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stillstand/du bist dann wieder mal weg.

Verfasst: 28.06.2009, 23:20
von Elsa
4. Fassung

du bist dann wieder mal. weg.
ich kaue steine zu sand.
schluckt sich rau bis nicht.

könnt ich das schwere von dir.
nehmen. dich wiegen. aber.
du bist ja wieder mal weg.

da liegt ärger. gehen ist leichter.
hilflos das bleiben. warten.
obwohl: ich kanns verstehen.





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by ELsa

Verfasst: 30.06.2009, 14:02
von Herby
Liebe Elsa,

was ich lese, kommt mir wie Gedankensplitter, wie eine Art innerer Monolog des LyrI vor - wobei es sich seiner Emotionen noch längst nicht sicher ist -, nachdem das LyrDu gegangen ist. Der Grund dafür bleibt unklar, denn auch das Weggehen (V.1 u. 8), das sich Entziehen, scheint ja selbst eine Reaktion auf eine nicht genannte tiefer liegende Ursache zu sein. Es ist lediglich vage von "ärger" die Rede.

Ich nehme an, dass die Verse 1 und 8 eine bewusste Anspielung auf den zu einer Redensart gewordenen Titel des Kerpeling Buches sind. Er enthält, vereindringlicht durch die Wiederholung, den Vorwurf des LyrI, der sich dann zu der Behauptung steigert "entziehst dich". Die am Anfang angesprochene unausgegorene Gefühlslage spiegelt sich für mich zum einen in diesen Vorwürfen wieder, zum anderen aber in der dennoch vorhandenen Bereitschaft, dem/der anderen und damit letztlich beiden zu helfen: "könnt ich das schwere von dir./nehmen. geben ein paar neue Flügel."

Das Verständnis, das im letzten Vers ausgedrückt wird, lese ich zum einen bezogen auf das Weggehen des LyrDu, was ich als eine indirekte bzw. unausgesprochenene Selbstkritik auffassen könnte. Auffällig finde ich hier die Formulierung "es ist zu verstehen." , die in ihrer entpersonalisierten Form (?) eine Art Allgemeingültigkeit ausdrückt, hinter der sich das LyrIch allerdings auch verstecken kann.

Die ungewöhnliche Art der Zeichensetzung/der Verwendung des Punktes bringe ich mit dem Titel "Stillstand" in Verbindung. Sie setzt gerade bei dem ersten und achten Vers durch ihre unterschiedliche Anwendung entsprechend unterschiedliche Akzente im Hinblick auf die Satzaussage, was mir gut gefällt. Allerdings bin ich noch unschlüssig, ob der Titel zutreffend ist. Lass es mich so sagen: es scheint zumindest kein endgültiger Stillstand aus Sicht des LyrI zu sein. Dazu müsste nach meinem Empfinden der Text anders lauten. Im Text heißt es: "aber du bist ja wieder mal. weg." Das impliziert ja, dass der/die andere zuvor zurückkam, um dann erneut wieder zu gehen. Und ich lese nichts, was eine erneute Rückkehr ausschließen könnte, die Tür ist nicht ganz zugeschlagen, LyrI hat die Fußspitze noch dazwischen.

Soweit meine Gedanken zu deinem Text, in dem übrigens die Bildebene (bes. Vers 2/3 > Steine>Sand>schlucken) die Textaussage sehr gut unterstützt.

Lieben Gruß
Herby

Verfasst: 30.06.2009, 15:14
von Mucki
Liebe Elsie,

das "du bist dann wieder mal weg.", welches einem logischerweise sofort ins Auge springt durch das "Ich bin dann mal weg" von HAPE, verleiht deinem Gedicht auf den ersten Blick eine "Lockerheit", die du aber sicher nicht gewollt hast. Der Titel von HAPE ist ja locker/salopp gemeint, während du es hier sehr ernst meinst. Deshalb halte ich diesen Satz (sogar zweimal im Text) nicht für so gut geeignet, würde eher umformulieren oder anders beginnen, vielleicht mit:

und wieder entziehst du dich (oder etwas in der Art)

Der Titel "stillstand" passt m.E. nicht ganz, da du hier keinen Stillstand beschreibst, sondern eine bewegliche Situation, die sich ständig wiederholt, es ist wie ein Kreislauf. Interessant finde ich die Punkte, bei denen man automatisch eine Pause macht beim Lesen. So wird die Situation zäh und in sich selbst immer wieder unterbrochen, was gut dem Inhalt entspricht. Ich fände es ausgesprochen spannend, diesen Text von dir gelesen zu hören.

Saludos
Mucki

Schwierig

Verfasst: 30.06.2009, 22:13
von DonKju
Hallo Elsa,

also ich kaue an dem Gedicht ein bißchen, vielleicht am im Ganzen vage bleibenden, oder ... Im Gegensatz zu Gabriella könnte ich die Anspielung auf das "Ich bin dann mal weg" von Hape akzeptieren, wenn es denn auf ein gewisses "laissez faire" des LyrDu hinweisen soll, aber wie passt dann das Schwere aus Strophe 2 wieder dazu ? Insgesamt scheint das doch eher zum LyrIch zu passen ... Du siehst, Fragen über Fragen tun sich auf, was den Text aber auch spannend für den Leser werden lässt.

Zum Schluss noch ein paar Text-Vorschläge :

du bist dann wieder mal. weg.
entziehst dich. ich kaue steine
zu sand. schluckt sich rau bis nicht.

könnt ich das schwere von dir.
nehmen. ein paar neue flügel geben.
aber du bist ja wieder mal. weg.

da liegt ärger. gehen ist leichter.
bleiben das demütigende.
obwohl. es ist zu verstehen.

Mit lieben Grüßen von Hannes

Verfasst: 30.06.2009, 22:42
von scarlett
Liebe Elsa,

ein atemloses und dadurch eindringliches Gedicht!
Der Stillstand bezeichnet mir hier die Beziehung zwischen LI und LD: immer wenn es "brenzlig" wird, muss LD flüchten. Zurücklassen, Fragen und ungelöste Rätsel. Wiederholt. Stillstand eben.
Ich lese das als typische Verhaltensweise, eines Menschen, der nicht anders kann, der sich selbst im Suchen immer wieder selbst verliert.

Die Interpuktion unterstützt diese Atemlosigkeit, ich finde sie daher sehr gut.

Schwierigkeiten bereitet mir der letzte Vers; er deutet daruaf hin, dass LI irgendwo Verständnis aufbringt, aber der Leser tappt im Dunkeln - LI hat einen Informatinsvorsprung, der dem Leser vorenthalten bleibt. Dieser ist auf Vermutungen angewiesen.

Sehr schön finde ich das "kaue steine zu sand" - unglaublich intensiv, unglaubliche Mühe klingt da durch.

Und was das "du bist dann mal wieder weg" anbelangt ... ich finde das ein gelungenes Spiel mit dem mittlerweile zum Zitat gewordenen Ausdruck von Kerkeling.
Außerdem glaube ich , dass es genügend Menschen gibt, die das nicht als Zitat erkennen ...

Gern gelesen und darüber nachgedacht ... hat wohl etwas mit Depression zu tun, oder?

LG,

Monika

Verfasst: 30.06.2009, 23:04
von Mucki
Hi Monika,

du bringst das Stichwort "Depression". Könnte passen, ja. Dann fände ich aber hier:
da liegt ärger. gehen ist leichter
und bleiben das demütigende.
obwohl. es ist zu verstehen.

das Wort "hilflose" (oder: die hilflosigkeit) stimmiger anstelle des "demütigende".

Saludos
Mucki

Verfasst: 30.06.2009, 23:39
von Elsa
Oh, so viele Gedanken und Kommentare, vielen Dank euch!

Wo fang ich an ... heute mal von unten nach oben :-)

Liebe Mucki, hat den Kerkeling habe ich überhaupt nicht gedacht, das Buch nicht gelesen und bin erst durch deinen Hinweis auf die Parallele gekommen. Hm, ich meine damit aber das Wiederholende und frage mich, ob Kerkeling jetzt eine Option drauf hat, denn "Ich bin dann wieder mal weg", haben schon vor ihm viele gesagt, und genauso simpel und geringfügig soll dieses Abhauen hier formuliert sein vom LDu, weil es das oft macht. Aber die Sache mit der Demütigung möchte ich sowieso überdenken, das passt mir auch nicht recht. Es ist eher eine Mischung von der von dir genannten Hilflosigkeit, aber auch ein Sichzurückgesetztfühlen des LIch. Und ja ...

Liebe Monika, richtig, das LDu ist depressiv, geht auf Rückzug. Und du gibst auch die Antwort auf den Titel. Stillstand zwischen Ich und Du, bedingt durch die Erkrankung. Da kommen auch die vielen Punkte her, die verzögern sollen und zugleich Atemlosigkeit vermitteln.
Schwierigkeiten bereitet mir der letzte Vers; er deutet daruaf hin, dass LI irgendwo Verständnis aufbringt, aber der Leser tappt im Dunkeln - LI hat einen Informatinsvorsprung, der dem Leser vorenthalten bleibt. Dieser ist auf Vermutungen angewiesen.
An dem muss ich noch was machen, wie ich durch euch erkenne und schon fühlte.

Lieber Hannes, du schlägst einen weiteren Punkt in Str. 3 vor, ich muss da eh nochmals ran, mal sehen. Oder vielleicht sogar eine weitere Strophe, damit der Leser, wie Monika sagt, nicht im Dunkel tappen muss. Das überlege ich gerade.
könnte ich die Anspielung auf das "Ich bin dann mal weg" von Hape akzeptieren, wenn es denn auf ein gewisses "laissez faire" des LyrDu hinweisen soll, aber wie passt dann das Schwere aus Strophe 2 wieder dazu
Es wirkt so leicht gesagt, warum, habe ich weiter oben geschrieben, das ist Absicht.

Lieber Herby, hui, was für eine große Replik!

was ich lese, kommt mir wie Gedankensplitter, wie eine Art innerer Monolog des LyrI vor - wobei es sich seiner Emotionen noch längst nicht sicher ist -, nachdem das LyrDu gegangen ist.
Ja, das LI schwankt zwischen Hoffnung und Aufgabe.

Ich nehme an, dass die Verse 1 und 8 eine bewusste Anspielung auf den zu einer Redensart gewordenen Titel des Kerpeling Buches sind.
Nein, das ist reiner Zufall, weil ich lebe in Wien und da ging das an mir vorbei. Aber ich weiß natürlich von dem Buch.

Auffällig finde ich hier die Formulierung "es ist zu verstehen." , die in ihrer entpersonalisierten Form (?) eine Art Allgemeingültigkeit ausdrückt, hinter der sich das LyrIch allerdings auch verstecken kann.
Das Entpersonalisierte sollte Hinweis sein, dass das LDu eben nichts dafür kann, wenn es sich so verhält, wie es muss.

Die ungewöhnliche Art der Zeichensetzung/der Verwendung des Punktes bringe ich mit dem Titel "Stillstand" in Verbindung. Sie setzt gerade bei dem ersten und achten Vers durch ihre unterschiedliche Anwendung entsprechend unterschiedliche Akzente im Hinblick auf die Satzaussage, was mir gut gefällt.
Freut mich sehr, dass du das gesehen hast! :-)

Allerdings bin ich noch unschlüssig, ob der Titel zutreffend ist.
Zum Titel hab ich oben schon ...

Soweit meine Gedanken zu deinem Text, in dem übrigens die Bildebene (bes. Vers 2/3 > Steine>Sand>schlucken) die Textaussage sehr gut unterstützt.
*strahl*

Nochmals innigen Dank euch, ich werde in Str. 3 was ausprobieren und vielleicht noch ergänzen.

Herzliche Grüße
ELsa

Verfasst: 01.07.2009, 15:39
von Lisa
Liebe Elsa,

ich habe die anderen Kommentare jetzt nicht gelesen - aber mir gefällt dieser Text sehr gut!


Ich finde nur zwei Dinge könnten vielleicht noch etwas verbessert werden - das ist zum einen der Titel: Natürlich passt er generell schon, die Beziehung steht still, weil, sobald der eine sich nähern möchte, sich der andere entzieht und dieser wiederum dadurch sich auch entfernt, auch weil diese immer gleiche Bewegung eine Hierarchie erzeugt. Wenn ich aber den Text lese, dann sehe ich keinen "stehenden" Schmerz, sondern eine ständige Bemühung ins Leere (vielleicht, das spricht der Text ja an, ist die Bewegung auch nur eine leere, weil das lyr. Ich sich eben bemüht, so ist es ja oft im Liebesspiel, auch wenn hier das lyr. Du in einer besonderen Verfassung ist, das Entziehen also nicht in einen Außenwelt, sondern in eine (depressive?) Innenstimmung ist). Diese Bemühung ist für mich im Stillstand aber noch nicht genau erfasst, ich sehe etwas bewegtes, aufzehrendes, mürbemachendes - vielleicht könnte auch einfach die erste Zeile (kursiv gesetzt?) der Titel sein? Na ja..das sind ja nur Überlegungen ..

Das zweite ist der Kontrast zwischen Schwere und den Flügeln, das Gedicht bleibt so schlicht, wenn du dieses "profane" Flügelbild als Gegensatz zur Schwere nimmst, wirkt das etwas zu phantasiebunt, wie ich finde. Ich würde mir etwas anderes als Kontrast wünschen, du könntest den Kontrast sogar streichen (dann wäre das Gedicht aber nicht mehr Zeilenanalog je Strophe) - Zudem finde ich, sind die Flügel nicht so passend, weil das Schwere nehmen ja zugleich eine Hinwendung zum lyr. Ich bedeuten würde (nicht deshalb macht es das lyr. Ich, aber die Konsequenz ist so aufgebaut, empfinde ich) und da finde ich flügel etwas unpassend (davonfliegen). Ich könnte mir irgendetwas ganz einfaches, anderes vorstellen, kein so großes, bekanntes Bild.

Das ist es aber auch schon mit der Kritik, den Rest finde ich sowohl elsatonmäßig gelungen, als auch ganz schlicht und klug geschrieben - es klingt nicht selbstmitleidig, obwohl es das auch ist, und die letzte Zeile macht für mich das ganze noch sehr viel klüger und feiner in der Beobachtung - es ist ja eine Wende - und doch keine.

liebe Grüße,
Lisa

Verfasst: 01.07.2009, 18:20
von noel
unbelesen aller kommentare
das erste was mir ins auge fiel, die satzzeichen...
wie setzt du die punkte ein? als satzzeichen hätten sie nach deiner verWendung keinen sinn(?)

stillstand

du bist dann wieder mal weg.
[strike]entziehst dich.[/strike] ich kaue steine
zu sand. schluckt sich rau bis nicht.


das rote ergibt sich mir
demnach STRIKE

könnt ich das schwere von dir.
nehmen. geben ein paar neue flügel.
aber du bist ja wieder mal. weg.

hier finde ich die satzzeixhen besonders verwirrend & fehl
bei geben ein paar neue flügel fehlt mir das nomintaiv-subjekt

da liegt ärger. gehen ist leichter
und bleiben das demütigende.
obwohl. es ist zu verstehen.

hier gefällt mir zeilenbruch. aber auch hier wird klar, dass du dich, dein für dich besondere an dem text nicht zum allgemeinen wirken konntest, weil eben die affektion zu stark war & ist.

Verfasst: 01.07.2009, 22:28
von Elsa
Liebe Lisa,

vielen Dank @elsaton. Ja, die Flügel, das Demütigende, auch der Titel, da bin ich ins Schwanken geraten, jetzt durch deine Replik noch viel mehr.

Liebe Noel,

danke schön. Ob ich das Entziehen streichen kann, weiß ich nicht. Die Punkte sind schon Absicht.
Sie drücken das Stockende der Gedanken aus.

Zitat:könnt ich das schwere von dir.
nehmen. geben ein paar neue flügel.
aber du bist ja wieder mal. weg.

hier finde ich die satzzeixhen besonders verwirrend & fehl
bei geben ein paar neue flügel fehlt mir das nomintaiv-subjekt
Wie gesagt, sie dienen nicht als Satzzeichen sondern als Unterbrechung, man könnte auch 3 Pünktchen machen, aber das gefällt mir nicht so.

Ich habe jetzt eine neue Fassung ausprobiert, sie steht oben.

Lieben Gruß
ELsa

Verfasst: 01.07.2009, 23:40
von Mucki
Liebe Elsie,

den ersten Satz als Titel zu nehmen, finde ich gut, würde aber dort auch einen Punkt nach "mal" setzen. Das ist für mich zum einen ausdrucksschwerer und es lenkt ab vom Hape Buchtitel.
Den Kran in Strophe 2 halte ich für zu schweres Geschütz. Wie wäre etwas mit "leichte geben" oder s.ä. Auch die neue Schlussstrophe finde ich gelungen, bis auf zwei Kleinigkeiten.
Das "wird zäher", klar, man versteht, was du meinst, aber irgendwie fehlt mir hier etwas. Z.B. ein "es". Und in der letzten Zeile würde ich das "immer" streichen, da es mir zu absolut klingt. Es ist ja ein Hin- und Her. LI hat noch Hoffnung, ist aber ziemlich am Ende mit seinen Kräften, aber eben nicht ganz am Ende. Deshalb würde es m.E. genügen, wenn du es ohne das "immer" schreibst. Das sagt ja bereits aus, dass LI irgendwann nicht mehr kann.

Saludos
Mucki

Verfasst: 02.07.2009, 00:10
von Herby
Liebe Elsa,

nur ganz kurz (bin mal wieder beim Kofferpacken :neutral: ): die zweite Version ist für mich deutlich schwächer als die erste. Ich würde das Original behutsamer ändern, als du es jetzt getan hast. Wenn ich es schaffe, in den nächsten Tagen mehr.

Lieben Gruß
Herby

Verfasst: 02.07.2009, 11:36
von Elsa
Liebe Mucki, lieber Herby,

vielen Dank fürs Melden, ich bin da auch sehr unsicher mit dem 2. Versuch.

Werde wohl zur 1. Version zurückkehren....

Lieben Gruß
ELsa

Verfasst: 02.07.2009, 12:19
von Mucki
Liebe Elsie,

das hier aus der 3. Strophe würde ich aber auf jeden Fall nehmen.
hilflos das bleiben. warten.

Das finde ich viel besser als
und bleiben das demütigende.

aus der 1. Fassung.

Saludos
Mucki