vergeblich

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
scarlett

Beitragvon scarlett » 13.07.2007, 22:27

ich hisse für uns das sonnensegel
damit wir nicht zu schnell verglühn

insgeheim wünsch ich mir regen
in dem wir wachsend stehn
doch wohin soll dies wachsen führen?
der tag zu heiß die nacht zu laut

es wird ein großer sommer werden
mit feuersalamandern auf der haut

Erste Version

ich hisse für uns das sonnensegel
damit wir nicht zu schnell verglühn
(insgeheim aber wünsch ich mir regen
in dem wir wachsend stehn

doch wohin soll dies wachsen führen
der tag zu heiß die nacht zu laut)
es wird ein großer sommer werden
mit feuersalamandern auf der haut


scarlett, 2007

Änderungen aufgrund von Muckis HInweisen. Danke!
Zuletzt geändert von scarlett am 18.07.2007, 22:29, insgesamt 2-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 14.07.2007, 00:46

Liebe scarlett,

dein Gedicht enthält ausdrucksstarke Bilder und Metaphern.
Ich glaube, poetischer kann man einen vergeblichen Kinderwunsch nicht ausdrücken bzw. die Reflektion des LIs, ob beide reif genug dafür sind oder jemals sein werden (so interpretiere ich deine Zeilen).

Die Klammern und auch den Bindestrich halte ich für redundant. Da du das "doch" als Enjambement einsetzt, ist eigentlich der Absatz danach nicht richtig positioniert, hm? Du könntest das "doch" m.E. mit in die Zeile rübernehmen, also

in dem wir wachsend stehn
doch wohin soll dies wachsen führen --> Fragezeichen weg, so hast du keine Interpunktion im Gedicht.


Sehr gerne gelesen,-)
Saludos
Mucki

scarlett

Beitragvon scarlett » 14.07.2007, 10:34

Liebe Mucki,

erstmal dank ich dir, daß du das Gedicht nicht nur gelesen sondern auch was dazu gesagt hast.

Was die Klammer anbelangt und den Bindestrich - ja, ich denke, du könntest recht haben. Irgendwie weiß ich selber diesmal nicht, warum ich das so gesetzt habe, es gestaltete sich von selbst in dieser Art.

Das "doch" werde ich in die nächste Strophe rübernehmen, das macht an der Stelle so verloren und vereinzelt auch nicht richtig Sinn, ja, ich denke, so werd ichs machen.

Was du zur inhaltlichen Komponente schreibst, verblüfft mich - ich hätte gern gewußt, wie du auf die Idee bez. Kinderwunsch gekommen bist, wo du das herausliest, woran du das festmachst. Finde ich sehr interessant, weil daran hatte ich überhaupt nicht gedacht...

Staunende und faszinierte Grüße,

s.

Herby

Beitragvon Herby » 14.07.2007, 11:06

Hallo scarlett,

Muckis Deutung des Kinderwunsches hat mich auch überrascht. Ich glaube viel eher eine gewisse Ziel-, Orientierungslosigkeit, Ratlosigkeit zu lesen:

in dem wir wachsend stehn doch

wohin soll dies wachsen führen?


Mucki, hattest Du vielleicht noch Rebekkas Text "Sonnensegel" (s. Kurzprosa) im Kopf, in dem es um einen Kinderwunsch ging?

scarlett, Muckis Anregung zur Setzung finde ich gut.

Das hab ich gerne gelesen.
Liebe Grüße
Herby

Mucki
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Beitragvon Mucki » 14.07.2007, 15:03

Liebe scarlett,

Was du zur inhaltlichen Komponente schreibst, verblüfft mich - ich hätte gern gewußt, wie du auf die Idee bez. Kinderwunsch gekommen bist, wo du das herausliest, woran du das festmachst. Finde ich sehr interessant, weil daran hatte ich überhaupt nicht gedacht...


Herby hat Recht. Ich hatte die Assoziation zu Rebekkas "Sonnensegel", den sie als Symbol für den Kinderwunsch einsetzte und zum Zweiten diesen Satz hier:


damit wir nicht zu schnell verglühn


das habe ich gelesen im Sinne von: damit unsere Nachkommen in uns weiterleben, wir etwas hinterlassen

Und dann passte für mich diese Kinderwunsch-Assoziation,-)
Saludos
Mucki

Caty

Beitragvon Caty » 15.07.2007, 06:48

Mir gefällt das kleine symbolistische Gedicht, Scarlett. Schön die Bilder: Sonnensegel, der große Sommer heiß wie Feuersalamander. Die Klammer bitte nicht auflösen! Der Gedankenstrich könnte gestrichen werden. Das Gedicht als Kinderwunsch zu interpretieren, darauf bin ich nicht gekommen. Ich dachte vielmehr an eine große Verliebtheit, um die das LyrIch sich ängstigt, weil sie zu stark sein könnte und die Liebenden darunter verbrennen müssen. Änderungsvorschläge habe ich nicht. Herzlich Caty

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.07.2007, 14:49

Hallo Caty,

deine Interpretation ist wohl auch die von scarlett. Mit dem Kinderwunsch war eine Assoziation von mir, (siehe oben), aber nicht die von scarlett.
Worin siehst du den Sinn von den Klammern, Caty? Ich finde, dass man die Zeilen in den Klammern nicht "aussperren" sollte, sondern durchaus im Gesamttext stehenlassen kann. Der Klammerinhalt ist skeptisches Denkes des LIs, und somit ein bisschen außerhalb. Aber die Klammern grenzen sie zu stark aus, finde ich.

Scarlett, du könntest vielleicht, als Kompromis diese Sätze kursiv setzen, mal so als Idee?
Saludos
Mucki

Perry

Beitragvon Perry » 16.07.2007, 15:01

Hallo Scarlett,
ich lese deine Zeilen als Ausdruck der Angst, dass die Liebe keinen Bestand haben wird. Vergeblich versucht das Lyrich die Hitze zu mildern indem es ein Sonnensegel "spannt".
Gelungene Bilder!
LG
Manfred

scarlett

Beitragvon scarlett » 16.07.2007, 20:54

Liebe Kommentatoren,

vielen Dank für euere Rückmeldungen, es freut mich, daß dieser Text offenbar doch recht gut angekommen ist.

Was das Inhaltliche betrifft, gibt es - denk ich - mittlerweile nichts mehr zu sagen, es geht in die von caty ,Perry und Herby gedeutete Richtung. Ja, so habe ich das gedacht.
Es lohnt sich auch, mal genauer den (Feuer)salamander zu betrachten, (in symbolischer HInsicht), den habe ich natürlich nicht zufällig gewählt....

Was nun die Setzung anbelangt: ich werde mal Muckis Vorschlag mit dem Kursiven aufnehmen, irgendwie mein ich doch, diese Zeilen absetzen zu müssen vom Rest.
Den (berühmten) Strich laß ich ebenfalls weg.

Daß euch die Bilder gefallen freut mich sehr!

Liebe Grüße,

s.

Max

Beitragvon Max » 16.07.2007, 21:44

Liebe Scarlett,

da ist Dir was Gutes gelungen.

Besonders
es wird ein großer sommer werden
mit feuersalamandern auf der haut


könnte der Titel eines Gedichtbands sein. Klasse!

Liebe Grüße
max

Mucki
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Beitragvon Mucki » 16.07.2007, 22:49

Liebe scarlett,

Es lohnt sich auch, mal genauer den (Feuer)salamander zu betrachten, (in symbolischer HInsicht), den habe ich natürlich nicht zufällig gewählt....


Hm, da bin ich jetzt überfragt. Ich hab mal im Net gesucht und Hinweise gefunden:
sie galten als Symbol fürs Feuerlöschen, wurden deshalb auch so genannt.
sie häuten sich sehr oft
sie halten sich gern in der Nähe von Friedhöfen auf

Brände, die zu löschen sind, würde m.E. vom Sinn her am Besten in dein Gedicht passen.
Also:
es wird ein großer sommer werden
mit feuersalamandern auf der haut


würde dies dann bedeuten, dass es noch viele Brandherde im Sinne von Problemen geben wird?
Saludos
Mucki

scarlett

Beitragvon scarlett » 17.07.2007, 12:57

Liebe Mucki,

der Salamander ist als Elementarwesen das Tier des Feuers, in dem er wohnt, damit dieses nicht unbelebt und unbehütet sei und das er gleichzeitig auch zum Verlöschen bringen kann.
Man hielt außerdem den Salamander für geschlechtslos und deshalb stand er für Keuschheit.
In der christlichen Symbolik verkörpert er u a den rechtschaffenen Menschen, der von den Feuern der Versuchung nicht verzehrt werden kann.
Alles klar? ;-)

Natürlich sind deine Gedanken genauso zutreffend, im Sinne von viele Brandherde sprich Probleme, denen sich das lyrIch und das Du ausgesetzt sehen könnten...

Liebe Grüße,

s.

Lieber Max,

danke für dein Lob!

Wie siehst du das mit den kursiven bzw. vorher geklammerten Zeilen?

Liebe Grüße,

s.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 17.07.2007, 13:46

Liebe scarlett,

jep, alles klar. Interessantes Tier, dieser Feuersalamander,-)

übrigens zur Setzung:

die Kursivsetzung finde ich nicht schlecht, wenn ich sie jetzt sehe, aber betrachte das Andersformatieren dieser Zeilen nach wie vor als nicht nötig. Schau, was ist, wenn du es so setzt (es wirkt für mich in der aktuellen Form zu "gequetscht"):


ich hisse für uns das sonnensegel
damit wir nicht zu schnell verglühn

insgeheim aber wünsch ich mir regen
in dem wir wachsend stehn
doch wohin soll dies wachsen führen?
der tag zu heiß die nacht zu laut

es wird ein großer sommer werden
mit feuersalamandern auf der haut


Was meint du? So hast du die ehemals geklammerten (und danach kursiven) Zeilen in einem Absatz. Diese Setzung finde ich besser.
Saludos
Mucki

scarlett

Beitragvon scarlett » 17.07.2007, 18:19

Jep, liebe Mucki, das hat auch was.

Hmm... ich laß es mal bis morgen sacken und melde mich dann nochmal.

Danke für deine Bemühungen.

Übrigens werde ich das "aber" entfernen - das ist doch überflüssig.

Grüße,

s.


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