Holt mich ein

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
moshe.c

Beitragvon moshe.c » 14.11.2008, 18:47

Holt mich ein

Holt mich ein,
sagte ich,

wie ich mich
einhole.

Ich holte mich ein
beständig.

Andere
holten auch ein.
Die meisten holten aus.

Und wie sie ausholten!

Aber sie holten mich nicht ein!

Ich holte mich selbst
immer ein.

So wird geholt,
dachte ich,

ein Stück Apfelstrudel
und dachte
an eingeholte Kaiser.


------------------------------------

Ne kleine Spielerei.

Viel Spaß :-)

Moshe

Max

Beitragvon Max » 15.11.2008, 13:41

Lieber Moshe,

auch ohne Deine Schlusszeilen hätte ich das eine Spielerei empfunden, eine, die ich mag.

Ich musste beim lesen an einen Text von fried denken oder auch an Jandl.
Etwas Potential sähe ich noch darin, damit zu spielen, dass ja auch Segel zB eingeholt werden. Was ein eingeholter Kaiser ist, weiß ich allerdings nicht. :-)

Liebe Grüße
Max

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 15.11.2008, 14:22

Lieber Moshe,

eine feine Spielerei, ich mag das gern.

Was der Kaiser da zu suchen hat, verstehe ich nicht, aber egal. Der Text macht mir Freude.

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 15.11.2008, 18:50

Kaiser wurden von der Geschichte eingeholt und überholt, obwohl sie manchmal ganzschön ausgeholt hatten.
Warum man das weder in Deutschland, noch in Österreich versteht, verstehe ich nun wiederum nicht.

MlG

Moshe

Max

Beitragvon Max » 15.11.2008, 19:26

Kaiser wurden von der Geschichte eingeholt und überholt, obwohl sie manchmal ganzschön ausgeholt hatten.
Warum man das weder in Deutschland, noch in Österreich versteht, verstehe ich nun wiederum nicht.


Vermutlich weil der Ausdruck "von der Geschichte eingeholt werden" ohne "Geschichte" und ohne Kontext nur schlecht assoziiert wird.

Liebe grüße
Max

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.11.2008, 19:38

Hi Moshe,

auch ich stolperte über die Kaiser, weil zuvor die Apfelstrudel da stehen und der Sprung zu Kaisern im geschichtlichen Sinne doch ein recht großer ist.
Mit dem Wort "einholen" kann man, wie man an deinem Text sieht, eine Menge anstellen.
Früher sagte man einholen anstelle von einkaufen gehen.
Ich sehe deine Zeilen eher in experimenteller Lyrik. ,-)
Saludos
Mucki

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 15.11.2008, 21:48

'holen' ist doch ein netter Wortstamm, wobei ich mich nur mit dem 'geholt' hier beschäftigte, und das auch nur in einem sehr begrenzten Ausmaß :idee:
Zum Beispiel hat man sich hier noch keinen Schnupfen geholt oder die Sünde ins Haus. Auch wurde niemand abgeholt und nichts aufgeholt. Weder holte man einen Fisch ins Boot, noch Drachen vom Himmel, und Sterne wurden auch nicht vom Himmel geholt, wie die Mohrrüben vom Feld.
Auch wurde Michael Schumacher nicht überholt, auch nicht dessen Treibwerk. :blink2:
Und ob jemals von uns einen Preis geholt hat für seine Lyrik, scheint sich nur bei Zefira ereignet zu haben. :mrgreen:

Kaiser sind doch Geschichte an sich, so weiß ich nicht, weshalb ich das noch extra hervorheben sollte.
(Gibt es noch Kaisers Kaffee?)
Ob ich anstatt dem Strudel lieber einen Kaiserschmarrn nehmen sollte?
Aber Strudel passt nun wieder besser zu den eingeholten Kaisern im Strudel der Geschichte.

Uff

Wenn das alles experimentell ist, dann schiebt es dahin.
Ich empfinde es lebensnah.

MlG

Moshe

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 15.11.2008, 22:00

Hier ein Orginalbildnis vom letzten deutschen Kaiser:

http://www.bundestag.de/geschichte/parl ... 871_3b.jpg

Das Bild stammt aus einer Sammlung vom Bundestag.

Findet ihr nicht auch, daß dieser Kaiser irgendwie von der Geschichte eingeholt wurde, und dann wohl auch überholt?

Hm?

Moshe

Max

Beitragvon Max » 15.11.2008, 22:08

Lieber Moshe,

schönes Bild.

Der Punkt ist ja nicht, dass wir - also ich - denken, Kaiser würden nicht von der Geschichte eingeholt, sondern dass dies zu assoziieren ohne "von der Geschichte" schwer fällt.
Liebe Grüße
Max

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 15.11.2008, 22:34

Lieber Max!

Ich kann Kaiser im europäischen Raum NUR mit Geschichte im Sinne von Vergangenheit assoziieren, deshalb sprach/schrieb/dachte ich ausschließich an eingeholte Kaiser.
Gibt es im europäischen Raum Kaiser ohne den Begriff Geschichte/Vergangenheit?

MlG :blink1:

Moshe

Max

Beitragvon Max » 16.11.2008, 10:50

Lieber Moshe,

natürlich gibt es das nicht, es gibt beinahe überhaupt keine Wörter ohne Vergangenheit.
Es nützt Dir aber nichts, wenn es niemand an der Stelle versteht, oder?

Liebe grüße
Max

Niko

Beitragvon Niko » 16.11.2008, 14:20

hallo moshe!
(keinen komm. gelesen)
auch wenn es des guten fast zuviel ist: hier mag ich die spielerei mit dem wort holen und einholen. und das herausstreichen der diversen nuancen, die dieses verb mit sich bringt.
am ende bei den eingeholten kaisern denke ich, dass es sich entweder an einen feststehenden begriff handelt, oder die assotiation apfelstrudel - kaiser zu dem wort "schmarren" lenken soll.....bei spielereien ist ja alles und nichts denkbar... ;-)
dieses einholen, ein fast-überholen manchmal. dann auch wieder von sich selbst eingeholt werden. vielleicht von der eigenen geschichte, den eigenen ängsten, komplexen und problemen. sie sind es meist zuerst, die einholen....
ich empfinde das "ich holte mich immer ein" als negativ besetzt. das rufen, ja geradezu flehentliche "holt mich ein!" wiederum als positiv. dass da doch jemand erkennen, wissen möge.
keine spielerei für mich. eher tiefgang......die am ende eine spielerei vortäuschen will...alles schmarren ;-)

lieben gruß: Niko

Mucki
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Beitragvon Mucki » 16.11.2008, 18:25

Hi Niko,
ich empfinde das "ich holte mich immer ein" als negativ besetzt. das rufen, ja geradezu flehentliche "holt mich ein!" wiederum als positiv.

das finde ich interessant, da es mir genau andersherum geht. Das "ich holte mich immer ein" ist für mich positiv besetzt, im Sinne von: Ich hab mich selbst wieder auf den Boden zurückgeholt oder: ich habe meine Wut selbst immer bezwingen können.
Und das "holt mich ein!" lese ich negativ besetzt, im Sinne von Hilflosigkeit, Ohnmacht: "Helft mir, wieder auf den Boden zu kommen, ich verliere die Kontrolle, ich kann es nicht allein."
Saludos
Mucki

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 16.11.2008, 20:09

Lieber Niko!

'Dass da noch jemand erkennen, wissen möge.' ist für mich der zentrale Satz in deiner Betrachtung.

Warum?

Ist es nicht das Spiel eines Eulenspiegels hier, eines Narren am Hof der Vergangenheit und der Gegenwart?

Ich schrieb mal, daß ich manchmal ein Eulenspiegel bin. Und so ist es halt ein Spiel und und ein Ernst, und man schaut in den Spiegel und interpretiert sich.
Jegliches Spiel ist ernst und spielt eben damit.

Als Spiegel hier lasse ich die Interpretation offen, wie man sich selbst halt im Spiegel sieht.

Liebe Mucki!

Es ist eine Selbstinterpretation hier, also nichts Objektives.

Eben ein Blick in den Spiegel, mit ein paar Überlegungen nach Aussen.

Mehr nicht.

MlG

Moshe

Verzeiht mir, daß ich mich hinter einer Spielerei versteckt habe.


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