Am Tage
zermahlen wir
uns
die Körner
geheimnisvoll:
Es wird nämlich gelehrt: Eine männliche Hyäne wird nach sieben Jahren zu einer Art Fledermaus; diese Fledermaus wird nach sieben Jahren zu einer Art Vampir; dieser Vampir wird nach sieben Jahren zu einer Art Chamäleon; dieses Chamäleon wird nach sieben Jahren zu einer Art Dornschlange; diese Art Dornschlange wird nach sieben Jahren zu einer Art Schrat.
Das Rückrat eines Menschen wird nach sieben Jahren zu einer Art Schlange; siehe, dies gilt nur, wenn er sich beim 'Wir danken' nicht verbeugt hat.( Talmud: Bawa kamma 16 a )
In der Nacht
fegen wir
uns
den Boden
frei:
Von wo aus messen wir?
Am Tage
Hallo Moshe,
ich weiß nicht so recht, wie ich anfangen soll, weil sich in diesem Text vieles dreht. Ich versuche es einfach mal.
Du verwendest gerne Tageszeiten als Motiv. Das ist generell zwar nicht unüblich, aber du hast da eine sehr eigensinnige Art es umzusetzen. Bei dir stehen die Tageszeiten für etwas Inneres, für Denkweisen, wenn man es so nennen will. Diese Denkweisen sind insofern etwas innerliches, geistiges, dass sie nur im Kopf eines einzelnen Menschen vorkommen. Sie sind aber auch äußerlich, weil sie Gemeinsamkeiten unter einander aufweisen. Dieses Spiel mit dem Innen und dem Aussen drückst du aus, indem du Gedanken eben nicht nach Personen, Charakteren, eben den Urhebern der Gedanken kategorisierst, sondern nach Zeitintervallen. Du kürzt sie damit ebenso enorm, aber ohne die Gedanken inhaltlich konkret werden zu lassen, ihr Stil ist es der überbleibt.
Auch aus diesen nach äußerlichen Kriterien geordneten Gedanken, kann eine Wirklichkeit konstituiert werden. Parallel zu der Persönlichkeit, die sich bei Charakteren dadurch bilden würde, dass man mehrere Gedankengänge und ihre Verknüpfung untereinander mitbekommt. Das verdeutlicht auch dein sprachlicher Stil, der von Zeilenbrüchen so radikalen Gebrauch macht, dass deine Sätze wirklich in die einzelnen Wörter zerfallen. Gleichzeitig sind diese Wörter aber nicht konkret in ihrer Bedeutung, sondern wirken eher wie die Schnittmenge vieler Gedanken, eben die schon angesprochene Gemeinsamkeit, nach der sortiert wird.
Aus den kurzen Zeitintervallen kann man längere konstruieren. Das tust du im Mittelteil des Textes (jeweils 7 Jahre, statt Tag und Nacht). Hier werden auch die Zeilen deutlich länger, der radikale Umbruch fehlt. Auch hier werden Zeitintervalle beschrieben, nur in Kategorien, die uns etwas fremd sind. Wir würden die Entwicklung gerne bewerten, das ist uns aber nicht möglich, weil wir nicht zwischen den Tieren genügend unterscheiden können (Ist eine Hyäne ein besseres oder ein schlechteres Tier als eine Fledermaus?). Dies ist das Geheimnis des Textes, welches er als solches präsentiert und nicht auflösen möchte. Die einzelnen Tagesgedanken führen dazu, dass sich der Mensch eben so verändert, dass man garnicht mehr bewerten kann, ob das Rückgrat (Ich nehme auch an, dass ein Schreibfehler vorliegt, auch wenn sich Räder ja bekanntlich drehen können) als Schlange wirklich schlechter ist. Der Verlust des Rückgrats ist nicht mehr direkt verwerflich und alleinige Folge der fehlenden Dankbarkeit, sondern vor allem Ergebnis der Ordnungsmechanismen der Gedanken, die auf ein Ganzes hinaus wollen, dass sie nicht greifen können (Das Zermahlen der Körner am Tag). Es ist nur eine Frage der Zeit, bis da reiner Tisch gemacht werden muss. Das Hinfortfegen der Gedanken in der Nacht ist gleichzeitig eine Revolte gegen diese Denkmethoden und ein Verfall in eben das Verhaltensmuster hinein. Es ist ein sich wehren gegen Rückgratlosigkeit, aber auch der verzicht auf die Ideale, die man einst hatte (also bedeutet es gerade den Rückgratverlust).
Darum löst der Text sich auch in einer rhetorischen Frage. Er führt nicht, wie üblich, von einer Frage zu einer mehr oder weniger konkreten Antwort, sondern aus der Allgemeinheit aller Antworten in eine einzelne Gretchenfrage.
LG
Last
ich weiß nicht so recht, wie ich anfangen soll, weil sich in diesem Text vieles dreht. Ich versuche es einfach mal.
Du verwendest gerne Tageszeiten als Motiv. Das ist generell zwar nicht unüblich, aber du hast da eine sehr eigensinnige Art es umzusetzen. Bei dir stehen die Tageszeiten für etwas Inneres, für Denkweisen, wenn man es so nennen will. Diese Denkweisen sind insofern etwas innerliches, geistiges, dass sie nur im Kopf eines einzelnen Menschen vorkommen. Sie sind aber auch äußerlich, weil sie Gemeinsamkeiten unter einander aufweisen. Dieses Spiel mit dem Innen und dem Aussen drückst du aus, indem du Gedanken eben nicht nach Personen, Charakteren, eben den Urhebern der Gedanken kategorisierst, sondern nach Zeitintervallen. Du kürzt sie damit ebenso enorm, aber ohne die Gedanken inhaltlich konkret werden zu lassen, ihr Stil ist es der überbleibt.
Auch aus diesen nach äußerlichen Kriterien geordneten Gedanken, kann eine Wirklichkeit konstituiert werden. Parallel zu der Persönlichkeit, die sich bei Charakteren dadurch bilden würde, dass man mehrere Gedankengänge und ihre Verknüpfung untereinander mitbekommt. Das verdeutlicht auch dein sprachlicher Stil, der von Zeilenbrüchen so radikalen Gebrauch macht, dass deine Sätze wirklich in die einzelnen Wörter zerfallen. Gleichzeitig sind diese Wörter aber nicht konkret in ihrer Bedeutung, sondern wirken eher wie die Schnittmenge vieler Gedanken, eben die schon angesprochene Gemeinsamkeit, nach der sortiert wird.
Aus den kurzen Zeitintervallen kann man längere konstruieren. Das tust du im Mittelteil des Textes (jeweils 7 Jahre, statt Tag und Nacht). Hier werden auch die Zeilen deutlich länger, der radikale Umbruch fehlt. Auch hier werden Zeitintervalle beschrieben, nur in Kategorien, die uns etwas fremd sind. Wir würden die Entwicklung gerne bewerten, das ist uns aber nicht möglich, weil wir nicht zwischen den Tieren genügend unterscheiden können (Ist eine Hyäne ein besseres oder ein schlechteres Tier als eine Fledermaus?). Dies ist das Geheimnis des Textes, welches er als solches präsentiert und nicht auflösen möchte. Die einzelnen Tagesgedanken führen dazu, dass sich der Mensch eben so verändert, dass man garnicht mehr bewerten kann, ob das Rückgrat (Ich nehme auch an, dass ein Schreibfehler vorliegt, auch wenn sich Räder ja bekanntlich drehen können) als Schlange wirklich schlechter ist. Der Verlust des Rückgrats ist nicht mehr direkt verwerflich und alleinige Folge der fehlenden Dankbarkeit, sondern vor allem Ergebnis der Ordnungsmechanismen der Gedanken, die auf ein Ganzes hinaus wollen, dass sie nicht greifen können (Das Zermahlen der Körner am Tag). Es ist nur eine Frage der Zeit, bis da reiner Tisch gemacht werden muss. Das Hinfortfegen der Gedanken in der Nacht ist gleichzeitig eine Revolte gegen diese Denkmethoden und ein Verfall in eben das Verhaltensmuster hinein. Es ist ein sich wehren gegen Rückgratlosigkeit, aber auch der verzicht auf die Ideale, die man einst hatte (also bedeutet es gerade den Rückgratverlust).
Darum löst der Text sich auch in einer rhetorischen Frage. Er führt nicht, wie üblich, von einer Frage zu einer mehr oder weniger konkreten Antwort, sondern aus der Allgemeinheit aller Antworten in eine einzelne Gretchenfrage.
LG
Last
Lieber Hannes!
Es war ein schlichter Schreibfehler. Ich bitte um Vergebung.
Lieber Last!
Ich danke dir für deine ausführliche Betrachtung meines Textes hier und meines Schriebens im Allgemeinen.
Natürlich bediene ich mich gern bestimmter Methaphern, deren Ursprung sowohl in meiner Herkunft, und dem damit einhergehenden Denken liegen, als auch in meinem Beruf begründet sind.
Somit zeige ich mich durch meine Texte dem Leser, zeige meine Denk- und Fühlweise, und eine Reflektion auf, die mehr oder weniger im Allgemeinen bei jedem vorhanden ist.
Der Mittelteil hier ist ein Zitat, welches einen Grund der Wahrnehmung und Überlegung darstellt, wie sie im Talmud über den Menschen an vielen Stellen zu finden ist.
Vom Stil her benutze ich Brechungen in der Tat sehr stark. Sie sollen Schlaglichter werfen auf einzelne Aspekte von Sätzen, also man sollte das Ziehen da schon beherrschen. ( Das ist für mich eine große Errungenschaft der heutigen Lyrik)
In diesem Falle löse ich den Text nicht auf, sondern belasse die Frage beim Leser (In der Regel mache ich es anders. (Es gibt halt nur zwei Möglichkeiten in der Dramaturgie: Die Lösung im Helden, oder die Frage im Zuschauer.))
Die Frage von Aufrichtigkeit ist wohl eine sehr alte, und sollte hier angesprochen werden.
Ansonsten sei es mir noch erlaubt zu sagen, daß ich nicht nur so schreibe, sondern mich auch pur mit der Oberfläche beschäftige. (Siehe 'rund ums Veröffentlichen' hier.)
MlG
Moshe
Es war ein schlichter Schreibfehler. Ich bitte um Vergebung.
Lieber Last!
Ich danke dir für deine ausführliche Betrachtung meines Textes hier und meines Schriebens im Allgemeinen.
Natürlich bediene ich mich gern bestimmter Methaphern, deren Ursprung sowohl in meiner Herkunft, und dem damit einhergehenden Denken liegen, als auch in meinem Beruf begründet sind.
Somit zeige ich mich durch meine Texte dem Leser, zeige meine Denk- und Fühlweise, und eine Reflektion auf, die mehr oder weniger im Allgemeinen bei jedem vorhanden ist.
Der Mittelteil hier ist ein Zitat, welches einen Grund der Wahrnehmung und Überlegung darstellt, wie sie im Talmud über den Menschen an vielen Stellen zu finden ist.
Vom Stil her benutze ich Brechungen in der Tat sehr stark. Sie sollen Schlaglichter werfen auf einzelne Aspekte von Sätzen, also man sollte das Ziehen da schon beherrschen. ( Das ist für mich eine große Errungenschaft der heutigen Lyrik)
In diesem Falle löse ich den Text nicht auf, sondern belasse die Frage beim Leser (In der Regel mache ich es anders. (Es gibt halt nur zwei Möglichkeiten in der Dramaturgie: Die Lösung im Helden, oder die Frage im Zuschauer.))
Die Frage von Aufrichtigkeit ist wohl eine sehr alte, und sollte hier angesprochen werden.
Ansonsten sei es mir noch erlaubt zu sagen, daß ich nicht nur so schreibe, sondern mich auch pur mit der Oberfläche beschäftige. (Siehe 'rund ums Veröffentlichen' hier.)
MlG
Moshe
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