ?

mich stört die fragwürdigkeit des bezugs hier nicht weiter, er mag geheimnis bleiben, denn

viele ebenen des textes -z.b. die phonetik- greifen ineinander und erzeugen stimme, dichte und ausdruck, wie ich es von einer mehrzahl an forumstexten eher nicht gewohnt bin.

gern und mit eindruck gelesen.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 21.08.2009, 09:57

Hallo Andreas,

ja, das mag ich auch... bis auf die letzte Zeile. Das "Andreas + ... " erscheint mir im Vergleich zum zarten, bildlichen Rest so holzhammermäßig und sie nimmt für mich auch dem Titel das Weiche, Geheimnisvolle.

von Sommersprossen und Zahnspangenküssen.

diese Zeile könntest du eventuell vorziehen, um diesen etwas schrägen Bezug, zu umgehen, (stört mich aber nicht wirklich):
in die Rinde von Sommersprossen und Zahnspangenküssen.

von Körpersaat, Tomatenranken
Sommersprossen und Zahnspangenküssen

Das "man" am Anfang ist genau richtig für mich.

liebe Grüße
Flora

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 27.08.2009, 13:42

Lieber Andreas,

das finde ich auch einen gelungenen Text von dir, manchmal schafft er für mich nicht ganz die Kurve weg vom Kitsch, manchmal aber auch besonders fein, insgesamt für mich ein männlichwehmütiger Text mit schlichtsprechenden und doch sinnlichen, aufgeladenen Bildern.

Den Schluss möchte ich verteidigen - nimmt er so doch bezug zum Titel, man kann Andreas und Julika zusammenfügen und doch am Ende sich auch denken, da im Grunde trotz aller Erwachsenheit die gleichen Wünsche noch gewünscht werden die Pünktchen auch als über Julika hinausweisend lesend (immer ein anderer Name...es hört nie auf...). Vielleicht könnte man das ganze - außerhalb des Forums - das formale äußere Gestaltungsbild noch etwas ästhetischer gestalten...

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Andreas

Beitragvon Andreas » 03.09.2009, 11:56

Ihr lieben Kommentatoren,

ich bin wie immer spät dran; ein bisschen fühle ich mich die letzten Tage wieder wie Dr.Kimble oder wie ein Hamster im Laufrad. Was gerade besser passt, kann ich gar nicht so genau sagen. Verzeiht meine verzögerte Stellungnahme.

Flora, verstehe deinen Einwand bzw. die Idee, Sommersprossen und Zahnspangenküsse höher zu verfrachten, jedoch gehören sie in meiner Retrospektive einzig unter den alten Kirschbaum. Ich habe, und viele von euch ahnen oder erkennen, dass es sich hierbei um eine wahre Begebenheit handelt, genau dieses Areal, wo es sich abspielte, vor Augen und mag es schon aus dem Grunde nicht näher an das alte Gewächshaus rücken.

Lisa, ich habe es, wie alle Sachen, die ich schreibe, auch vorher auf Papier verfasst. Dort ist es zwar in gleicher Wortwahl, jedoch im handschriftlichen Freiformat; anders gesagt, das Layout ist different von diesem hier. So wie auf dem Papier jedoch war es nicht im elektronischen Weg umsetzbar. Ich schaue mal, ob ich das in überzeugender Qualität eingescannt bekomme und es vielleicht als Datei zum originalen Text hinzufüge. Würde dich das eventuell interessieren?

aram, auch dir ein "Danke", dass du dich in meinen Text "verirrt" hast. Ich wüsste auch gerade nicht, ob ich die letzten Zeilen, die du als "wackelig" bezeichnest, so aufklären hätte wollen, dass sie eventuell überzeugender klingen könnten. Vielmehr freue ich mich, dass es für dich nicht so massiv störend ist, dass ich es gerne wirklich als Geheimnis so unverfälscht da stehen lassen mag.

So, jetzt schaue ich kurz noch zu meinen Drabblekommentatoren und ziehe wieder des Weges.

Viele Grüße
Andreas


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