Zwei Hände

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 04.05.2009, 19:01

ZWEI HÄNDE

Zwei Händen gab ich mich hin
Hier vom Sturm umkreist
Dort vom Wipfelrauschen

Keiner kennt meinen Zorn so gut wie du
Keiner weiß ihn herauszufordern
Zu zähmen,
Einen samtenen Teppich auszubreiten

Ist es dein Hauch, der mich reizt?
Ist es mein Gesang
Zurückgekehrt aus den Trümmern,
Zwischen Leid und Röte berstend,
Deiner Gunst drängend?

Vielleicht erscheint mir jedes Obdach ortlos
Auf den Fahnen steht Exil
Doch Zuflucht gibt es kaum –
Nicht für die Träume, die ich liebte
Nicht für die Chance
Den Verstand zu verlieren,
Sicher zu sein
Trotz der Haltlosigkeit –
Außer in deinem Hirtenblick

-

A PAIR OF HANDS

I devoted myself to a pair of hands
Here surrounded by storm
There by treetops’ susurration

Nobody knows my rage as good as you
Nobody knows how to challenge it
Tame it
Spread it a silky rug

Is it your wind that allures me?
Is it my song
Returned from ruins
Bursting between misery and blush
Rushing towards your favour?

Maybe every shelter seems to be without location
Exile is written unto the banner
But hardly is there refuge –
Not for the dreams that I loved
Not for the chance
To lose my mind
To be safe
Despite of instability –
Except shepherded by your eyes

-

Copyright by VFM
Zuletzt geändert von FawzZalum am 05.05.2009, 06:41, insgesamt 1-mal geändert.

ecb

Beitragvon ecb » 04.05.2009, 20:40

liebe zafar,
ein schönes liebesgedicht von dir zum einstand!

nicht so gut verstehe ich die beiden zeilen:

Auf den Fahnen steht Exil
Doch Zuflucht gibt es kaum –


Exile is written unto the banner
But hardly is there refuge –


denn für mich würde aus der aussage der ersten zeile folgen, daß es kaum zuflucht gibt,
aber das wäre erst einmal mein einziger einwand.

willkommen also hier.
und laß mich dir tee einschenken!

lieben gruß von
eva

ecb

Beitragvon ecb » 04.05.2009, 21:01

ach, noch etwas fällt mir gerade auf - ich kenne im englischen nur "susurration", meinst du das?

lg eva

Lydie

Beitragvon Lydie » 04.05.2009, 21:11

Ja, hallo!

Sehr, sehr schön. Ganz besonders die erste und die letzte Zeile. Was war zuerst? Die englische Version?
Es ist gut, beide hineinzustellen. Ich glaube, die englische Version ist für mich flüssiger.

Ich freu mich darauf, mehr von Dir zu lesen.

A warm welcome!

Lydie

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 05.05.2009, 07:26

ecb hat geschrieben:liebe zafar,
ein schönes liebesgedicht von dir zum einstand!


Vielen lieben Dank...das freut mich sehr, dass es gefällt, ist es doch ein für mich eher untypisches Gedicht.

nicht so gut verstehe ich die beiden zeilen:

Auf den Fahnen steht Exil
Doch Zuflucht gibt es kaum –


Exile is written unto the banner
But hardly is there refuge –


denn für mich würde aus der aussage der ersten zeile folgen, daß es kaum zuflucht gibt,
aber das wäre erst einmal mein einziger einwand.


Ich verstehe deinen Einwand nicht :blink2: Meinst du "Vielleicht erscheint mir jedes Obdach ortlos" als erste Zeile?

"Auf den Fahnen steht Exil" ist durchaus wörtlich zu verstehen. Aber trotzdem gibt es keine Zuflucht. Nur die Betitelung "Exil" sichert noch lange nicht, dass es auch für jeden Exil bedeutet :rolleyes: .

"Vielleicht erscheint mir jedes Obdach ortlos" ist eine nicht unbedingt negativ zu verstehende Aussage. Vielleicht erscheint dem LI jeder Zufluchtsort ortlos, vielleicht lebensunwürdig, dem LI vielleicht feindlich...außer unter des LDs Hirtenblick.

Hoffe, ich konnte das ein Bisschen erklären.

Vielen Dank für den lieben Willkommensgruß.

Ich nehme gern eine Tasse Tee...bitte Minze oder Malve :mrgreen:

Herzlichst

Zafar

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 05.05.2009, 07:32

Lydie hat geschrieben:Ja, hallo!

Sehr, sehr schön. Ganz besonders die erste und die letzte Zeile. Was war zuerst? Die englische Version?
Es ist gut, beide hineinzustellen. Ich glaube, die englische Version ist für mich flüssiger.

Ich freu mich darauf, mehr von Dir zu lesen.

A warm welcome!

Lydie


Hallo Lydie,

also hier war das Deutsche zuerst da...es gibt in beiden Versionen die ein oder andere Zeile, die ich nicht adäquat übertragen konnte. zB "Wipfelrauschen"...es hört sich im Deutschen so toll an, aber im Englischen ging es mir etwas verloren (obwohl susurration ein wunderbar poetischer Ausdruck ist, den ich oft und gern verwende). Hingegen gefällt mir die letzte Zeile im Englischen weitaus besser. Leider gibt es im Deutschen kein angemessenes Äquivalent zu "to shepherd".

Persönlich muss ich sagen, favorisiere ich meist sowieso das Englische, obwohl das Deutsche, meine Muttersprache, durchaus seine Reize hat (Haltlosigkeit hört sich nunmal sehr viel schöner an als instability :neutral: )

Herzlichst

Zafar

ecb

Beitragvon ecb » 05.05.2009, 14:16

liebe zafar,
ich meinte meinen einwand so, daß ich mir in diesen beiden zeilen

Auf den Fahnen steht Exil
Doch Zuflucht gibt es kaum –


statt des "doch" ein "und" denke, weil exil für mich der unbehauste zustand an sich ist, das "ortlose obdach", wie du es nennst - aber vielleicht habe ich auch nur deine intention nicht richtig verstanden.

macht nix, lieben gruß von
eva

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 05.05.2009, 15:54

Warum ein "doch"...ich habe "doch" anstatt "jedoch" geschrieben, denn es ist ja ein Paradoxon. Überall steht Exil drauf, aber es ist nicht Exil drin, um es lapidar zu sagen. Exil ist hier eigentlich nicht als etwas negatives zu verstehen, aber das liegt wohl im Auge des Bertrachters bzw es kommt auf die Herkunft des LI an. Hier ist es doch mehr die Suche nach Schutz vor der Trauer, vor Einsamkeit, Enttäuschung...das Heim das LI ist alles andere als Glück und Zufriedenheit. Deswegen das Exil, die Zuflucht unter dem Hirtenblick.

Herzlichst

Zafar

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 05.05.2009, 15:57

Ich denke wir haben einfach unterschiedliche Vorstellungen von "Exil"...zumindest, was dieses Gedicht angeht. Es ist hier, zumindest unter dem Hirtenblick, eben nicht ortlos

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 05.05.2009, 21:05

Hallo!

Mir persönlich gefällt das Wort 'Doch' an dieser stelle ausgesprochen gut.

Warum?

Exil ist ein erstes Stadium. In der Diaspora zu leben ein zweites Stadium.

Eine Zuflucht bleibt eine Zuflucht, und ist nie eine wirkliche Heimat, sondern nur eine temporäre Sache, in die man eigentlich immer nicht richtig aufgenommen wird, ggf. halbherzig, oder schlimmer.

Deshalb empfinde ich das 'Doch' hier ausgesprochen passend.

Aber eigentlich lenkt das aufgrund von Spitzfindigkeit ein wenig ab vom Eigentlichen des Textes.

Für mich geht es hier darum, den eigentlichen Partner für seine Liebe zu finden.

So sehe ich das Anliegen dieses Textes.

MlG

Moshe

Trixie

Beitragvon Trixie » 05.05.2009, 22:15

Hallo Zafar,

herzlich Willkommen hier im Salon!

Da triffst du bei mir genau ins Schwarze mit Gedichten in Deutsch und Englisch! Auch, wenn sich mir dieser Text nicht vollständig offenbart, ich finde es bewunderswert, wie klangvoll er ist, wie sehr du eine Art Melodie durch Worte, Zeilen, Ausdrücke erschaffst, die mich durchaus berührt und mir angemessen erscheint. Es ist erstaunlich, dass der Text im Prinzip so kitschig ist und es dennoch durch das im Prinzip noch mehr überladende melodiöse doch nicht ist. Quasi minus plus minus gleich plus ;-). Die Rechnung geht auf, denn es berührt in mir etwas und bringt etwas zum Klingen und das gefällt mir. Vor allem, am interessantesten finde ich, dass ich sofort eine Stimme höre, die das liest, wobei mir da das Englische besser gefällt! Ich höre diese tiefe, melancholische, männliche Stimme in meinem Kopf und das gefällt mir sehr sehr gut (hast du so eine Stimme? Möchtest du mal eine Hörversion hier veröffentlichen??)

Also, du siehst - ich bin begeistert und weiß doch gar nicht so direkt warum ;-). Ich glaube, das ist gut!

Liebe Grüße
die Trixie

Mucki
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Registriert: 07.09.2006
Geschlecht:

Beitragvon Mucki » 06.05.2009, 00:17

Hallo Zafar,

dein Gedicht musste ich mehrfach lesen, um mit ihm warm zu werden. Ich tue mich mit Liebesgedichten im allgemeinen etwas schwer, vor allem, wenn sie zu sehr 1:1 geschrieben sind und zu kräftig in die Pathos-Kiste gegriffen wird, ein ständiger "Risikofaktor" bei Liebesgedichten, was du hier jedoch nicht machst. Dir gelingt hier eine Gratwanderung. Ich stolpere etwas über die immer groß geschriebenen Anfänge, aber das ist wohl Geschmackssache. Ich frage mich, warum du die zwei Gedankenstriche in der letzten Strophe gesetzt hast. M.E. sind sie entbehrlich.

Je öfter ich dein Gedicht las, desto besser gefiel es mir. Vor allem die sich wiederholenden Elemente: "Keiner kennt, Keiner weiß, Ist es dein, Ist es mein, Nicht für die Träume, Nicht für die Chance". Sie verleihen deinem Gedicht Eindringlichkeit und eine hartnäckig/verzweifelte Melodie. Den "Hirtenblick" am Schluss finde ich sehr schön. Er hat so etwas Besänftigendes, schenkt mir eine Flut an Bildern.

Saludos
Gabriella

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 07.05.2009, 07:17

moshe.c hat geschrieben:Hallo!

Mir persönlich gefällt das Wort 'Doch' an dieser stelle ausgesprochen gut.

Warum?

Exil ist ein erstes Stadium. In der Diaspora zu leben ein zweites Stadium.

Eine Zuflucht bleibt eine Zuflucht, und ist nie eine wirkliche Heimat, sondern nur eine temporäre Sache, in die man eigentlich immer nicht richtig aufgenommen wird, ggf. halbherzig, oder schlimmer.

Deshalb empfinde ich das 'Doch' hier ausgesprochen passend.

Aber eigentlich lenkt das aufgrund von Spitzfindigkeit ein wenig ab vom Eigentlichen des Textes.

Für mich geht es hier darum, den eigentlichen Partner für seine Liebe zu finden.

So sehe ich das Anliegen dieses Textes.

MlG

Moshe


Lieber moshe,

vielen Dank für deinen Kommentar.

Das mit den Stadien der Zuflucht, des Exils und der Diaspora ist ein interessanter Aspekt, den ich allerdings so nicht bedacht hatte. Dennoch hast du natürlich recht, wenn du sagst, dass es um eine Partnerschaft geht. Der Geliebte/die Geliebte als Exil und Oase ist ja oft Thema in meiner Dichtung.

Herzlichst

Zafar

FawzZalum

Beitragvon FawzZalum » 07.05.2009, 07:24

Trixie hat geschrieben:Hallo Zafar,

herzlich Willkommen hier im Salon!

Da triffst du bei mir genau ins Schwarze mit Gedichten in Deutsch und Englisch! Auch, wenn sich mir dieser Text nicht vollständig offenbart, ich finde es bewunderswert, wie klangvoll er ist, wie sehr du eine Art Melodie durch Worte, Zeilen, Ausdrücke erschaffst, die mich durchaus berührt und mir angemessen erscheint.


liebe Trixie,

ja, die Melodiösität eines Textes ist eines meiner höchsten Anliegen. Ich verwende in Deutsch und Englisch ja meist weder Reim noch Metrum, aber ein gewisser Rhythmus ist für mich obligatorisch. Ich denke, das geschieht vor allem durch eine subtile Wortwahl.

Es ist erstaunlich, dass der Text im Prinzip so kitschig ist und es dennoch durch das im Prinzip noch mehr überladende melodiöse doch nicht ist. Quasi minus plus minus gleich plus ;-). Die Rechnung geht auf, denn es berührt in mir etwas und bringt etwas zum Klingen und das gefällt mir.


Eigentlich finde ich persönlich den Text gar nicht kitschig, jedenfalls verglichen mit anderen Texten von mir. Dennoch freut es mich, dass es dir gefällt.

Vor allem, am interessantesten finde ich, dass ich sofort eine Stimme höre, die das liest, wobei mir da das Englische besser gefällt! Ich höre diese tiefe, melancholische, männliche Stimme in meinem Kopf und das gefällt mir sehr sehr gut (hast du so eine Stimme? Möchtest du mal eine Hörversion hier veröffentlichen??)

Also, du siehst - ich bin begeistert und weiß doch gar nicht so direkt warum ;-). Ich glaube, das ist gut!


:cool: äh, eine tiefe männliche Stimme habe ich als Frau wohl eher nicht. Zudem war das Gedicht für ich auch eher aus der Perspektive einer Frau geschrieben. Aber es ist interessant, dass du hier sofort eine Männerstimme im Kopf hast :eek:

Herzlichst

Zafar


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