Liebe Zafar, NOel und Gertraud,
lieben Dank für eure Rückmeldungen.
Die Stadt, aus der dieser Brief kommt, Tana - ist die Kurzform von Antananarivo, so wird sie von den Einwohnern meist liebevoll genannt. Bei google findet sich dieser HInweis wenn auch nicht auf der ersten, so doch zumindest auf der zweiten Seite, wenn man die Kurzform eingibt.
Es geht mir wieder mal darum, was Sprache leisten kann und was eben nicht, wo sie "Wahrheit" und Tatsachen vermitteln kann und wo sich ebendiese nur im Nicht-Sagen/Schreiben wiederfindet.
Ein explizit genanntes DU schreibt also an ein nicht explizit genanntes LI- dass es sich dabei um ein dem LI als Leser des Briefes bekanntes, vertrautes DU handelt, kann der Leser des Gedichtes nur erschließen:
ein Lachen schwebt über den Zeilen, als Schatten, als Ahnung, als Erinnerung an ein einstmals tatsächlich gehörtes Lachen;
und aus den "Brombeerworten" - eine Formel für zweierlei: einmal könnten sie HInweis auf eine dunkelhäutige Person sein, zum anderen auf die Art der Worte, als kernig, knackig, nicht zu süß, weitverzweigt, so wie sich Brombeersträucher nun mal ranken, schwer ausrottbar, widerspenstig -
LI kann diese Worte so bezeichnen, weil es wohl die schreibende Person kennt bzw. gekannt hat und seine Art zu sprechen.
Insofern sehe ich da keinen Widerspruch zum Reiskorn - da ja die Brombeerworte hier nicht Hinweis darauf sein sollen, ob es nun auf Madagaskar Brombeeren tatsächlich gibt oder nicht. Außerdem klingt in dieser rein farblichen Gegenüberstellung auch die Identität von LI und LD an.
"Zwischen den Fronten" - ist auch in doppelter Hinsicht zu verstehen; einerseits im Zusammenhang mit der Identität von LI udn LD, andrerseits werden hier ganz konkret die Zustände auf Madagaskar angesprochen, die in unseren deutschen Medien nur marginal bis überhaupt nicht existieren (in den französischen sieht das schon ganz anders aus).
"Zwischen gestrichelten Gedanken" - einerseits zwischen Gedankenstrichen andererseits nur angedeuteten, vielleicht zensierten?, unzusammenhängend ... ach, da kann man sehr viel mit verbinden.
Schließlich der Schluss: "atme ich dein Herz".
"Schwülstig" ist das Herz per se ja schon, muss es heute sein, das ist der Status quo (oder so). Und ich werde trotzdem niemals aufhören, dieses Wort zu verwenden - und wenn es wie hier in einer m M nach doch ungewöhnlichen Art geschieht erstrecht nicht.
Das Gedicht steht ja nicht in der LIebeslyrik, es geht nicht um das Verhältnis zweier Liebender oder einstmals Liebender oder dgl.
LI als Leser erspürt in dem, was der Schreiber verschweigt, dessen Herz, das für seine Stadt, seine Heimat, sein Land schlägt. Trotz allem und erstrecht in Krisenzeiten.
Jetzt habe ich mich wieder mal hinreißen lassen, eine Art Interpretation meiner Zeilen zu liefern. Seis drum.
Ich meine, der Text ist schon aufzudröseln, er ist gut verzahnt, die Bilder tragen.
Aber ich lasse mich gern noch eines Besseren belehren ...
LG,
scarlett