Struktur

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
moshe.c

Beitragvon moshe.c » 12.11.2007, 22:52

Struktur

Ein wenig
verbeuge ich mich,
damit ich in dem
Schatten stehe.

Ein wenig
flüstere ich mir,
damit ich in dem
Namen bleibe.

Wo war ich?

Ein wenig
esse ich mir,
damit ich in den
Formen bleibe.

Ein wenig
atme ich mir,
damit ich in den
Räumen bleibe.

Wann bin ich?
Zuletzt geändert von moshe.c am 13.11.2007, 18:50, insgesamt 2-mal geändert.

aram
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Beitragvon aram » 13.11.2007, 05:11

lieber moshe,

das gefällt mir, ich finde es sehr schön, schlicht und treffend gesagt.

der titel gefällt mir dabei nicht, er kommentiert zu sehr. (den bindestrich verstehe ich nicht)

den text selbst finde ich wunderbar.
there is a crack in everything, that's how the light gets in
l. cohen

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 13.11.2007, 08:55

Lieber Moshe,

Schön, wie das LyrIch so viel zu tun hat, um eine Struktur zu behalten. Über all dem Bemühen bleibt ihm keine Zeit zu sein. Das gefällt mir wirklich gut.

Lediglich das : wo war ich? finde ich unnötig, denn das "wann bin ich?" ist der Hammer und deckt auch das "wo" für mich ab.

Warum hast du Struktur geteilt?

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 13.11.2007, 16:31

Danke ihr zwei!

Den Bindestrich nehme ich natürlich raus. Eigentlich hatte ich was anderes im Sinn und so ist er schlicht ein zurückgebliebenes Überbleibsel (gewesen).

Lieber Aram!

Wenn du mir mal sagen könntest, was oder warum dir der Titel zuviel kommentiert, könnte ich dein Nichtgefallen verstehen. Ich habe mich da schon sehr zurückgehalten, denn ich hätte auch 'Seele' oder 'Körper' verwenden können, was mir dann zu spezifisch war.

Liebe ELsa!

Ich denke, ich verstehe deine Sichtweise, dennoch möchte ich nach der zweiten Strophe eine kleine Zäsur haben u.a. im Sinne: 'Wo war ich stehen geblieben?', die dann auch eine eine kleine Veränderung in den nächsten beiden Strophen zu Folge hat.

Einen guten Abend wünscht

Moshe

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 13.11.2007, 16:43

Lieber Moshe,

dann würde mir aber einleuchtender sein: Wer bin ich?

Lieben Gruß
Elsa
Schreiben ist atmen

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 13.11.2007, 17:31

Liebe ELsa!

Spontan: Nöh.

Warum denn?

Fragender Moshe

aram
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Beitragvon aram » 13.11.2007, 18:02

moshe.c hat geschrieben:Wenn du mir mal sagen könntest, was oder warum dir der Titel zuviel kommentiert, könnte ich dein Nichtgefallen verstehen. Ich habe mich da schon sehr zurückgehalten, denn ich hätte auch 'Seele' oder 'Körper' verwenden können, was mir dann zu spezifisch war.

lieber moshe, "struktur" finde ich passend. es geht um das "in not" - das ergibt sich aus dem text, als leser möchte ich das erspüren dürfen - d.h., es nicht gleich mit dem titel aufs auge gedrückt kriegen - so geht es mir halt. auch finde ich, dass die grenzen fließend sind, die not ist oft gut versteckt, und irgendwie finde ich das wort zu sehr durch einen betrachter von 'außen' geprägt. die stärkere wirkung entfaltet der text für mich, wenn der "finger da nicht (gleich) hinzeigt." d.h., "struktur" als titel gefiele mir gut. (für mich ist es einer der stärksten texte, die ich in letzter zeit gelesen habe)

liebe grüße

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 13.11.2007, 18:49

Aahhh, lieber Aram!

Nun ist bei mir der Apfel vom Birnbaum gefallen!

Jahhh, du hast recht.

Ich bin jetzt so unverschämt und übernehme deinen Vorschlag sofort.

:pfeifen: :pfeifen: :cool:

Moshe

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 13.11.2007, 20:47

Lieber Moshe

moshe.c hat geschrieben:Liebe ELsa!

Spontan: Nöh.
Warum denn?
Fragender Moshe


Weil es doch mehr mit der Grundfrage wer statt wo zu tun hat. Für mich
lese ist das heraus: Unsichtbar (im Schatten) flüstern (im Namen).

Aber es macht nichts, ist ja nur meine Lesart.

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

Maija

Beitragvon Maija » 15.11.2007, 09:00

Hallo moshe,

Sonderbar wie sich unsere Gedanken überlappen können. :rolleyes: Dieses Gedicht gefällt mir auch sehr gut und ich kann keine Kritik finden.

Hallo Elsa,

Ich habe gerade das Buch: "Das erste Licht" von Richard Preston gelesen und mich mit dem Wort Struktur beschäftigt.( Struktur: Dünne, durchsichtige Wolken, die sich wie ein Schleier über den Himmel ziehen. Schlechte Nachricht für Astronomen)
;-) Sorry, moshe!

Gruß, Maija

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 15.11.2007, 09:53

Hallo Moshe und Maija,

da das hier gerade ein Thema ist, möchte ich mal was zur Terminologie von 'Struktur' anmerken, da dieses Wort recht häufig etwas unscharf benutzt wird.

Ich zitiere mal Herrn Moholy-Nagy (Bauhaus):

struktur
die unveränderbare aufbauart des materialgefüges nennt man 'struktur'. jedes material besitzt also struktur; metalle z. b.: kristallinische, papier: faserige struktur

textur
die organisch entstandene abschlussfläche jeder struktur nach außen heißt 'textur' (epidermis, natürlich)

faktur
'faktur' ist die art und erscheinung, der sinnlich wahrnehmbare niederschlag (die einwirkung) des werkprozesses, der sich bei jeder bearbeitung am material zeigt. also die oberfläche des von außen her veränderten materials (epidermis, künstlich). diese äußere einwirkung kann sowohl elementar (durch natureinfluss), als auch mechanisch (durch maschine) erfolgen.

zur faktur muss noch die häufung gerechnet werden, die aber nicht durch synthese, sondern durch addition entsteht.

Insofern, Maija, sind Wolken eben nicht die Struktur des Himmels (weil Struktur immer etwas Inneres bezeichnet), sondern dessen Faktur, wobei der Übergang zur Häufung in diesem Beispiel fließend ist.

In Moshes Text wird 'Struktur' etwas weiter (abstrakter) gefasst als 'Innerer Aufbau, Gefüge' (auch unkörperlich). Nähme man es im engen Sinne, würde es den Zell- bzw. Molekularaufbau des Menschen bezeichnen.

Jetzt könnte man noch hinterfragen, ob das menschliche Wesen, was Moshe beschreibt, nicht eher einer Faktur unterliegt, will sagen, dass sowohl Hülle als auch Seele des Protagonisten einer "Bearbeitung" bzw. "Veränderung" unterliegen, die durch (gesellschaftliche) Umwelteinflüsse körperlicher wie geistiger Natur entstanden ist. Hier muss ich aber abgeben an das Fachpersonal aus der Philo-Abteilung.

Tom
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

Maija

Beitragvon Maija » 15.11.2007, 10:30

würde es den Zell- bzw. Molekularaufbau des Menschen bezeichnen


Ich kann dies oft nicht so trennen, lieber Tom, da ja doch alles irgendwie zusammen gehört. Dabei wären wir wieder beim Begriff: Bewusstsein und Erkenntnis und die Struktur - also die Sicht oder der Blick - dünne durchsichtige Wolken, also nicht nur schlechte Sicht für Astronomen, sondern schlechte Sicht für den Menschen.
Langes und schwieriges Thema, ich weiß und moshe hat es angeschnitten.

Gruß, maija

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 18.11.2007, 15:10

Lieber Tom!

Da sagst du von dir selbst, du könntest im Bereich Lyrik nichts Gescheites beitragen. (Deine Struktur? :eek: ) Dabei zitierst du doch hier eine ganz interessante, wenn auch sehr materielle Sichtweise, ziehst aber weiter gute Schlußfolgerungen.
Ohne jetzt hier eine lange Debatte anfangen zu wollen, möchte ich anmerken, daß für mich die Struktur eines Menschen eine Körper-Seele-Geist-Umwelt-Einheit darstellt, also ein Konglomerat aus vier Faktoren zur Erscheinung bringt.
Und so eine, wenn auch bestimmte Mischung, wollte ich hier beschreiben.

So long mit bestem Gruß, auch an Maija,

Moshe

aram
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Beitragvon aram » 18.11.2007, 15:25

lieber tom, ich denke, "struktur" bezeichnet 'inneren aufbau/ innere zusammensetzung', allgemeiner als auf material oder materielles bezogen.

lieber moshe, in meiner lesart bezieht sich der text weniger die auf struktur des 'menschen' insgesamt, als im speziellen auf sein ich. ich vermute, wir meinen trotzdem dasselbe (?)

- novembersonntagsgrüße


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