Die Frau

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Caty

Beitragvon Caty » 19.05.2008, 07:59

Die Frau

Raureiftage, ungezählt,
Auf den Häuten, Lieber. Unsre
Glücksjahre halbieren sich.

Was mich versöhnt: dass
Frühling ist, der Hof grün,
Dass du da bist.

Da war ein karierter Glockenrock,
Du kennst ihn, ich hab ihn
In den Müll geworfen.

Ich sinniere. Über dich und mich,
Was groß am Leben ist,
Am kleinen Glück.

Heute ist so ein Morgen.
Weiß nicht, warum ich traurig bin.
Ja, die Schrippen sind frisch.

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leonie
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Beitragvon leonie » 19.05.2008, 11:07

Liebe Caty,

das ist ein wunderschönes wehmütiges Gedicht. Ich mag den letzten Satz so gern. So ist es oft. Diese Gedanken zwischen den Alltagsdingen.

Das habe ich sehr gerne gelesen!

Liebe Grüße

leonie

aram
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Beitragvon aram » 19.05.2008, 13:11

liebe caty,

uneingeschränkte zustimmung zu diesem text.

den ausklang des bogens kann ich mir auch dichter vorstellen - für mich funktionierte der text auch ohne "heute ist so ein morgen. / weiß nicht, warum ich traurig bin".

mit diesen versen finde ich die letzte zeile ein wenig 'ausführlich' -

Heute ist so ein Morgen.
Weiß nicht, warum ich traurig bin.
Ja, frische Schrippen.


insgesamt wirkt der text jedoch sehr balanciert, schlicht und ausdrucksstark, auch jede strophe für sich... z.b. das ende des karierten glockenrockes in der mittelstrophe - ja.

Caty

Beitragvon Caty » 19.05.2008, 13:46

Szene mitten aus dem Eheleben. So sind die Männer. Und so sind wir Frauen. Dank euch für den Kommentar, Leonie und Aram.

Die beiden Zeilen, Aram, will ich aber doch gern beibehalten, die drücken so schön aus, dass man sich häufig eher anschweigt, als dass man sich ausspricht.

Herzlich, Caty

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 21.05.2008, 12:17

Liebe Caty,

was ich an diesem Text so lesenswert finde: Dass er Beschreibungen von "sinnieren" und Alltagsbanales/-konkretes/Eindrücke so genial kombiniert, dass es das Sinnieren eben zu etwas Echtem wird; man es hören mag und zustimmen kann und der Text so etwas leistet, was man selbst mit dem eigenen Gefühl nicht schafft. Da geht es ja einem eher so, dass man entweder jedwegige Tragik für sich beansprucht oder sich in ihr lächerlich vorkommt, keinen Platz für sie in der Welt sieht, in der es Mülleimer gibt - wie der Text das schafft, finde ich einfach großartig. Besonders die Glockerockstrophe und das Ende finde ich eine feine Gradwanderung und eine vortreffliche Bilderwahl, den Glockenrock würde ich nur allzu gern klauen, so eine tolle Wirkung hat er - und das macht er mit links.

Toll!

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Caty

Beitragvon Caty » 21.05.2008, 13:40

Beinahe hätt ich die Glockenrockstrophe rausgeschmissen. Fand dann aber doch, dass die letzte Zeile allein nicht ausreicht, die Situation auszudrücken. Ich freu mich, dass dir der Text gefällt, Lisa, und grüße dich herzlich, Caty

DonKju

Beitragvon DonKju » 25.05.2008, 14:52

Hallo Caty,

so nehme Frau und Mann den Text als Mahnung, wie Sie es nicht machen sollten - hat mir sehr gut gefallen, der Text, so wie er ist ...

Lieben Sonntagsgruß von Bilbo

Caty

Beitragvon Caty » 26.05.2008, 07:42

Es wird ihnen nichts helfen, Bilbo. Sie machens ja doch, wie es kommt. Herzlich, Caty

Hakuin

Beitragvon Hakuin » 26.05.2008, 11:09

was den inhalt angeht....hmmm

aber vielmehr suche ich HIER rhytmus und klang in meinem inneren ohr,
könte hilfe gebrauchen....

die aufzählung innerhalb der strophen nimmt GEHALT.

fragender
hakuin

Caty

Beitragvon Caty » 26.05.2008, 11:37

Das Gedicht ist im freien Vers geschrieben, Hakuin, der zwar auch ein Metrum, aber keinen gleichmäßigen Rhythmus hat. Aber von welcher Aufzählung redest du?
Herzlich, Caty


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