Straßenidyll

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Caty

Beitragvon Caty » 02.12.2007, 06:14

Straßenidyll

Graue Vögel auf den Dächern
Parlieren Glissando während
An der Ampel rauweiße Rücklichter
Aufflammen in Bremsröte.
Im Parkteich ruhlos eine Stockente
Fern die schöne Weide in herbstlichem Dunst.
Männer lungern am Imbissstand.
Krähen und Spatzen stürzen sich
Kühn auf die Reste. Es riecht
Nach Senf und scharfem November.
Zuletzt geändert von Caty am 15.12.2007, 14:58, insgesamt 1-mal geändert.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 14.12.2007, 21:27

Ne Frage:

Aufgrund deines Textes hier fällt mir auf, daß ich noch nie Krähen auf Dächern gesehen habe.

Das kannst du natürlich auch metaphorisch meinen.

Ist halt nur ne Frage.

Moshe

Caty

Beitragvon Caty » 15.12.2007, 05:58

Moshe, dasselbe: Was soll ich darauf antworten? Mich faszinieren Krähen, ich achte auf sie, wenn ich durch die Straßen gehe. Oft, wenn ich sie so sehe, bleibe ich stehen und sehe zu, wie sie miteinander "reden". Dieses Hinsehen, das ist es doch, das immer wieder Anregungen gibt. Caty

Niko

Beitragvon Niko » 15.12.2007, 10:51

hallo caty!
dein straßenidyll will etwas, was es nicht mit konsequenz beibehält: eine szenerie beschreiben. mit attributen wie "kühn", "ruhelos" und "voll Kummer" legst du eine wertung in den text. allen lebewesen sprichst du ein attribut zu. seltsamer weise tust du das bei deinen erklärten lieblingsviechern nicht. das verwirrt dann und ich kann nicht erkennen, ob und was du damit bezweckst. weil es keine "gesetzmäßigkeit" gibt diesbezüglich.
natürlich gibt es krähen auf dächern, moshe! warum sollten krähen nicht auf dächern sitzen? krähen sind äußerst pfiffige vögel und sehr gelehrig. und natürlich stehen sie auf grund ihrer federkleidfarbe und des monoton krächzenden "gesanges" oft in der literatur in verbindung mit einsamkeit, melancholie, tod und verderben. in den liederzyklen schuberts sind krähen in vielen liedern zu finden. gerade die romantik hat dem armen viecherl arg zugesetzt in dieser beziehung. von daher, caty, kommen mir krähen in gedichten immer als dick aufgetragen vor. aber was will man und du machen, wenn du solch eine große faszination verspürst und sie meinst, umsetzen zu müssen...
nur geht es vielleicht manchem - wie mir zb. - so, dass krähen etwas ähnliches bewirken wie alle anderen viel benutzten (überstrapazierten?) bilder in der lyrik: es überfrachtet das gesamte werk und schiebt alles restliche in den unverdienten hintergrund...

lieben gruß: Niko

Caty

Beitragvon Caty » 15.12.2007, 11:50

Worum geht es dir, Niko? Selbstverständlich hast du recht, Krähen treten sowohl in der Literatur als auch in der Musik als auch in der Malerei auf. Soll man sie deshalb ignorieren, weil schon ein anderer sie genannt hat?
Du hättest recht, wenn es dir um Klischees ginge, und zwar sowohl um sprachliche als auch zu vordergründig handwerkliche, die soll man natürlich nicht benutzen. (Was aber wäre Dalí ohne seine zerlaufenden Uhren?) Dass du persönlich damit nicht klarkommst - tut mir leid, Niko, ich kanns nicht ändern. Und wer schreibt mir eigentlich vor, ob und wem ich irgendwelche Eigenschaften zuordnen muss? Ich muss absolut nichts, wenn ich etwas tue, dann nur, weil ich es für angebracht halte. Für mich, Niko, ist diese Art Kommentar keine Textarbeit, sondern eher ein Herumkritteln, es wimmelt gerade im ersten Absatz von nichtbewiesenen Behauptungen - entschuldige bitte, dass ich es dir so unverblümt schreibe. In jedem Fall ist für mich Textarbeit etwas anderes. Schön wäre es ja gewesen, du würdest auf die anderen Bilder und Metaphern eingehen. Ich hoffe, ich habe dir nicht wieder mal auf die Füße getreten und du beschließt erneut Caty-Abstinenz. Falls du deinen Kommentar aber anders gemeint hast, als ich ihn zwangsläufig auffassen muss, erkläre dich doch bitte näher, damit ich dich auch richtig verstehe. Für deine Krähenallergie fühle ich mich allerdings nicht zuständig. Caty

Niko

Beitragvon Niko » 15.12.2007, 13:58

ich habe dalis zerlaufene uhren außer auf irgendwelchen verkitschten reproduktionen nirgendwo bei anderen künstlern entdeckt, oder denen, die sich dafür halten. zerlaufene uhren sind dali. und unwiderruflich mit ihm verbunden. so wie die krähen unwiederruflich assoziatinen auslösen, wie ich sie oben erwähnte. und das, weil sie diese zugedacht bekamen. als vogel der hexen auf der schulter sitzt, als mystisches etwas, als unheil - und todbringer. so ist es nun mal. und die literatur hat sich den krähenvogel ja nicht aus der luft gegriffen. die schwarze farbe, das monotone gekrächze haben seit urzeiten den krähenvogel schon in diese richtung gedrängt.
Schön wäre es ja gewesen, du würdest auf die anderen Bilder und Metaphern eingehen.

vielleicht machst du mal ne liste, wo du minuntiös aufschreibst, wozu man denn was schreiben sollte und wozu nicht, caty.
das würde einigen ärger ersparen. ich habe versucht mit meinem kommentar(und auch anderen davor) , "unser" "verhältnis" ein wenig zu entspannen. schade, dass du das so nicht wahrnimmst. ich verstehe auch nicht ganz, warum ich für dich so ein rotes tuch bin. kann man denn nicht einfach mal beim text bleiben? ich habe das mit ausschweifungen getan. bin kein literaturwissenschaftler und kann nur eindrücke wiedergeben und das, was mir auffällt. wenn das natürlich unter deinem niveau ist, dann ist das - ja....schade.
lieben gruß: Niko

Gast

Beitragvon Gast » 15.12.2007, 13:58

Liebe Caty,

mir gefällt die Winterimpression aus der Großstadt.
Und das nicht nur, weil ich Krähen auch außerordentlich interessant finde und sie mag (obwohl ich sie in einem eigenem Text als Symbole negativ besetzt habe).
"Parlieren Glissando", darauf muss man erst mal kommen, das ist toll!
Auch dass die Bremslichter in "Bremsröte" aufleuchten. Die „Weide voller Kummer“ ist zwar nicht neu, zugegeben, aber sie passt und ist zusammen mit der Stockente stark.
Was nicht so schön in meinen Ohren klingt, dass sich in dem relativ kurzen Text, das Wort Krähen wiederholt (Nebelkrähe und Krähen)

Natürlich kann man den Text auch schnell abtun und sagen, na ja, bis auf die beiden Metaphern nichts Neues, aber ich denke, da würde man ihm Unrecht tun, zumal er wieder einen tollen Schlusssatz hat … der scharfe November ist klasse und lenkt die Gedanken vielleicht auf eine scharfe Liebe in der warmen Stube. ;-)

Deine Beobachtung, so man sich auf die einlässt vermittelt mir ein ganz starkes Gefühl von Einsamkeit unter Menschen, trotz meiner Interpretation des Schlusssatzes.
Rundum ist Leben in den Straßen, es sind Menschen unterwegs in Autos, Menschen stehen herum und essen, in der Stadt ansässige Vögel bringen Bewegung herein. Dennoch trägt dein Gedicht eine Stimmung wintermüder Einsamkeit an mich heran, und darüber hinaus regt es natürlich an über unsere Gesellschaft nachzudenken...
Auch die Frage, warum die Krähen heutzutage in die Städte kommen müssen, könnte sich anschließen.

Liebe Grüße
Gerda

Gast

Beitragvon Gast » 15.12.2007, 14:04

Lieber Niko,

in welcher Beziehung stehen denn Dalis zerlaufenen Uhren mit Catys Text?
Oder hat es eine andere Bedeutung?
Also Catys Krähen wollen doch gar nicht einzigartig sein, deswegen versteh ich nicht, warum du diesen Vergleich heranziehst und auf den Krähen herumhackst. ;-)

Liebe Grüße
Gerda

Caty

Beitragvon Caty » 15.12.2007, 14:37

Gut, Niko, wenn du nicht anders kannst, muss ich es eben akzeptieren.
Aber nicht nur du hast deine empfindlichen Seiten. Ich auch. Gut, begraben, drei Kreuze. Ich möchte aber doch noch etwas dazu sagen: Was mich an deinen Kommentaren stört, ist das, wie ich es nenne, Herumkritteln, dass eben nichts wirklich Aussagefähiges kommt. Wenn ich Scheiße schreibe, weiß ich das selbst ganz gut, und solch einen Text stelle ich auch nicht ein, sondern geh hemmungslos auf Entf. Im allgemeinen kann ich schon einschätzen, ob ein Text es wert ist, unter die Leute gebracht zu werden oder nicht. Du kannst davon ausgehen, dass jedes Wort in meinen Gedichten geprüft ist. Und wenn ich z. B. die Vogelwelt der Großstadt thematisiere, habe ich mir hundertprozentig was dabei gedacht. Ich bin ja auch gern bereit, auf spezielle Fragen einzugehen, aber es macht müde, glaub es mir, wenn man eine Sache zum soundsovielten Male erläutern soll. Denn man hofft ja immer, verstanden zu werden, es mit genügend sensibilisierten Lesern zu tun zu haben, die selbst schreiben und mit den Klippen und Tücken des Schreibens vertraut sind. Natürlich bedeutet es immer einen Stolperstein in den freundschaftlichen Beziehungen, wenn man sich guten Gewissens eben nicht nur lobend über einen Text aussprechen kann. Ich habe es mir zur Pflicht gemacht, Dinge, die ich anders sehe als der Schreiber, auch zu begründen, sodass er nachvollziehen kann, warum ich eine Verszeile für überarbeitungsbedürftig halte. Und, Niko, es können immer nur Vorschläge und Empfehlungen sein, niemand ist gezwungen, sie anzunehmen. Wenn wir uns darauf einigten, dürfte sich unser Verhältnis schlagartig verbessern. Und keine großen Gesten mehr, Niko, und keine Schläge unter Taillenhöhe. So nämlich habe ich deine Beziehung zu mir empfunden. Caty

Caty

Beitragvon Caty » 15.12.2007, 14:52

Liebe Gerda, zuallererst meinen allerherzlichsten Dank für den wirklich sehr auf den Text eingehenden Kommentar. Du hast recht, das hat mir selbst nicht so richtig gefallen mit den zweimal Krähen. Hm, mal sehen, was mir einfällt. Ansonsten schreibst du ja nur völlig Zutreffendes und Lobendes, und du weißt gar nicht, wie sehr ich mich freue, einen so freundlichen Kommentar erhalten zu haben. Ja, die Tristesse der spätherbstlichen Großstadt, die Einsamkeit des einzelnen in der Masse Mensch wollte ich aufzeigen, das war die Prämisse. Es freut mich, dass du den Text auch so verstanden hast. Caty


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