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An die Heckenrose
Verfasst: 22.06.2009, 19:49
von fenestra
Hagerose, Hundsrose, Heckenrose,
von den Wegelagerern bist du mir die Liebste;
du bestichst durch die Schlichtheit einer
Königin Mutter!
Während Flieder, Rotdorn und Heckenkirsche
früh schon ihre Blüten verschenken,
hangelst du noch heimlich höher in alte Eichen,
häkelst in Zäunen.
Hab dich selbst auf staubigem Bahndamm angetroffen,
über karge Viehweiden wachst du,
wenn die Junisonne sich wendet,
Ländlichschönste der Blumen.
Manchen Feldweg hältst du versperrt,
doch jeden Tropfen Blut, den du mir genommen,
gibst du zurück nach klirrendem Frost,
wenn weich dein Buttenmark zergeht.
Einmal fand ich in deinen Zweigen
wirre Knollen, herbe struppige Äpfel,
die ich unters Kissen legte -
da wuchs die Hecke riesengroß.
(Zeichensetzung nachträglich ergänzt)
Verfasst: 22.06.2009, 20:10
von Hakuin
moinmoin,
...bleib doch einfach nur bei der heckenrose und widme ihr die hymne.
vergleiche,...hmmm. müssen die sein?
hier und da nen wort weniger und es klänge .....sagen wir runder...
Hagerose HundsroseHeckenrose
von den Wegelagerern bist
du mir die Liebste;
dubestichst durch
die Schlichtheit
einerKönigin Mutter!
...irgendwie so....
mach die besonderheiten GRÖßER und auch den schmerz beim stechen
.gif)
auch die sache mit dem buttenmark als ausgleich ist nen schöner part.
salve
hakuin
Verfasst: 22.06.2009, 22:34
von Mucki
Hallo und willkommen im Blauen Salon, fenestra!
ich wünsche dir eine gute Zeit hier bei uns.
.gif)
Nun zu deinem Gedicht:
für mich enthält es zu viele Worte, zu viele Beschreibungen und ist für ein Gedicht auch zu ausgeschrieben. Ich würde hier deutlich mehr verdichten. Es beginnt beim Titel. Den würde ich reduzieren auf "Heckenrose" und dann im Gedicht selbst die Heckenrose gar nicht mehr benennen, sondern lediglich ihre Attribute hervorheben, jedoch reduzierter und in diesem Fall mit "Wegelagerer" beginnen, der mir so gut gefällt. Ich glaube einfach, dass hier weniger mehr wäre. Ich wusele jetzt aber nicht in deinen Zeilen herum, sondern möchte dir nur meinen ersten Eindruck vermitteln. Doch warte mal ab, was andere Mitglieder meinen.
Saludos
Gabriella
Verfasst: 23.06.2009, 09:29
von ferdi
Hallo Fenestra!
Ein Gedicht, das recht prosanah daherkommt und bei der Gestaltung nicht auf Bilder setzt, sondern auf das Ausbreiten vor dem Leser... Auch schön

In diesem Rahmen gefällt mir der Einsatz mit dem dreifachen Bennennen gut; auch die Art, wie du nach den breiten Beschreibungen einen festen Abschluss setzt, gefällt. Ich würde also sagen: Der Text ist gut, wie er ist

Vielleicht könntest du aber die Zeichensetzung noch konsequenter halten?! Durch die Prosanähe stören (zumindest mich) die fehlenden Kommata dann doch...
Ferdigruß

Verfasst: 23.06.2009, 11:19
von Max
Liebe fenestra,
ja, die Prosanähe haben Dir ja auch schon meine Vorgänger bescheinigt. Du erzählst (vielleicht ist es deshalb ein Erzählgedicht?) und was dabei auffällt, dass es keine natürliche Reihenfolge der Strophen gibt. Dadurch, dass Du Dich nicht scheust auch mal ein Wort mehr zu benutzen, fehlt mir manchmal etwas der Fokus.
Da ich die Thematik aber schön finde und manchen Vergleich gelungen, würde ich entweder vorschlagen, es zu einem echten Prosatext zu verarbeiten oder aber vielleicht noch radikaler zu kürzen als Hakuin vorschlägt (hätte nie gedacht, dass ich mal kürzer bin als er
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).
Etwa so vielleicht:
Von all den Wegelagerern bist du mir die Liebste
schlicht wie eine
Königin Mutter
Hangelst dich heimlich höher in alte Eichen
häkelst in Zäunen
Wachst über den verlassenen Bahndamm
über karge Weiden
versperrst die Wege
verlangst als Zoll
nur einen Tropfen Blut
Leg ich deine herbstruppigen Äpfel
unters Kissen
wächst mir die Hecke riesengroß
Liebe Grüße
Max
Verfasst: 23.06.2009, 22:08
von fenestra
Hallo, zusammen,
vielen Dank für eure ausführlichen Anmerkungen!
Eigentlich neige ich in der Lyrik auch eher zur Verdichtung, aber hier haben die vielen Füllworte MethODE, man kann keines davon einfach so weglassen ... ich habe nämlich versucht, die Metrik einer Ode anzuwenden, genauer gesagt der sapphischen Odenstrophe. Dabei bin ich jedoch relativ souverän mit den Zeilenumbrüchen umgegangen. Ich wollte mal ausprobieren, ob man die altehrwürdige Form der Ode auf eine einigermaßen zeitgemäße Sprache anwenden kann. Es sieht also wie Prosa aus, ist aber keine. ;)
Sprecht euch doch den Text mal laut vor - vielleicht kommt dann doch ein wenig von dem ruhig-feierlich schreitenden Odenrhythmus bei euch an. Falls nicht, wäre das Experiment wohl misslungen und eine gestraffte Version in freien Versen vielleicht doch zu bevorzugen.
@ferdi: Mit den Kommata hast du recht, es ist stimmiger, wenn ich sie vervollständige.
Grüße aus der Rosenhecke
fenestra
Verfasst: 23.06.2009, 22:16
von Thomas Milser
fenestra hat geschrieben:Sprecht euch doch den Text mal laut vor -
Hallo fenestra, und herzlich willkommen im Salon. Was wäre denn, wenn DU das mal sprächest? Kennst du unsere Hörbar schon?
Ich mag diesen Text eigentlich ganz gern und hab entschieden weniger zu mosern als die anderen. Du hast sehr originelle Bilder/Wortschöpfungen, da kann man sich dran erfreuen, ich finde das teilweise ausgesprochen reizend (im Sinne von 'nett', nicht 'säurehaltig').
Ich versuche mir immer noch vorzustellen, wie 'struppige Äpfel' wohl beschaffen sein mögen ... irgendwie ... kiwihaft? ... kastanig? ... anananös gar?
Liebe Grüße,
Tom
Verfasst: 23.06.2009, 22:28
von fenestra
wie 'struppige Äpfel' wohl beschaffen sein mögen
Es sind Rosengallen, im Volksmund auch Schlafäpfel genannt. Man soll sie früher wirklich unters Kissen gelegt haben. :)
Freut mich, dass dichs erfreut hat!
lg
fenestra
Verfasst: 23.06.2009, 22:41
von Thomas Milser
Waddet nich allet jibbt ....
Bin fast enttäuscht, dass es sowas wirklich gibt, aber du hast sie ja schön umschrieben ...
Verfasst: 23.06.2009, 22:58
von ferdi
Hallo Fenestra,
hm... Füllwörter sind eigentlich immer schlecht, oder? Egal, ob gebundene Form oder freie... Von daher erlaube ich mir, das ganze lieber für ein brauchbares Prosagedicht zu halten als für eine, äh, etwas arg wunderlich sapphische Ode
.gif)
Jedenfalls glaube ich nicht, dass der sapphische Rhythmus hier ohne weiteres auffindbar ist. Dafür hast du das ganze einfach zu sehr verfremdet und zu viele Betonungen auf einsilbigen Wörtern liegen, die man eigentlich lieber unbetont lesen würde (Pronomen etc). Wenn ich das sapphische Schema einfach mal 1:1 auf deinen Text anwende, kommt die Struktur unten dabei raus: War's so gedacht? Beim Ende der vierten Strophe scheitere ich, in der fünften weiß ich nicht, ob die beiden Abweichungen Absicht sind?! Hilf mir mal

Ferdigruß!
Hage
rose
Hundsrose
Hecken
rose
von den
Wege
lagerern
bist du
mir die
Liebste;
du be
stichst durch die
Schlichtheit
einer
Königin
Mutter!
Während
Flieder,
Rotdorn und
Hecken
kirsche
früh schon
ihre
Blüten ver
schenken,
hangelst
du noch
heimlich
höher in
alte
Eichen
häkelst in
Zäunen.
Hab dich
selbst auf
staubigem
Bahndamm
ange-
troffen,
über
karge
Viehweiden
wachst du,
wenn die
Juni
sonne sich
wendet,
Ländlich-
schönste der
Blumen.
Manchen
Feldweg
hältst du ver
sperrt, doch
jeden
Tropfen
Blut, den
du mir ge
nommen,
gibst du
zurück nach klirrendem Frost wenn weich dein
Buttenmark zergeht.Einmal
fand ich in
deinen
Zweigen
wirre (X x x im zweiten Fuß?!)
Knollen,
herbe
struppige
Äpfel,
die ich
unters
Kissen
legte - da
wuchs die
Hecke
riesen
groß. (X x X?!)
Verfasst: 23.06.2009, 23:16
von fenestra
Hallo, ferdi,
okay, jetzt gehts ans Eingemachte! Es ist echt schwer, der deutschen Sprache diesen Rhythmus aufzuzwingen, fand ich. In Z2 würde ich sinngemäß natürlich lieber das 'du' anstelle von 'bist' und 'mir' betonen. Ich erlaube mir da beim Sprechen ein paar Freiheiten. In Strophe 4 fand ich es gerechtfertigt, dem Wörtchen 'zurück' eine umgedrehte Metrik aufzuerlegen, eben ein zurückspiegeln, auch formal. Danach fehlt dann eine Silbe (Zäsur) und es schwingt sich wieder ein in die übliche Metrik.
In Z1 der fünften Strophe bin ich abgewichen, weil es mir anders einfach nicht gelang, zu sagen, was ich sagen wollte. Die letzte Zeile gehört zu einem Zitat aus dem Kinderlied "Dornröschen war ein schönes Kind": "Da wuchs die Hecke riesengroß". Als Schlusszeile habe ich mir auch hier dann die Abweichung genehmigt.
Findest du es wirklich so stark verfremdet? In manchen alten Oden muss man auch arg schauen, um die angeblich verwendete Metrik wieder zu finden. Es war allerdings mein erster Versuch mit dieser Form.
Danke für dein "auf den Zahn fühlen"!
Verfasst: 23.06.2009, 23:38
von ferdi
Hallo nochmal

Nicht das wir uns falsch verstehen - das Gedicht gefällt mir, ich sagte es schon! Nur: Wenn du von deinen Lesern das Erspüren eines sapphischen Rhythmus erwartest, fürchte ich, dass du zuviel von ihnen verlangst. Und wenn dieses Erkennen gar einen inhaltlichen Bezug haben soll, dann wird das ein Problem! Aber das sehe ich eigentlich nicht

Als letztes hat sich, glaube ich, Catrin an einer sapphischen versucht, mit im wesentlichen denselben Problemen... Schau doch mal in diesen Thread:
http://www.blauersalon.net/online-liter ... sc&start=0Ich persönlich habe auch schon einige Oden geschrieben (sappische, alkäische, asklepiadeische ...) und habe eigentlich dieselbe Erfahrung gemacht: Man muss den Rhythmus entweder so fest auf den eindeutig betonten Silben verankern, dass er auf jeden Fall gefunden wird - oder man schreibt das metrische Schema einfach drüber. Warum nicht? Haben Klopstock und Platen und die ganzen Spezialisten ja auch gemacht
.gif)
Ferdigruß!
Verfasst: 24.06.2009, 01:17
von Lyrillies
Hallo und herzlich willkommen liebe fenestra!
Ich kann mich nicht recht mit deinem Gedicht anfreunden. Mir scheint, entweder müsste es wie bereits vorgeschlagen verdichtet werden, was meiner Meinung nach zur Folge hätte das das ganze zwar nett und schön aber auch sehr unauffällig wird, die Verdichtung würde dem Text in meinen Augen also das Besondere nehmen. Oder aber es müsste erweitert werden. Damit meine ich, dass die Vergleiche ausgereizt, immer höher getrieben werden - Vielleicht sollte ich eher schreiben, dass es auf mich irgendwie besser wirken würde, wenn du die Beschreibung der Heckenrose hier fast schon
übertreibst. Das mag nicht nach jedermanns Geschmack sein, aber es klänge für mich irgendwie richtiger. Es würde die fast prosaartigen Sätze
rechtfertigen, wenn ich es mal so ausdrücken darf. Die Ansätze gefallen mir aber, besonders das in Zäunen häkeln und das Buttenmark.
Hm nunja ich hoffe mein Geschreibsel ist einigermaßen verständlich, es ist schwer dieses ungenaue lauwarm-Gefühl in Worte zu fassen ohne lauwarme Formulierungen zu verwenden
Liebe Grüße,
Ellie
P.S.: ich mag den Titel wie er ist! Ich glaube irgendwer hatte vorgeschlagen ihn zu kürzen, aber ich finder ihn so besser.
Verfasst: 24.06.2009, 16:04
von wüstenfuchs
Hallo fenestra,
mich spricht den Text bis auf die Anrufungen, die ich rausstreichen würde, sehr an.
Die Vergleiche, die unterschiedlichen Namen gefallen mir ausnehmend, auch die stellenweise Märchennähe.
Ich denke daran, dass Herman de Vries seine Gedichte nur aus gesammelten Pflanzennamen aus Jahrhunderten gestaltete und das fand ich da auch faszinierend und wollte schon selbst sammeln.
Man spürt im Text, dass die Häufung Funktion hat.
Es gibt auch ein nettes Gedicht von Seamus Heaney über die Hagebuttenlaterne.
Viele Grüße
Fux