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Ein Sommermärchen
Verfasst: 27.08.2007, 08:07
von Caty
Ein Sommermärchen
Die Sonne stand im Löwen
Da fuhr ich ins schöne Hoffnungsland
Granatäpfel fand ich wenige
Und bis zum Halse ragten die Fluten
Faul waren die Früchte kein Eber
Wollt sie fressen verblüht war da
Der Jasmin ich war zu spät gekommen
Versiegt zum Rinnsal auch der Bach
An dem ich einst getrunken.
Es schlug dann noch im Haselbusch
ein Nachtigallenhahn und in der großen
Stadt wohl rochs nach abgestandnem Weinen.
Da reiste ich in die Nebelberge
Und wirklich flohen die Gespenster
Beim dritten Hahnenschrei.
Ach ihr Augen
Wenn auf den Holunderbüschen
Spuren ließen eure Blicke.
Verfasst: 27.08.2007, 10:18
von noel
ich mag die bilder
_flut,
aber ich bekomme sie
nicht nach
empfunden.
eber, jasmin tauchen sie
auf in einem bilde
wo befinde ich mich
an einem gesternguten ort
der jetzt verdorrt
nur mehr die verleugnung als schlechte geister (drei hahnenschreie)
vertreibt???
(Kein Titel)
Verfasst: 27.08.2007, 10:48
von Caty
Die Nebel flohen wie Gespenster beim dritten Hahnenschrei - das ist ein Anklang an die "Harzreise" von Heine. Natürlich hier als Metapher benutzt. Was das Empfinden angeht: Du sollst hier auch nichts "nachempfinden". Der "gesterngute Ort" (wie du es nennst, ich nenne es Hoffnungsland) ist für sich eine Metapher. Wobei ich mich auf keinen konkreten Ort beziehe. Etwas ist verlorengegangen, das Ich sieht es voll Schrecken - aber ich will das Gedicht nicht erklären, das führt zu nichts. Jeder Leser liest sein eigenes Gedicht. Hab Dank für deinen freundlichen Kommentar. Herzliche Grüße Caty
Verfasst: 27.08.2007, 10:56
von noel
ohhhh
es geht mir auch nicht
nie um das NACHEMPFINDEN
es liegt wohl an meiner bildspielerei
ich komme den bildernnicht nach
& damit nicht ins empfinden
so gemeint & doch nicht geschrieben
ich bin per se der meinung
dass niemand jemand nachempfinden kann
vielleicht verstehen
aber was ist verstehen
mehr denn ein lehen
an ein punkt
im leben eben
Verfasst: 27.08.2007, 13:12
von annette
Hallo Caty,
ich finde zum Teil schöne Bilder, die etwas anklingen lassen, aber es fügt sich bei mir nicht zusammen. Was ich damit meine, dass es für mich einzelne Szenen bleiben, verschiedene Stimmungen, an verschiedenen Orten, zu verschiedenen Zeiten, unverbunden.
Ich denke, es ist Absicht, dass sich so viele Symbole und zT disparate Eindrücke hier zusammen finden, aber ich bleibe mit Fragen zurück.
Die Sonne im Löwen ist der August. Erntezeit für Obst (Granatapfel) ist meist ab September, aber hier sind sie schon verfault. Und der Jasmin ist meist schon viel früher verblüht.
Ich will damit sagen, dass ich nicht weiß, ob der Text vom Hochsommer oder vom Herbst spricht, der blühende Jasmin holt mir sogar ein Stück Frühling dazu, aber den kann ich noch als die verlorene Zeit verstehen, die das Ich nicht wieder finden kann.
Ebenso verwirrt mich der Wasserstand: Und bis zum Halse ragten die Fluten – was ja auch zum faulen Obst passt, aber der Bach ist zum Rinnsal versiegt. Flut oder Trockenheit?
Es tauchen zwei Hähne auf, die wahrscheinlich verschiedene Hähne meinen, die für etwas ganz Verschiedenes stehen: der Nachtigallenhahn und der Hahn, der morgens schreit.
Beim dritten Hahnenschrei denke ich zuerst an Petrus’ Verrat, dann aber auch an Sagen und mythologische Geschichten (eher aus dem mittel- bis nordeuropäischem). Das passt atmosphärisch zu den Nebelbergen, bei denen mir Tolkien einfällt. Aber nicht zu den Granatäpfeln.
Es gibt auch zwei Büsche: Holunder und Hasel. Symbole? Beides klingt für mich nach Heimat, nach Geborgenheit.
Ich glaube, da Sehnsucht nach Sommer und Süden zu spüren (metaphorisch). Während das Ich nicht mal einen ertragreichen Herbst erleben darf?
Die letzte Strophe sehe ich das Ich anhand der Holunderbüsche wieder im Tal, zurück gekehrt von den Nebelbergen. Diese drei letzten Verse gefallen mir am besten. Eine schöne Vorstellung, dass etwas vom Betrachtet Werden Spuren tragen könnte.
Brauchst Du den Ausflug in die Nebelberge? Ich glaube zu verstehen, dass die Reise wichtig ist. Sie ist für das Ich heilend, es kann danach die falschen Hoffnungen ablegen. Aber die Nebelberge als Szenario und den dritten Hahnenschrei bekomme ich überhaupt nicht unter, auch nicht mit dem Hinweis auf Heine.
Einen konkreten Vorschlag hätte ich: Statt rochs nach abgestandnem Weinen würde ich sagen rochs nach abgestandnen Tränen.
Das war jetzt ein bisschen ungeordnet, aber es steckt eben einiges drin, dass ich nicht zu fassen bekomme.
Lieber Gruß - annette
Verfasst: 27.08.2007, 13:35
von annette
Noch weiter gedacht: Heine hast Du natürlich nicht nur über die Harzreise, sondern auch über den Titel drin. Also doch wichtiger, diese Intertextualität. (Komisch, aber Titel überlese ich immer wieder.)
Dann beabsichtigtest Du eine viel politischere Lesart, als ich bisher vermutete...
Gruß - annette
(Kein Titel)
Verfasst: 27.08.2007, 20:00
von Caty
Wenn man so will, Annette, ist es ein politisches Gedicht und ist es das nicht. Erklären kann ich es nicht, will ich ehrlich gesagt auch nicht, dabei kommt nichts als Unsinn heraus. Und dass die Granatäpfel erst im September reifen, aber schon im August faulen - das zeigt doch, dass etwas nicht in Ordnung ist. So ist vieles in diesem Gedicht gemeint. Es ist was faul im Staate Dänemark. (und Dänemark, das kann alles sein, das im argen liegt). Dieser Gedanke zieht sich durch das ganze Gedicht. Zu den Nebelbergen: Hier als das Paradies, der Ausweg gemeint. Die Anspielung mit dem dritten Hahnenschrei (Original: "Die Nebel wichen wie Gespenster beim dritten Hahnenschrei" - Anfang der "Harzreise") auf Heine hat schlicht Spaß gemacht, ich knüpfe schon mit dem Titel ganz bewusst ans Wintermärchen an, und da darf für mich der übrige Heine nicht fehlen, Jux und tiefere Bedeutung. Das Gedicht hat schon ein bisschen Zeit auf dem Buckel, ich habe es mal vorgekramt, weil es in einem anderem Forum zerratscht wurde, mich interessiert einfach, wie ein anderer Kreis es sieht. Zu deinem Vorschlag Tränen statt Weinen - nein, gefällt mir nicht so recht. Mir gefällt die Anspielung auf (abgestandenen) "Wein", aus dem ich flugs "Weinen" gemacht habe als Wortspiel. Nun ja, hab schon Besseres geschrieben.
Liebe Grüße Caty