Eure Mutter

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Klara
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Beitragvon Klara » 17.05.2008, 20:34

Eure Mutter

"Kinder, glaubt nicht auf alles, was eure müde Mutter sagt
Wisst ihr, eure Mutter spinnt
als wäre eine große Spinne in ihrem Kopf
die baut aus Träumen und Wünschen und Leben ein Netz
(und noch eins und noch eins und noch eins)
nur manchmal verfängt sich eine Wirklichkeit darin
aber man kann nie wissen welche

Kinder, hört nicht alles, was eure Mutter redet.
Wisst ihr, eure Mutter träumt
sie wirft ihre Netze aus
eine Fischerin
schwimmt in Gedanken
und lernt (und noch mehr und noch mehr)
und manchmal fängt sie einen bunten Fisch

der glitzert

Dann schaut genau hin
Dann glitzern ihre Augen (noch mehr!)
Dann glaubt alles"

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 17.05.2008, 21:31

Klara, Klara!

Treffend subversiv! Unglaublich ganz berlinerisch.

(Was du für eine Welt hier zeigst.....)

Ob ich jetzt Fan werde?

Moshe

Mucki
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Beitragvon Mucki » 17.05.2008, 22:40

Hi Klara,

ich bin ganz fasziniert von deinem Text. Die enthaltende Klimax hast du klasse aufgebaut, erst verschwommen, dann konkreter und schließlich kommt der entscheidende Moment. Gleichzeitig werden dabei die Sätze immer kürzer. Dadurch machst du die Konzentration auf das Wesentliche auch von der Form her sichtbar.
Auch die Art, wie du schreibst, hat so etwas Ehrliches, Authentisches und trotzdem Verträumtes, es berührt mich richtig.
Sehr sehr gern gelesen!
Saludos
Mucki

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 17.05.2008, 23:20

Lieber Klara,

fein eingefangen. Gerade recht kommt mir dein Gedicht. Ich hatte gestern eine derartige Diskussion mit meinem Sohn. Genau!

Lieben Gruß
ELsa
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leonie
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Beitragvon leonie » 17.05.2008, 23:37

Liebe Klara,

ich mag das auch sehr!

Und doch habe ich den Eindruck, es würde durch Reduzieren gewinnen. zum einen bei den Doppelungen, zum anderen bei den Klammern.


Nur als Idee, was ich meine:


Eure Mutter

"Kinder, glaubt nicht auf alles, was eure müde Mutter sagt
Wisst ihr, eure Mutter spricht (wirr)
als wäre eine große Spinne in ihrem Kopf:
die baut aus Träumen und Wünschen und Leben ein Netz.
Nur manchmal verfängt sich eine Wirklichkeit darin
aber man kann nie wissen welche.

Kinder, hört nicht alles, was eure Mutter redet.
Wisst ihr, sie träumt
wirft ihre Netze aus
eine Fischerin
sie schwimmt in Gedanken
und lernt
und manchmal fängt sie einen bunten Fisch
Und ihre Augen glitzern.

Dann schaut genau hin.
Und glaubt alles"

Ich bin mir auch wegen des Titels unsicher: Ist das wirklich der Focus? Ich fände "Nicht alles" zum Beispiel auch passend.

Wie dem auch sei: Ein starker Klara-Text!

Liebe Grüße

leonie

Klara
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Beitragvon Klara » 18.05.2008, 11:26

Hallo,

danke für euer freundliches Feedback.

Leonie, danke für deine Arbeit. Ich kann deine Änderungswünsche nachvollziehen, aber nicht mitgehen. Warum? Weil die Wiederholungen in meinem inneren Ohr so einen spinning wheel-Effekt ergeben, den der Text für mein Empfinden gerade braucht. Dein Vorschlag bügelt das glatt, was für mich kraus sein muss. Denn - ha! - der Text muss ja keinem perfektionistischen Lektor gefallen! Und das ist gut! Klingt vielleicht wie eine Ausrede, aber: Dieses Zeilen sollen nicht perfekt klingen, sondern gesagt. Wahrscheinlich ist es gar kein "Gedicht"...

Grüß euch
Klara

EDIT ach so, der Titel: der muss so sein. Die Mutter oder ein der Mutter sehr naher Mensch spricht zu den Kindern, niemand anders.
Zuletzt geändert von Klara am 18.05.2008, 11:28, insgesamt 1-mal geändert.

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leonie
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Beitragvon leonie » 18.05.2008, 11:28

Liebe Klara,

dann fände ich es super, wenn Du es liest, man könnte es dann am Höreindruck ja noch einmal "überprüfen", wie es wirkt. Ich kann mir gut vorstellen, dass es anders ist als beim Lesen...

Liebe Grüße

leonie

Klara
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Beitragvon Klara » 18.05.2008, 11:29

Hallo Leonie - online together :-)

ich hab grad noch ein Edit geschrieben, das hat sich mit deiner Antwort überschnitten.

Ein Hörfassung habe ich gestern spontan aufgenommen und warte auf den Link .-)

klara

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leonie
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Beitragvon leonie » 18.05.2008, 11:33

Super, ich freu mich drauf!

leonie

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Beitragvon Klara » 18.05.2008, 11:38

Super, ich freu mich drauf!


abwarten... ;-)

klara

scarlett

Beitragvon scarlett » 18.05.2008, 11:53

"glauben auf etwas" - ???

Ist das eine regionale Sprachvariante?

scarlett

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 18.05.2008, 11:55

scarlett hat geschrieben:"glauben auf etwas" - ???

Ist das eine regionale Sprachvariante?

scarlett


Ich bin auch darüber gestolpert, aber ich denke, es ist Berlinerisch.

LG
ELsa
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Beitragvon leonie » 18.05.2008, 12:03

Ich dachte, dass Klara einfach glauben und hören umgetauscht hat in der ersten und zweiten Strophe und das als Stilmittel benutzt, um die "Verrücktheit" der Mutter deutlich zu machen...

leonie

scarlett

Beitragvon scarlett » 18.05.2008, 12:09

Aha ... sehr interessant. Na ja.
Danke, leonie.

scarlett


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