Nackt

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Gast

Beitragvon Gast » 08.09.2007, 10:23

Nackt von Caty

Hautlos trete ich aus der Finsternis
Schwer bin ich dem Durst
Dem Blut aus tausend Tagen.

Ich bin die Ruferin der Nachteulen
Mich jagt ein blinder Gedanke
Ich bin der Tanz auf dem Hügel.

Nichts kann mich erschrecken
Ich weiche den Nachtmahren nicht
Kein Hofhund bringt mich zum Laufen.

Meine Haut der offene Nervenstrang
Unstillbar mein Durst
Nach deiner liebenden Geste.

(caty)

Durch das versehentliche Löschen des Textes, liebe Caty, bekommen wir den Text derzeit nicht unter deinem Avatar gepostet.
Pandora und ich bitten diese Panne zu entschuldigen.



Hallo Caty,

ich denke, da muss das Lyrich aber jemanden finden, der furchtlos ist, um die liebende Hand nach ihm auszustrecken ...
Das Lyrich hat nur eine einzige Schwäche, das ist die Sehnsucht nach der Berührung durch das Du.
Wobei ich nicht sagen möchte, dass mir der Text missfällt, nur beim Hofhund, da ist für mich die Freude getrübt ... bekomme ich Gänsehaut, jene, die vom Grauen und der Angst, herrührt, nicht jene vor Lust ...
Aber das siehst du wahrscheinlich anders, sonst hättest du den Hofhund als Metapher nicht gwählt.

Vielleicht sind es gerade Mut und Unverletzbarkeit, die das Lyrich für das Du anziehend machen und die Chancen des Lyrichs auf die Erfüllung des Wunsches erhöhen.

Erklär mir einer die Abgründe der Liebe ...

Samstagsgruß
Gerda
Zuletzt geändert von Gast am 10.09.2007, 10:32, insgesamt 3-mal geändert.

Caty

Beitragvon Caty » 08.09.2007, 19:12

Ja, Gerda, ich geh immer aufs Ganze, riskant, riskant. Aber wer nichts wagt, der nichts gewinnt.
Ich habe dieses Gedicht unter dem Blickwinkel der Leidenschaft geschrieben, wie furchtlos und wie verletzlich man gerade in den leidenschaftlichsten Momenten ist. Kannst du das herauslesen?
Caty

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 09.09.2007, 05:40

Ich riskiere einen Kommentar: Dieses Gedicht empfinde ich als vollkommen authentisch. Wissend, welche Tendenz von Charaktere dieses Stück geschrieben hat, aber auch aufgrund der Ausdrucksweise selbst, glaube ich sofort jedes Wort; das Bild steht in meinem Kopf da wie eine Eins. Mittig, glasklar, zielstrebig; was wohl zusätzlich den diesmal nicht ungeraden Zeilenumbrüchen zu verdanken ist. Nun wird nicht mehr auf kleiner Flamme mit Hexenkräutern geköchelt, jetzt geht's ohne Umwege leidenschaftlich zur Sache. So mein Eindruck.

Gefällt mir gut. Es klingt für mich wie guter direkter knallender Hardrock.


Salve

Pjotr

Caty

Beitragvon Caty » 09.09.2007, 06:46

Schön, dass dir das Gedicht gefällt, Pjotr. Jaja, die Hexen, wenn sie erst mal aus sich herauskommen - fürchte sich, wer kann. Aber ich bin perplex: Da hab ich ein Hardrockgedicht geschrieben und weiß es nicht. Ich bin jetzt wieder am Hexenkräuterköcheln und so gesehen würde ich sagen, es handelt sich um expressionistisches Gedicht. Aber ob dies, ob jenes, mir ist das völlig wurscht. Raus isses. Caty

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 09.09.2007, 08:50

Sowohl jenes als auch dieses sind doch eigentlich ohnehin expressionistisch, finde ich. Jimi Hendrix etwa war für mich einer der größten Expressionisten. Diese direkte verblüffende Impulsivität kann nicht konstruiert werden, sie kann nur explodiert werden. Sie bläst einen weg, dass es eine Freude ist ... es ist wie das Maulaufreissen gegen den reißenden Fahrtwind, bei Windstärke 22, dieses herrliche Gefühl, wenn die Lunge auf einen Schlag mit herrlich duftendem Sauerstoff aufgeknallt wird. Jetzt weiche ich vom Thema ab. Ja, jedenfalls ist das wurscht. Sehe ich auch so.

Pjotr

Caty

Beitragvon Caty » 09.09.2007, 08:58

Ja, Pjotr, irgendwie ist es das, eine Explosion. Caty

pandora

Beitragvon pandora » 09.09.2007, 10:29

liebe caty,

wieder eines deiner gedichte, das ich als sehr gelungen und "fertig" empfinde. der text nimmt mich mit in seine bilder. eine explosion findet für mich nicht statt. es ist eher so, dass das lyrICH zerfällt in mehrere bildscherben, die ich im letzten vers als leser leicht wieder zusammensetzen kann. hinter diesem zerbrechen (dieser temporären auflösung) sehe ich keine wucht, jedenfalls nicht vordergründig, eher ein ruhiges ganzsichersein. das lyrICH konstatiert. gelassen, möchte ich fast schreiben.

vielleicht magst du noch einmal etwas zu vers zwei sagen. "schwer bin ich dem durst..." - das kann ich nur schlecht entschlüsseln. was ist damit gemeint? der durst taucht in der letzten strophe wieder auf...

lg
p

Gast

Beitragvon Gast » 09.09.2007, 12:43

Hallo Caty,

du hast mich gefragt, ob ich die Furchtlosigkeit und Verletzlichkeit des Lyrich herauslesen könne.
Abgesehen davon, das ich den Text im Moment nicht lesen kann - pandora berichtete mir von der Panne - wir hoffen auf die Hilfe der Administration, damit dein Text wieder hier im Kopf präsent ist -,versuche ich aus der Erinnerung zu antworeten.
Nein, die Verletzlichkeit lese ich nicht, obwohl es heißt : "hautlos" - später "offen der Nervenstrang" - mir ist das dafür nicht zart genung.
Aber ich denke, dass der Text deine "Handschrift" trägt, also sehr viel vom Autorenich transportiert und deshalb versteckt sich die Sensibilität hinter markanten Begriffen, die ich nicht unmittelbar mit Verletztlichkeit in Zusammenhang bringen kann ... sehr wohl wissend, dass es so ist: Große Leidenschaft = Ohne Furcht aber sehr empfindsam,
Das Furchtlose beherrscht für mich den Text.

Liebe Grüße
Gerda

Caty

Beitragvon Caty » 10.09.2007, 07:33

Liebe Pandora,

naja. Vielleicht eine "gemäßigte" Explosion? Das Ich outet sich, und schon dieses Outen ist Rebellion, Explosion, selbstverständlich auch Sicherheit des Bewusstseins, dass eine Periode des Stillhaltens beendet ist. Aber das ist so eine Deutung unter vielen möglichen, ich selbst lege auf Deutungen nicht so sehr viel Wert. Ich halte auch nichts davon, wenn der Autor sein Gedicht "erklärt". Damit nimmt man dem Gedicht die "Seele", auch wenn sich das jetzt ein bisschen pathetisch anhört.

Was den "Durst" angeht, so ist es eine Metapher, die Sehnsucht, Wille, Vergangenes ausdrückt.
Der zweite "Durst" bezieht sich ganz auf das Du. Hier kommt die Verletzlichkeit zum Ausdruck, das Nichtalleinseinwollen, das Aufgewühltsein, Empfindlichkeit. Das Ich ist bloß. Aber das sind alles so Orakeleien, und ich bin der festen Meinung, dass man sich als Leser damit beschäftigen sollte, wenn man in das Gedicht eindringen will, das aber niemals der Autor tun sollte.

Ich weiß nicht, ob ich dir irgendwas "erklärt" habe, Pandora. Wenn ich einen Text aus der Hand gebe, gehört er nicht mehr mir, das habe ich oft festgestellt. Er führt dann sein eigenes Leben in den Köpfen der Leser. Ich selbst versuche ihn zu vergessen, die Periode, als ich mir was von der Seele geschrieben habe, ist für mich als Autorin vorbei. Befriedigt dich diese Antwort? Weiß nicht. Aber besser kann ich es im Moment nicht ausdrücken. Hoffentlich habe ich dich nicht "belehrt" (grins).

Liebe Grüße Caty

Caty

Beitragvon Caty » 10.09.2007, 07:58

Liebe Gerda,

Furcht, Furchtlosigkeit und Verletzlichkeit sind meiner Ansicht nach Drillinge, sie bedingen einander. Denn wovor sollte jemand Furcht haben, wenn er nicht verletzlich ist? Die Furchtlosigkeit erwächst aus dem Überwinden der Furcht, aus welchem Grunde auch immer. Es gibt keine Furchtlosigkeit per se, bei dem Begriff Furchtlosigkeit bleibt es nicht aus, dass man auch immer Furcht mitdenkt.
Die "Zartheit" übrigens überlasse ich gern anderen, die ihre Hosen mit Kneifzangen anziehen. In dem Gedicht geht es auch um Leidenschaft, nicht um Marzipanfiguren.

Liebe Grüße Caty

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 10.09.2007, 09:17

Hallo Caty,

Ich habe dieses Gedicht unter dem Blickwinkel der Leidenschaft geschrieben

Also bildlich funktioniert das bei mir nicht. Schon bei Hautlos, Blut und spätestens bei dem offenen Nervenstrang habe ich nur noch diese plastinierten Körper aus dieser seltsamen Körperweltenausstellung vor Augen.

liebe Grüße smile

Caty

Beitragvon Caty » 10.09.2007, 11:12

Smile, bei den von dir angeführten Wörtern handelt es sich um lyrische Metaphern. Ich habe es an dieser Stelle schon mehrmals geschrieben, jeder liest ein Gedicht mit seinen eigenen Erfahrungen. Dich hat offensichtlich diese Ausstellung so sehr beeindruckt, dass du von diesen Bilder nicht loskommst. Ich, zum Glück, kenne sie nur aus Presseveröffentlichungen. Diese Assoziationen habe ich also nicht. Caty

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 10.09.2007, 11:51

Hallo Caty,
auch wenn Worte als lyrische Metaphern verwendet werden, sollten sie als Bild funktionieren. (Ich habe diese Ausstellung auch nicht besucht.)
smile

Caty

Beitragvon Caty » 10.09.2007, 12:02

Ja, Smile, was soll ich denn da nun machen, wenn du die Bilder nicht siehst? Was bei dir nicht funktioniert, funktioniert eben bei anderen. So ist es nun mal, wenn man einen Text aus der Hand gibt. Ich schreibe meine Gedichte vor allem für mich, ich verstehe sie im Großen und Ganzen des öfteren (wenn auch nicht in jedem Fall). Tja. Caty


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