Trimm dich

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Klara
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Beitragvon Klara » 20.12.2007, 12:06

Prosa-Version:

Muskelkater

Ich hangle mich von Leichtigkeit zu Leichtigkeit, mit Muskelkater in den Armen, und dann steht da wieder einer, der so guckt, wie einer gucken muss, der mir etwas zu sagen hat, und ich lieb mich wieder einen heiseren Abend entlang, spiele mit Stunden, Minuten Scrabble (für jede Sekunde gibt's Punkte), greife tief in seine Träume, wie im Handumdrehn erfüllt, denn ich weiß: der Hase läuft, mit Ruß am Kinn und Muskelkater unterm Herz.


Zuerst:

Trimm-dich




Ich hangle mich
von Leichtigkeit zu Leichtigkeit
Mit Muskelkater in den Armen
lieb ich dich
einen heiseren Abend entlang
und spiele heißwangig
mit Stunden, Minuten
Scrabble: Für jede Sekunde
gibt's Punkte

Greife tief in deine Träume
wie im Handumdrehn
erfüllt, bald wissend
wie der Hase läuft:
dir leichten Fußes hinterher
mit Ruß am Kinn und
Muskelkater unterm Herz
Zuletzt geändert von Klara am 21.12.2007, 17:53, insgesamt 1-mal geändert.

Louisa

Beitragvon Louisa » 21.12.2007, 11:15

Guten Morgen!

Beim Titel bin ich erst einmal zurück geschreckt, weil es mich an dicke 68er denken ließ...

Aber ich sehe die Ironie mit einem blinden Auge ein, da mir der Anfang sehr zusagt:

Ich hangle mich
von Leichtigkeit zu Leichtigkeit
Mit Muskelkater in den Armen


"lieb ich Dich" würde ich weglassen, da ein Mensch, der "heißwangig" mit einem anderen spielt und sich von zitierten Leichtigkeiten zu Leichtigkeiten hangelt, entweder Marihuna geraucht hat oder nur verliebt sein kann.

"Scrabble" lässt mich schon wieder an dicke 68er denken :smile: , aber das wird mein Problem sein... Naja...ich weiß auch gar nicht wie Scrabble geht. Das ist doch das mit den gelegten Worten oder? Aber wieso dann mit Stunden und Minuten?
Du legst aus Stunden und Minuten... Tage? Die Zeit? *grübel* Ach... eine Sekunde wäre dann ein Wort, ja?

Aber dann spielst Du doch mit Sekunden und nicht mit Stunden und Minuten???

Also ich finde dieser Vergleich geht am Stock :smile: ...

Ich schmeiße mich auch nicht weg, wenn ich ihn lese :smile: ...Ich weiß ja nicht, ob das die Intention war.

"In die Träume greifen" findet bei mir wieder Anerkennung... obgleich ich diese (ja, ich weiß "absichtlich") eingestreuten "Floskeln" nicht ausstehen kann... Also ich meine dieses "wie im Handumdrehen"... Aber da werden mir die anderen Kritiker sicher wiedersprechen!
(Hehehe...die spielen wahrscheinlich auch Scrabble!)

"wie der Hase läuft" zähle ich ebenfalls unter "Floskeln, die ich nicht ausstehen kann"...

"leichten Fußes hinterher" (s.o.) und: Das wirkt etwas albern auf mich... Soll es vielleicht - Wie eine zarte Elfe...

Die letzten zwei Zeilen aber finde ich wieder sehr gelungen. Obgleich der Muskelkater ja schon einmal auftauchte. Tipp: Es gibt noch viel mehr Sportverletzungen! Ein Beispiel wäre ich gestern beim Schwimmen: WADENKRAMPF :smile: ! Klingt das nicht poetisch?

"Ruß am Kinn" finde ich super!

Also ich verabschiede mich mit gemischten Gefühlen und weihnachtlichen Grüßen!
l

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 21.12.2007, 11:53

Liebe Klara,

für mich legt hier die Metapher dem Inhalt des Textes eine Schnur um den Hals, er kann nicht atmen, sich nicht winden, das Wortfeld: Trimm dich, Muskelkater etc. hebt sich für mich nicht in erlebte Wahrheit, ich spüre zu sehr, wie es ausgewählt wurde, um etwas zu zeigen, aber weil man eben dieses spürt, herrscht es zu sehr vor.
Dann zudem der plötzliche Wechsel zum gesellschaftsspiel (scrabble), obwohl es noch dieselbe Aussage ist, und noch der Wechsel in sprichwortphrasenbrüche (was mir schon besser egfällt, aber wieder völliger Stilbruch, dann erst kommt die eigene Sprache durch - die Bilder herrschen zu "materiell" vor für mich - so wie es auch bei manchen Gedichten von Perry bemängle: da ist eine Rahmen gefunden, aber der Rahmen ist das einzige vom Bild.

Dann gibt es für mich noch einige sprachliche Ausdrücke, die in dieser lyrischen Nische auf mich schwächend wirken:

"heißwangig" und "bald wissend", auch der Genitiv "leichten Fußes" wird dann eingefärbt und färbt selber schwächend ab.

Für mich ist das noch kein einheitlicher Text, auch rhythmisch nicht, was mir nur auf metakritischer Ebene auffällt und nicht als textabsicht für die Wirkun nutzbar gemacht werden kann.

Dabei gibt es einige Wendungen, die stark sind, wenn man sie für sich anschaut:



einen heiseren Abend

Greife tief in deine Träume
wie im Handumdrehn
erfüllt,


mit Ruß am Kinn und
Muskelkater unterm Herz



Nur können die für mich im Textganzen noch nicht wirken.

Für mich hat dieser Text noch nicht seine Form gefunden...

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 21.12.2007, 12:34

Hallo Klara,

Trimm-dich Übungen (im Bett?) in Verbindung mit Liebe finde ich schwierig, als ernsthaftes Bild umzusetzen.

"lieb ich dich
einen heiseren Abend entlang"
Das mag ich sehr. Allerdings nicht im Trimm-dich Kontext.

Ich frage mich auch, wo dieser Ruß herkommt, und was er für das Gedicht aussagen soll. Und warum ist der Muskelkater unterm Herz und nicht im Herz?

liebe Grüße smile

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 21.12.2007, 12:52

Liebe smile,

zu deiner letzten Frage: das Herz kann keinen Schmerz empfinden, es ist ein Muskel der nie ermüdet. Darum darunter - weil eben "trotzdem", so meine Lesart.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Klara
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Beitragvon Klara » 21.12.2007, 15:52

Hallo zusammen,

danke fürs Lesen .-)

Erstmal Louisa:

"lieb ich Dich" würde ich weglassen, da ein Mensch, der "heißwangig" mit einem anderen spielt und sich von zitierten Leichtigkeiten zu Leichtigkeiten hangelt, entweder Marihuna geraucht hat oder nur verliebt sein kann.

Nein, es gibt noch tausend andere mögliche Gründe für heiße Wangen - außer Verliebtheit und Marihuana, zum Beispiel: Scham, überheizte Räume, hohe Konzentration während der Lösung einer komplizierten Aufgabe, Jonglieren, Sport... ,-)
Außerdem heißt es "ich lieb dich den Abend entlang". Da soll mit anklingen "ich lieb mich den Abend entlang", soll heißen: Liebe, aber keine Verliebtheit, und auch nur einen Abend. Vielleicht muss man für diese Vorstellung entweder ein paar Jahre mehr auf dem Buckel haben oder moralisch weniger einwandfrei sein als du ,-)
"Scrabble" lässt mich schon wieder an dicke 68er denken smile , aber das wird mein Problem sein... Naja...ich weiß auch gar nicht wie Scrabble geht. Das ist doch das mit den gelegten Worten oder? Aber wieso dann mit Stunden und Minuten?
Du legst aus Stunden und Minuten... Tage? Die Zeit? *grübel* Ach... eine Sekunde wäre dann ein Wort, ja?

Aber dann spielst Du doch mit Sekunden und nicht mit Stunden und Minuten???

Scrabble spielt man mit Worten, es geht aber auch mit Zeiteinheiten - versuchs mal. Da kommen irre neue Wörter (und Zeiten!) bei raus ,-)

Also ich finde dieser Vergleich geht am Stock smile ...

Ich schmeiße mich auch nicht weg, wenn ich ihn lese smile ...Ich weiß ja nicht, ob das die Intention war.

Da steh ich grad auf dem Schlauch: wegschmeißen? Was meinst du?
Die letzten zwei Zeilen aber finde ich wieder sehr gelungen. Obgleich der Muskelkater ja schon einmal auftauchte. Tipp: Es gibt noch viel mehr Sportverletzungen! Ein Beispiel wäre ich gestern beim Schwimmen: WADENKRAMPF smile ! Klingt das nicht poetisch?

Sehr poetisch. Aber unpassend. Es geht um Muskelkater, und deshalb taucht er zweimal auf.
Dir auch ein frohes Fest, Lou-isa!

Und nun weg mit dem o und dem u - auf zu Lisa:

Ich verstehe deine Bedenken. Ich habe an diesem Text noch sozusagen life rumgebastelt und bin wohl noch nicht ganz fertig damit.
für mich legt hier die Metapher dem Inhalt des Textes eine Schnur um den Hals, er kann nicht atmen, sich nicht winden, das Wortfeld: Trimm dich, Muskelkater etc. hebt sich für mich nicht in erlebte Wahrheit, ich spüre zu sehr, wie es ausgewählt wurde, um etwas zu zeigen, aber weil man eben dieses spürt, herrscht es zu sehr vor
.
Naja, etwas zeigen ist gar nicht so sehr der Punkt. Eher das Anstrengende am anstrengenden Leben. Wenn man zu viele Gefühle hat und zu viel Körper spürt, um still und brav sitzen zu bleiben. Dann muss man sich trimmen, um fit zu werden, und um die Unruhe loszuwerden, die in den Beinen kribbelt.

Scrabble ist ein Gesellschaftsspiel - genau! Und Trimm-dich ist eine Fitness-Übung, die den ganzen Körper fordert. Wie bringt man das zusammen? In ein noch nicht gelungenes Gedicht! ;-)

Für mich ist das noch kein einheitlicher Text, auch rhythmisch nicht, was mir nur auf metakritischer Ebene auffällt und nicht als textabsicht für die Wirkun nutzbar gemacht werden kann. (...] Für mich hat dieser Text noch nicht seine Form gefunden...

Wahrscheinlich hast du Recht. Ich muss mal schauen, was ich draus mache.

Hallo smile

Trimm-dich Übungen (im Bett?) in Verbindung mit Liebe finde ich schwierig, als ernsthaftes Bild umzusetzen.

Auf keinen Fall im Bett! Man spielt doch Gesellschaftsspiele am Tisch und erhobenen Hauptes, oder? "Liebe" musst du nicht so eins-zu-eins lesen. Ich liebe es zum Beispiel, Zeit zu stehlen, und ich liebe einen Menschen, den ich kaum kenne, für eine Sekunde. Liebe ist für mich alles Mögliche, das ich intensiv und zugewandt fühle.

Ich frage mich auch, wo dieser Ruß herkommt, und was er für das Gedicht aussagen soll.

Vielleicht kommt der Ruß von einem Feuer, in dem man sich die Finger verbrennt?
Und warum ist der Muskelkater unterm Herz und nicht im Herz?

Weil das Herz nicht betroffen ist. Das Herz funktioniert einwandfrei und braucht nicht getrimmt werden.

Dank euch sehr fürs aufmerksame Lesen! Mir scheint, das Textchen ist noch nicht fertig, so ein Ärger ,-)
Klara

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Beitragvon Klara » 21.12.2007, 17:53

Hab mal eine Prosa-Version probiert. Steht oben

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 21.12.2007, 18:08

Klingt sehr poetisch, diese Prosa-Version. Das ist der Beweis: Zeilenumbrüche sind nur Placebos.

Louisa

Beitragvon Louisa » 21.12.2007, 18:30

Einen feucht-fröhlichen Freitagabend liebe Klara!

Also ich persönlich, ich als personifizierte Unmoral :smile: ... finde die Scrabble-Metapher eigenartig, da Du vorgibst mit "Stunden und Minuten" zu spielen, aber ja eigentlich mit "Sekunden" spielst-

Wenn man es überträgt, wäre doch eine Sekunde ein Scrabble-Buchstabe und eine Minute vielleicht ein Scrabble-Wort. Was aber bringt Dir das eigentlich :smile: ?
Was soll das Bild denn aussagen? Das die Zeit des Nachts als Gesellschaftsspiel fungiert?

Ich brauche jedenfalls zu lange, um das herauszulesen :smile: !!!

Also ich würde es für ein anderes Werk verwenden. Alte Damen zum Beispiel, die ihre letzten Minuten am KAffeetisch aneinander legen, damit sich eine Todesstunde ergibt :pfeifen: ...

Schöne Idee jedenfalls!

Außerdem heißt es "ich lieb dich den Abend entlang". Da soll mit anklingen "ich lieb mich den Abend entlang", soll heißen: Liebe, aber keine Verliebtheit, und auch nur einen Abend. Vielleicht muss man für diese Vorstellung entweder ein paar Jahre mehr auf dem Buckel haben oder moralisch weniger einwandfrei sein als du ,-)


Wir waren wohl noch nie zusammen aus :smile: .

Ich hoffe auf bald!

Bonsoir,
l

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 21.12.2007, 19:10

Hallo Klara,

wollen die Prosaversion und das Gedicht das gleiche sagen?

und dann steht da wieder einer, der so guckt, wie einer gucken muss, der mir etwas zu sagen hat,

Das hab ich doch schonmal gelesen, aber wo, ich finde es nicht mehr. :lupe: Auf jeden Fall ist das gut.

Wirklich verstehen tu ich die Prosaversion auch nicht. Weder das Scrabblespielen noch den Hasen. :confused:

liebe Grüße smile

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 23.12.2007, 18:36

Liebe Klara,

die Prosaversion sagt mir - seltsamerweise (da ja kaum Änderungen) - sehr zu. Das Scrabble würde ich allerdings aus diesem Text wirklich entführen und für einen anderen aufbewahren und in diesem Text etwas anderes wählen, etwas, was in den sonstigen Bildern (Muskelkater, Häschen) bleibt, ich weiß so auch nicht "wo das herkommt". Das "wie der Hase läuft" finde ich übrigens besser, ich würd erst danach den Doppelpunkt setzen.


Trotzdem - hat für mich eindeutig an Kraft gewonnen, so.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
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