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Der Poet

Verfasst: 24.12.2007, 21:46
von moshe.c
Der Poet

Ich bin nicht.

Schaue aus dem Fenster
in die Sonne, Ferne,
weg von mir
und niemals in den Spiegel.

Nein, ich bin nicht.

Es zieht vorbei.

Buchstaben aufs Papier
in das Blaue, Grüne,
die Linie
und niemals eine Runde.

Nein, du bist nicht.

Weiter gehst du.

Sehe einen Schatten
in den Blättern, Falten
jenseits mir
und weiter nichts in uns.

Nein, ich schreibe von nichts.



-------------------------------------------

Die Poesie

Fällt.

Aus den Momenten
glitzern unbekannt Metaphern
feinstumpf vorbei mir,
reflektierend, sinnlich
verborgen vor Sicht.

Ich schließe die Augen.

Bin nicht ich.

Nein.

Aber im Wollen
ergießen sich die Leiden
sehnend ganz in mich,
Bezauberndes, atmend
Erkennendes in mich.

Ich schließe den Mund

Kein Ton ich.

Doch.

Wieder ein Leugnen
bestätigt in den Gründen
ahnend mein Ich mir,
bekräftigend, nehmlich
lachend über uns.

Dein Wort du.

Verfasst: 24.12.2007, 23:00
von Louisa
Guten Abend, Moshe, der heute gar nicht feiert... das heißt: Man kann ja immer feiern :smile: !

Ich mag das, weil es mein weihnachtsbeduseltes Gehirn wieder zum Denken anregt :smile: !

"Poet" ist überdies ein wohlklingendes Wort, finde ich.

Ich habe ein bisschen Probleme mit dem Wörtchen "Ferne"... Das ist so abgenutzt und sagt nicht viel mehr aus, als in "die Sonne" sehen, glaube ich...

Aber ich finde es ganz super, dass Du den Blick in die Ferne mit einer Abkehr vom eigenen Spiegelbild begründest. Das ist wirklich klasse!

(Also lass die Ferne doch stehen...hihi...)

Jetzt verstehe ich auch wieso man nicht "ist". Du meinst: Man WIRD ständig oder? Das ist ja ganz grandios! Wirklich!

Also entweder ich bin zu leicht zu begeistern oder das ist wirklich ein toller Gedankenpfad in Deinem Gedicht.

"jenseits VON mir" würde mir besser gefallen.

Gut. Es ist ein guter Text, Moshe! Mehr fällt mir nicht ein :smile: !

Schönen Abend,
l.

PS: Wieso bekommt man heutzutage eine Digitalkamera mit Laserprinter für zuviel Geld geschenkt, wenn man sich eine gebrauchte Polaroidkamera wünscht?
Das ist nämlich Weihnachten! *grummel*

Verfasst: 25.12.2007, 20:34
von moshe.c
Nun hatte ich mir bei dieser Sache ein Tandem vorgestellt. Hier also der zweite Teil:


Die Poesie

Fällt.

Aus den Momenten
glitzern unbekannt Metaphern
feinstumpf vorbei mir,
reflektierend, sinnlich
verborgen vor Sicht.

Ich schließe die Augen.

Bin nicht ich.

Nein.

Aber im Wollen
ergießen sich die Leiden
sehnend ganz in mich,
Bezauberndes, atmend
Erkennendes in mich.

Ich schließe den Mund

Kein Ton ich.

Doch.

Wieder ein Leugnen
bestätigt in den Gründen
ahnend mein Ich mir,
bekräftigend, nehmlich
lachend über uns.

Dein Wort du.

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Liebe Louisa!

Man wird jeden Morgen und IST nicht, auch wenn man dann händeringend wieder versucht zu sein, was man gestern war.
Man wird doch jeden Tag, wie jeder Tag immer wieder wird, anders.

Ich und du, wir alle, sind doch nie gestern. Wir sind immer wieder nur heuite. Alles Andere ist Erinnerung.

So denn....

Moshe

Verfasst: 25.12.2007, 22:36
von Louisa
Also bin ich niemals blöd, sondern "WERDE" es allenfalls...

Verfasst: 25.12.2007, 22:54
von moshe.c
Bestimmt.

Verfasst: 27.12.2007, 11:10
von Ylvi
Hallo moshe,

diese beiden Gedichte gefallen mir sehr. Der Poet scheint mir sprachlich etwas ausgereifter. Aber sie greifen sehr schön ineinander. Willst du sie nicht im Kopfposting zueinanderstellen?
Aber im Wollen
ergießen sich die Leiden
sehnend ganz in mich,
Bezauberndes, atmend
Erkennendes in mich.

hier würde ich das doppelte "in mich" ev. überdenken.

Ich könnte hier auch lesen:
"Bezauberndes, atmend
erkenne ich

schließe den Mund"

Das "nehmlich" von nehmen? Das irritiert mich ein wenig.

Da sind anregende Gedanken in diesen beiden Gedichten.

liebe Grüße smile

Verfasst: 27.12.2007, 19:18
von moshe.c
Liebe smile!

Danke für deine Aufmerksamkeit.

Den zweiten Text stelle ich erstmal ins Kopfposting. Da hast du recht.

Vielleicht wird noch mehr. Es grummelt in mir.

Über das zweimalige 'in mich' hatte ich auch schon gebrütet.
Letztendlich sehe ich es aber als eine sich wiederholende Vertiefung der ersten Aussage.

Das 'nehmlich' sollte dich nicht irritieren, sondern es ist halt ein wenig Spiel mit der Sprache, wie ich es manchmal mache.

Mit bestem Gruß

Moshe