Hallo Andreas und Nicole,
ich glaube, in dieser Frage von Nicole liegt ein kleiner Knackpunkt-Kern versteckt:
Mir wiederstrebt die Formulierung "am liebsten weine ich..." Weint wirklich jemand gerne? Ich empfinde es ungefähr so "im Schwimmbad ist es am wenigsten schlecht..." Ich glaube schon, dass es Menschen gibt, die gerne weinen (wenn nicht sogar alle). Das verhält sich ein wenig wie die Vorstellung von Angst zur tatsächlichen Angst, da ist sehr viel Spielraum dazwischen. Und dann gibt es ja auch nochmal die Freude am Weinen, weil es so gegenwärtig macht, dass man allein ist (wie ein Kind allein ist: es muss es nicht möchten, aber es ist gut so) oder das Weinen, was Genuss ist, weil keiner es mitbekommt (hier eben sogar die Anzeichen für das Ich
selbst "verschwimmen" in den Wassern, im Chlor). (Oh, erst jetzt sehe ich den Titel bewusst .-)). Es tut gut, in etwas zu sein, wo das Weinen keine Aufälligkeit bildet, als könnte es (wieder) etwas Natürliches, freies sein, weil man sich nicht darum kümmern muss (natürlich ist das nicht alles, was der Text macht, es wird schon auch ironisch.distanzierend gebrochen). (der titel ist ja dann auch nochmal doppeldeutig? @richtung)
Ich glaube, (hoffe .-)), ich habe das noch nie gemacht, hat ja immer was seltsam anpreisendes, aber ich wollte dir Andreas mal zu einem Text von mir verlinken:
http://www.blauersalon.net/online-liter ... ight=senza (inzwischen würde ich wohl die letzte Zeile streichen).
Findest du nicht, dass die beiden Texte im Kern ziemlich viel gemeinsam haben? Mir ist schon klar, dass es im Grunde um verschiedene Facetten geht, oder zumindest ist die Geste in meinem einen andere (nämlich den anderen herbeiredend / Fingerzeig), bei dir soielt sich das eher in einem Verhältnis des Ich zu sich selbst aus ("so ist das nun mal"), trotzdem. In diesem Sinne steckt für mich in dem "am liebsten" eine Art Trotz/Bockigkeit, auch druckfreie Ironie.
Was mich (wieder mal .-)) irritiert ist die Setzung. Die Umbrüche scheinen mir sehr abrupt, der Anklang der dadurch entstehenden Doppellesbarkeit vieler Zeilen gefällt mir zudem sprachlich nicht, ist überflüssig, weil hier nicht verständnis-oder bedeutungsfördernd.
"Strophe" 2 und 3 wirken sprachlich auf mich noch etwas profan gegen das feine Thema des Textes, es klingt noch etwas so, als seien dir die Details, an denen du das Verschwimmen erklären willst, noch nicht weit genug von ihrem Einfall, noch nicht vollständig in lyrische/literarische Form gebracht (womit ich nicht gegen eine schlichte Sprache argumentieren möchte, aber es steht eben etwas (!) da, wie eine poetische Liste für die Komposition einer Idee. Ich denke aber, dass das für dich der richtige Ton ist.
Das sind so meine ersten Gedanken.
(Wo ist denn dein avatar?)Liebe Grüße,
Lisa