Hallo Chiquita,
dadurch, dass es in Deinem Gedicht Herbst ist und natürlich wegen des Titels, ist mir sofort Robert Gernhardt eingefallen:
http://p25359.typo3server.info/fileadmin/user_upload/Wirkung_Texte/PG-Robert_Gernhardt-Geh_aus_01.docDas hört sich natürlich gemein an: Aber wenn man schon ein Gedicht über einen Menschen auf dem Krankenbett schreibt, muss man sich damit messen und vergleichen lassen, denke ich...
Ich finde Deinen Titel gar nicht "zu laut", aber ich habe ein Problem damit, weil man im Text an sich gar nicht wirklich mitbekommt, dass da jemand an "Leberkrebs" leidet. Der könnte auch einfach faul oder erkältet sein. Ohne den Titel, wäre das ganze Gedicht viel blasser.
Ich finde dein Gedicht aber eigentlich ganz gut.
Das Licht schrillt in den Tag
ich wartete auf den Postboten
und bin überrascht
von den Buchstaben, die im Licht
gelb schreien
und rot
und braun
-Dieser ganze Abschnitt hat für mich keine besonders beeindruckende Note. Ich frage mich immer dabei: Gut, jetzt haben die Buchstaben viele Farben in verschiedenen Lichtverhältnissen und weiter??? Wohin führt mich das?
"noch grün im letzten Wimpernschlag"
Wieso im "letzten" ?
"Der Tod verstaucht sich die Hand an einem Mittwoch"
finde ich interessant. Man könnte das Bild aber ebenso noch weiter führen. Heißt das: "Heute werde ich noch verschont vor seiner "kalten Hand"?"
Mittwoch ist Herbst
Morgen ist Mittwoch
Nein, auch die folgenden Tage ist Mittwoch
und heute
Das ist schon arg viel Mittwoch auf einmal

! Aber nicht übel.
ich wartete auf den Postboten
Hier wieder dasselbe: ich finde dieses "Warten auf den Postboten", obgleich es unglaublich abgenutzt ist, ganz gut. Aber ich wünsche mir, dass dieses Bild weiter erzählt würde. Was ist denn mit dem Postboten? Wozu soll er denn kommen? Was soll er denn bringen? - Das kann ja ganz irreal sein. Aber ich denke, beide, der Kranke und der Postbote würden durch mehr Details besser vor meinen Augen erscheinen.
vergraben wie ein Maulwurf
mit kalter Nasenspitze
finde ich wie Smile ganz gut.
Die Gelenke meiner Finger sind alte Augen
um sie zu wärmen, lege ich sie
ins Licht
Das ist für mich der Höhepunkt des Gedichtes! Das ist ganz fantastisch!
WEIL : Du hast ein Bild fortgeführt

!!! Juhu! Du hast zuerst gesagt: "Die Fingergelenke sind alte Augen" - Das ist schon einmal ein Bild! - Dann tust Du etwas mit den Fingern und man kann es ebenso auf die Augen beziehen.
Wobei mir dabei auffällt: Ich würde eher schreiben:
"Die Gelenke meiner Finger sind alte Augen,
damit sie sehen, lege ich sie
ins warme Licht."
Jedenfalls solltest Du im Augenbild bleiben. Aber Du hast das Bild ja schon beinahe über zwei Zeilen ausgehalten

...
zusammen mit dem Fieber in mir
Das Fieber legst Du ins Licht, damit es wärmer wird??????????
wer nicht kam
war der Postbote
Mm...ist das nicht reichlich unspektakulär? Wenn Du etwas mehr zu diesem Postboten gedichtet hättest, würde ich vielleicht denken: "Mannomann! ER KAM NICHT!"
Aber so: Tja. So ist das. Der Satz ist jetzt auch nicht gerade so aufregend, dass ich tausend zweite Ebenen und doppelte Böden darin vermuten würde.
Aber es ist ein wichtiges und gutes Thema für Gedichte. Bis jetzt gefällt mir Gernhardts Version aber noch besser. Man müsste sich fragen weshalb, denn ich denke, Du kannst das mindestens genauso gut.
Beste Grüße,
l