Liebe scarlett,
ich finde den Rhythmus gerade toll angelegt und ich finde, dass dieser Text darüber hinaus die richtige Dosierung an Wortneuschöpfungen etc. hat - das gefällt mir wirklich sehr gut! Am stärksten finde ich den Auftakt
gewiss
es liegt noch schonung in der luftund es geht auch ganz toll weiter:
die gräber sind nur die der andern
und
davongekommen ist das jahrund ich
leg meine wünsche mir in faltendas finde ich minimal standardlyrischer und eigentlich ist die aussage und bewegung schon durch die zeile vorher für mich rund - man könnte sie streichen, allerdings möchte ich den doppelbezug des "und ich" zu oberer und unterer Zeile nicht missen - was meinst du denn hier mit falten? Der Bildkontext ist so anders - vielleicht ließe es sich ersetzen (...)
noch eine pusteblume vielleichtnur rein silbenanzahlmäßig ist
pusteblume vielleicht für den Rhythmus noch nicht ideal?
auch zittergras und honigklee
margeriten tausendfach ich lasse mir die drei "florazeilen" wohl gut gefallen -kann mir aber auch vorstellen, dass sie auf andere zu ästhetisch/ästhetisiert wirken - und an eine Lyrik erinnern, die schon ihre Zeit hatte (besonders das Zittergras lässt mich schon stark an Bachmann denken und der "Ton" des Gedichts unterstützt das). Vielleicht könnte man durch die Streichung des "tausendfach" etwas die Stärke rausnehmen.
die beiden schlusszeilen sind durchaus gesichert und in den text integriert, im Vergleich zu den restlichen finde ich sie aber so konkret: die abgeschnittenen Blumen im tulpenglas anstelle der Blumen des Jahres - so als würde man die geheime, wispernde Sprache der vorherigen Bilder des Textes etwas für einen "banaleren" (und sei es nur weil realistisch gebundeneren) Schluss entzaubern. (das unerhört trägt stark dazu bei, weil es explizit spricht)
Zudem finde ich, dass du in
die zeit steht still - und ticktnicht ganz eingefangen hast, was du sagen möchtest: du fast ja darin die Vergänglichkeit: zwischen Stille/Stillstand und doch Weiterlaufen - aber sprachlich klingt für mich die Beschreibung "stillstehen" und "ticken", vor allem in Anbetracht des kräftigen Duktus vorher, noch nicht getroffen. Ich weiß nicht, ob der Text diesen eindeutigen Schluss braucht: der Auftakt sagt das doch schon (weil das aber so stark evoziert wird)
Na ja, das waren jetzt wieder so viele Anmerkungen, dass verloren geht, dass ich den Text wirklich sehr genossen habe - aber irgendwie geht mir das oft mit deinen Texten so, dass sich das so ausdrückt

(die Kommentare geraten immer viel länger als geplant).
liebe Grüße,
Lisa