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efeu
Verfasst: 21.11.2008, 22:13
von Thomas Milser
efeu
du schneidest es ab
schmeißt es weg
und es wächst
überall wieder
während ziegel fallen
und glas bricht
im sturm
Verfasst: 21.11.2008, 22:53
von scarlett
Ich hätte das ja unter liebeslyrik eingeordnet - das wuchernde verleitet mich dazu, ein nicht enden wollendes drama darin lesen zu wollen.
Nichtsdestotrotz: das bleibt deutlich hinter dem, was ich von dir zu lesen gewohnt bin ... zurück.
Nichts für ungut,
scarlett
Verfasst: 21.11.2008, 22:58
von Thomas Milser
Es wird einfach nur immer weniger, scarlett ... Neulich musste ich mir gar ob dessen den Begriff "Altersmilde" anhören ...
Mit anderen Worten: Mir geht die Dramatik flöten. Ich sehe eine Nähe zu 'Einsicht' und 'Insichgekehrtsein'. Ohne Darstellungszwang. Es ist ein Teilhabenlassen, wenn ich was ins Forum stelle..
Dankeschön für deinen Eindruck ... Ich versuche, Vielfalt zu erzeugen ...
T.
p.s: Liebeslyrik ist es ausnahmsweise mal nicht.
Verfasst: 21.11.2008, 23:04
von scarlett
Manchmal, lieber thom, du kennst ja das dumme gelabere, ist weniger mehr - hier allerdings ist es für mich zu wenig! ABer vielelicht ist das ja auch nur dummes gelaber ... who knows ...
Ich versuche mitzugehen ... die reise war dennoch früher irgendwie ergiebiger ...
meint die scarlett
Verfasst: 21.11.2008, 23:11
von leonie
Lieber Tom,
ich hörte in den Nachrichten zwei Worte "Sturm" und "Duisburg" und dachte an Dich.
Nun finde ich das hier. Es erinnert mich an ein Gedicht von Rainer Kunze...
Mehr kann ich noch nicht sagen, außer dass ich das Wort "es" in Gedichten oft problematisch finde...
Liebe Grüße
leonie
Verfasst: 21.11.2008, 23:15
von Thomas Milser
Verteufelt sei derjenige, der 'efeu' wörtlich nimmt ... 'es' ist was anderes ...
Danke, Leo ...
Aha ...
Verfasst: 22.11.2008, 10:01
von DonKju
... also "es" ist nicht "efeu", sondern vielleicht das Leben, das immer irgendwie einen Weg zum "Wiederwachsen" findet, wenn denn die Übersetzung der Metapher stimmt (Noch unbewiesen, ist es das überhaupt ?); Nur warum wird es als wuchernd, was der "efeu" ja irgendwie schon impliziert, empfunden ?
Darüber rätselnd, Tom, grüßt Dich der Bilbo
Verfasst: 22.11.2008, 12:30
von Mucki
Hi Tom,
ich vermute, dass 'es' ein Gefühl ist, das man abschütteln möchte, vielleicht sind es Zweifel/Selbstzweifel, die einen nicht zur Ruhe kommen lassen, jedoch immer wiederkehren, etwas in dieser Richtung. Nur so ergäbe für mich die zweite Strophe Sinn (und auch ein spannendes Verhältnis), in der eben genau das Gegenteil geschieht, eingeleitet durch das "während". Dort fällt, bricht, stürmt es, nichts hält sich fest oder wird festgehalten. Somit: 1. Strophe = gefesselt, 2. Strophe: entfesselt.
Saludos
Mucki
Verfasst: 22.11.2008, 18:56
von ecb
lieber thomas,
"nörgel, nörgel" ich mag das wort schmeißen in gedichten nicht.
"es" kann ja auch nicht efeu sein, eidieweil dieser ein "er" ist.
aber was "es" sonst sein könnte ...
außer vielleicht, daß sturm eben nicht nur die zerstörerische seite hat, sondern auch platz macht für neues wachstum? das paradoxale daran? und der efeu ein sinnbild dafür?
lg eva
Verfasst: 23.11.2008, 08:00
von Thomas Milser
Hallo Ihr Lieben,
verzeiht, wenn ich das vermeintliche 'Rätsel' nicht auflösen mag. Wie wunderbar ist doch die Vielfalt der Interpretationen, und so solls sein, nö? Wenn man Eure Deutungen zusammenlegt, ist es schon nah dran :o)
Liebe Eva,
'wegschmeißen' ist sicherlich weder poetisch noch hochsprachlich, aber es ist entschieden kräftiger besetzt als z.B. 'wegwerfen'. Ich wähle bevorzugt das passende Wort, auch - oder gerade - auf Kosten des Wohlklangs, wenn es der Inhalt erfordert.
Danke für Eure interessanten Rückmeldungen; ich geh jetzt mal die Scherben zusammenfegen.
Tom.
Verfasst: 23.11.2008, 11:53
von Max
Lieber Tom,
ich sehe in dem kleinen Text eigentlich kein 'mehr' oder 'weniger' im Vergleich zu anderen Texten, die ich von Dir kenne. Der Text ist anders, weil er einen anderen Berachtungswinkel einnimmt. Er hat hat für mich nichts Provokantes, aber das ist kein Qualitätsmerkmal, sondern eine Stimmungsbeschreibung.
Was "Es" sein könnte, mag ich nicht raten, aber ich kann mir selbst passende Einfüllungen denken, die den Text für mich wertvoll lassen. Allerdings würde ich gerade unter dem Aspekt, dass "es" nicht "Efeu" sein soll, den Titel fortlassen, ansonsten wird der Text zu einem Rätselgedicht, bei dem Du jedes Mal erklären musst, dass "es" eben nicht "Efeu" ist (und man fragt sich anschließend, was den Autor dann bewogen haben mag, das Gedicht so zu nennen).
Liebe Grüße
Max
Verfasst: 23.11.2008, 11:57
von Trixie
Alzooo,
ich bin jetzt schon ne Weile um diese Zeilen geschlichen und habe einfach nicht die erste und die zweite Strophe zusammen gebracht.
Ich hing die ganze Zeit am "es" und sah dieses "es" als Mittelpunkt des Gedichts, das aber nicht zur zweiten Strophe passte, weil es da ja gar nicht mehr vorkommt.
Mittlerweile habe ich eine Leseart gefunden, bei der erster und zweiter Teil zusammen passen, allerdings würde das dann sogar fast in Richtung Liebeslyrik gehen. Oder es ist gesellschaftskritisch zu lesen, wäre dann aber besser in Lyrik+Kultur aufgehoben, also vermutlich auch falsch
Ich erzähl trotzdem mal:
Das DU - gleich das erste Wort - ist Kern der Geschichte. Das LyrIch wirft dem DU vor, sich mit unwichtigen Problem zu beschäftigen, die sich sowieso nicht "lösen" lassen, während auf der Welt viel schlimmere Dinge passieren, die das DU aber nicht stören, weil es zu sehr mit seinem eigenen, unwichtigen Kram beschäftigt ist (zum Beispiel "waaah, ich hab keinen Cent in der Tasche und muss driiiingend zum Frisör und mir meine 60Euro/Monat-Dauerwelle machen lassen, sonst sterbe ich!!!").
Oder der DU kann gar nicht anders, als sich mit diesem Kleinkram beschäftigen, weil der Sturm, der alles zerstört, viel zu beängstigend ist, als das man sich damit auseinandersetzen möchte.
Ja, das meine Leseart.
verschneite Grüßlein
Trixie
Verfasst: 24.11.2008, 11:01
von Thomas Milser
Hi mäx,
ich finde 'efeu' - wenn es man sinnbildlich als etwas Wucherndes, Jede-Ritze-Ausfüllendes, Unaufhaltsames begreift - eigentlich saugut. Wer zu nah an der Pflanze bleibt, der kommt halt nicht drauf.
Hi trix,
fein interpretiert, leider war es so gar nicht gemeint. Unter Liebeslyrik gehört es auch nicht, da es nicht um das 'Du' geht. Das ist ne reine Leser- oder Selbstansprache.
Och menno, ich mag das nicht erklären ... Ist doch bloß ne Gedankenskizze ...
Verfasst: 24.11.2008, 11:41
von scarlett
Du musst es ja auch nicht erklären, ich halte es für völlig verkehrt, dieses "müssen".
Es ist doch auch völlig egal, wie dein text rezipiert wird - wenn ich darin ein liebesgedicht lesen will und der text das hergibt, würde auch eine offenlegung deiner intention nichts, aber auch gar nichts daran ändern.
Soweit.
sca