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eiszapfen
Verfasst: 23.07.2007, 19:16
von Thomas Milser
eiszapfen
und am ende des winters
pflücke ich den funkelnden eiszapfen
vom überlauf meiner seelenregentonne
verpacke ihn sorgsam
in einem wattierten kraftnatron-umschlag
frankiere zur sicherheit doppelt
und sende ihn
mit dem aufkleber 'zerbrechlich'
an die anschrift deiner herzkammer
Verfasst: 23.07.2007, 20:50
von moshe.c
Ein Minnesänger, der nicht erhört wurde und immer noch keine Neue gefunden hat, um seine Wärme an die Frau zu bringen.
MlG
Moshe
Verfasst: 23.07.2007, 20:53
von Thomas Milser
Stimmt.
Verfasst: 23.07.2007, 21:02
von Herby
Hi Tom,
ein klassisches Thema in originellen Bildern - gefällt mir sehr gut, vor allem der "überlauf der seelenregentonne"!
Eine Anmerkung zur zweiten Strophe: mal abgesehen davon, dass ich nicht einmal den Hauch vom Schimmer einer Ahnung habe, was ein "kraftnatron-umschlag" ist

, hätte es hier ein einfacher wattierter Umschlag nicht auch getan?? Oder verbirgt sich hinter dem Kraftnatron etwa eine Schlüsselbedeutung für Dein Gedicht, die sich mir in meiner Unkenntnis des Wortes nicht erschließt?
Liebe Grüße
Herby
Verfasst: 23.07.2007, 21:18
von moshe.c
Früher reisten die Minnesänger von Burg zu Burg und sangen die jeweiligen Damen an. Irgenwann war es die Richtige.
Heute sitzen sie vor einer Burg und jammern.
Den Fehler habe ich auch lange gemacht.
Scheiße!
Aber letztendlich ließ ich kraftlos locker und wurde gerettet.
Moshe
Verfasst: 23.07.2007, 21:26
von Thomas Milser
@Herby:
Kraftnatron ist diese gelblich-ockerfarbene, sehr stabile Paier, aus dem früher noch alle Umschläge hergestellt wurden. Etwas altbacken, aber ich beziehe alles für mein Büro vobn einem Ökö-Versand, die haben keine gebleichte und labbrige Kacke. versuch mal, Kreaftnatron zu zerreißen. da musst du aber genau die Faser erwischen...
Komisch: Und ich dachte, gerade die Seelenregentone gäbe Stein des Anstosses wegen Überladung und Hyperlyrikerie. Eine alte Hahenkrankheit.
@Moshe:
hey, lang nix gehört von dir. "Aber letztendlich ließ ich kraftlos locker und wurde gerettet."
So isses auch bei mir, es ist nur ein alter Priosatext, den ich gerade auf Lyrikformat zusammengestaucht habe. Nix Akutes :o) Du kennst die Geschichte.
Tom
Verfasst: 23.07.2007, 21:44
von moshe.c
Na denn Tom, lass es dir so gut wie möglich gehen.
Besten Gruß
Moshe
Verfasst: 23.07.2007, 21:46
von leonie
Hi Tom,
um ehrlich zu sein, ich finde das fast ein bisschen viel mit der Seelenregentonne. Ich meine, es ginge ohne die Seele. Weil durch die Schlussstrophe doch eigentlich deutlich ist, dass es sich nicht um einen gewöhnlichen Eiszapfen und eine gewöhnliche Regentonne handelt. Da käme auch die Pointe noch verschärfter am Schluss raus. Und: In meinen Ohren klänge es auch noch schöner.
Liebe hypolyrische Grüße
leonie
Verfasst: 23.07.2007, 21:48
von Thomas Milser
Yep, Moshe,
dies alles geschieht aus beruhigender Distanz, lediglich im Hinblick auf Absahnen von Lyrikpreisen *hähä*, also etwas gänzlich Unsentimentalem.
Alles Gute, Gruß an Orit,
Tom
Verfasst: 23.07.2007, 21:52
von Thomas Milser
Hörste, Herby, was Leo schreibt? Recht hatt se... ich lass es trotzdem erstmal drin. Wenn man bedenkt, dass das hier vorher Prosa war, ist das schon arg reduziert...
Und so einen Ausrutscher ins Sentimentale/Überkandidelte erbitte ich vorerst zu verzeihen...
Es werden andere Zeiten kommen, wo ich sowas gänzlich rausnehmen werde...
harte Zeiten... :o)
Tom
Verfasst: 23.07.2007, 22:16
von Herby
Ja, Tom, ich hab's gehört bzw. gelesen und gebe leo in einem Punkt Recht: die Pointe am Schluss wäre stärker, ja.
Und zum Kraftnatron - nach Deiner Aufklärung bin ich umso mehr der Überzeugung, dass das "Zeug" überflüssig ist. Was spielt es für das Verständnis des Textes für eine Rolle, aus welchem
Material der Umschlag ist?! Dann hättest Du ebenso gut auch noch die Maße angeben können
Das Sentimentale, so es das denn überhaupt ist, stört mich hier nicht. Es ist doch eine - bisher selten gelesene - Facette Deines Schreibens. Warum gänzlich rausnehmen? Klingt ja fast so, als würdest Du es für Dich als Makel betrachten.
Aber gut, ein Jegliches hat seine Zeit ...
Abendgrüße
Herby
Verfasst: 23.07.2007, 22:22
von Thomas Milser
Oh Herby, ich bin ein Material-Fetischist!
ich sondere immer mehr Plastik, also Erdölprodukte ab, und erfreue mich an natürlichen Heimwerkzeugen aus nachwachsenden Freudenspendern. Hab mir neulich endlich Körperbürsten aus Holz bestellt. Früher war eh alles besser, da war alles aus Holz...
Tom..
Verfasst: 23.07.2007, 22:26
von Klara
Hallo Tom,
dafür sag ich dir jetzt endlich, dass das ein tolles Gedicht ist. Ohne Einzelheiten - und ganz ohne Zähneknirschen
Klara
Verfasst: 23.07.2007, 22:29
von Thomas Milser
Endlich? Das ist doch ganz neu eingestellt?!
Dankeschön... Hab dich auch lieb.... :o)
Tom.