am kalfamer

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fenestra
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Beitragvon fenestra » 25.07.2009, 18:44

Version 2 (geänderter Umbruch)

am kalfamer

gezähmte sande, wogendes meer aus glas
geviert der winde, wo einst das wasser fraß
erregt skandieren möwen irgendwas
von verschollenen unterm gras





Version 1

am kalfamer

gezähmte sande, wogendes meer aus glas
geviert der winde, wo einst das wasser fraß
erregt skandieren möwen irgend-
was von verschollenen unterm gras
Zuletzt geändert von fenestra am 27.07.2009, 17:21, insgesamt 1-mal geändert.

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 25.07.2009, 23:55

Hallo Fenestra!

Na ob ich mich mit dieser Verreimung der alkäischen Strophe anfreunden kann?! Ich weiß nicht, ich weiß nicht :-) Aber vielleicht liegt's auch einfach daran, dass mir beachtlich wasserscheuen Westfalen der Inhalt des Textes (samt fremder Überschrift) nicht wirklich vertraut zu werden vermag!

Ferdigruß.
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

DonKju

Beitragvon DonKju » 26.07.2009, 11:04

... ein paar Variationen zum Thema :

gezähmte sande, wogend' meer aus glas
geviert der winde, wo einst wasser fraß
erregt skandieren möwen irgendwas
von tief verschollenen unter dem gras

oder

gezähmte sande, wogendes meer aus glas
geviert der winde, wo einst das wasser fraß
erregt die möwen skandieren
von unter dem gras verlieren

So weit ein paar Ideen zum Text mit lieben Grüßen an fenestra von Hannes

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fenestra
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Beitragvon fenestra » 26.07.2009, 13:25

Lieber ferdi, ich habe hier versucht, die gehobene Sprache in der alkäischen Strophe erst nachzuempfinden und dann, im zweiten Teil, zu brechen ("irgendwas"). Vielleicht ist es gerade das, was dich stört? Der Kalfamer ist das Ostende der Insel Juist. Dort wächst die Insel ständig durch anlandende Sande, die vom Westende abgetragen werden. Ich dachte erst, Kalfamer wäre insgesamt ein Wort für solche Anlandungen. Mit dem Titel bin ich mir nicht ganz sicher, auch wenn ich persönlich das seltene Wort mag.

Das ist eben die Schwierigkeit bei der alkäischen Odenstrophe. Ich schrieb neulich, man müsse die Sprache verbiegen. Das ist sicher nicht richtig, wie du ja auch sogleich entgegnet hast. Aber man kann nicht unbedingt genau das sagen, was man inhaltlich sagen möchte. Z.B. passt "anlandende Sande", so schön dies Binnengereimte auch klingt, einfach nirgends in die Metrik hinein. Auch "Strandflieder" kann in einer alkäischen Ode nicht wachsen.

Lieber Bilbo,

dir ist vermutlich die auf den ersten Blick unregelmäßig erscheinende Metrik aufgefallen. Es handelt sich um eine alkäische Odenstrophe, wie hier von ferdi erläutert:

http://www.blauersalon.net/online-liter ... php?t=9717

Daher kann ich deine Variationen, auch wenn sie über eine ebenfalls gut durchdachte Metrik verfügen, hier nicht übernehmen. Trotzdem herzlichen Dank dafür!

Viele Grüße
fenestra

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 26.07.2009, 21:18

Hallo Fenstra!

Ich glaube schon, dass sich mein Mißbehagen an diesem glas / fraß / was / gras festmacht - umso mehr, als du zu deren Gunsten ja auch Z4 gegen das Schema um eine Silbe gekürzt hast ;-) Auch das mit dem "Westfalen" war durchaus ernst gemeint: Seltene Worte sind schön, aber das, was sich ein lebenslanger Binnenländer wie ich hier vorstellen kann, ist naturgemäß deutlich weniger als es bei jemandem der Fall ist, der mit derlei vertraut ist.

Strandflieder würde immerhin in Z4 wachsen (auf X x x ), anlandende muss dagegen wohl wirklich draußen bleiben. Aber ist das schlimm?

Du schreibst: Aber man kann nicht unbedingt genau das sagen, was man inhaltlich sagen möchte. Da scheint mir wieder mal das alte Vorurteil das Haupt zu heben, Inhalt und Form seien so etwas wie Gegensätze bzw. Inhalt drücke sich nur über die Bedeutung der Worte aus. Das halte ich für... ein Vorurteil ;-)

Du kannst im gewählten Rahmen sicher genau das sagen, was du sagen willst - nur eben auf alkäisch, nicht auf freirhythmisch :-) Versuch doch mal, die Form als Teil des Inhalts zu sehen - ich glaube, das würde wirklich helfen, oder? Praktisch gesehen könntest du doch statt einer drei oder vier Strophen schreiben und dabei versuchen, im Rhythmus der Verse das Kommen und Gehen des Sandes zu gestalten - ich könnte mir vorstellen, dass die weiche, schwingende alkäische Strophe da geradezu ideal geeignet ist...

Na ja, nur so eine Idee :-)

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Max

Beitragvon Max » 26.07.2009, 21:29

Liebe Fenestra,

insgesamt gefällt mir der Text als Stimmungsbild .. mein Lese reibt sich aber an dem wiederkehrenden Reim. Ein Wechsel täte dem gedicht vielleicht noch besser, es ist ja auch keine Welle wie die andere.

liebe Grüße
Max

Mucki
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Beitragvon Mucki » 26.07.2009, 21:45

Hallo fenestra,

schade finde ich, dass du hier nicht freier schreibst, sondern es in die Metrik einer alkäischen Odenstrophe zwingst. Die Bilder, diese Bewegung darin gefallen mir ausgezeichnet.
Dieses abgewürgte "irgend-" und "was" in der nächsten Zeile stört meinen Lesefluss.
Ansonsten wirklich sehr fein.

Saludos
Gabriella

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fenestra
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Beitragvon fenestra » 27.07.2009, 17:11

Versuch doch mal, die Form als Teil des Inhalts zu sehen - ich glaube, das würde wirklich helfen, oder? Praktisch gesehen könntest du doch statt einer drei oder vier Strophen schreiben und dabei versuchen, im Rhythmus der Verse das Kommen und Gehen des Sandes zu gestalten


Klingt gut, ich versuche es gerade. Ergebnis in Kürze. ;)

es ist ja auch keine Welle wie die andere.


Der Haufenreim ist vielleicht wirklich nicht ideal für eine Odenstrophe. Obwohl jede Welle natürlich einen weißen Wellen kamm hat ... :)

schade finde ich, dass du hier nicht freier schreibst, sondern es in die Metrik einer alkäischen Odenstrophe zwingst


Liebe Gabriella, ist dir dieses Zwängen schon beim ersten Lesen aufgefallen, oder erst nachdem du die Kommentare gesehen hast? Ich würde wirklich gern wissen, ob es gezwungen wirkt.

Vielen Dank für die guten Denkanstöße
fenestra

Mucki
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Beitragvon Mucki » 27.07.2009, 17:17

Hallo fenestra,
ist dir dieses Zwängen schon beim ersten Lesen aufgefallen, oder erst nachdem du die Kommentare gesehen hast? Ich würde wirklich gern wissen, ob es gezwungen wirkt.

ja, ich habe es gleich so empfunden. Es liegt für mich wirklich an diesen Versen:
erregt skandieren möwen irgend-
was von verschollenen unterm gras


Saludos
Gabriella

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fenestra
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Beitragvon fenestra » 27.07.2009, 17:20

Ach ja, das habe ich eben bei meinem Posting ganz vergessen. Ich finde, da hast du Recht, es ist einfach zuviel der Verbeugung vor der Odenmetrik. Ich werde den Umbruch an dieser Stelle ändern. :)


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