Zimmer mit Zukunft

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Perry

Beitragvon Perry » 25.06.2007, 22:58

Zimmer mit Zukunft


Endlich vier eigene Wände
eine Tür zum Abschließen
Fenster mit Vorhängen

Wir schliefen auf dem Boden
wechselten öfter die Stellung
jeder sollte es mal bequem haben

Am nächsten Morgen kauften wir
eine Zeitung als Unterlage
checkten die Stellenangebote

Niko

Beitragvon Niko » 26.06.2007, 11:11

hallo perry!
strophe zwei scheint mir entbehrlich. bleibt zwar alles in der "wohnmetapher" aber innerhalb dieser metapher springst du für mein empfinden zu sehr. mir geht der rote faden verloren. scheint nicht durchgewebt in der zweiten strophe..
oder ich hab besagtes brett vorm kopp...
lieben gruß: Niko

Mucki
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Beitragvon Mucki » 26.06.2007, 12:50

Hallo Manfred,

ein traurig-kritischer Text.

Niko, gerade die 2. Strophe ist nicht entbehrlich, sie ist m.E. der Kern der Aussage.
Sie wechseln die Stellung, sprich, mal liegt einer auf dem nackten Boden und der andere auf ihm drauf (damit er es weich und bequem hat), mal der andere.
Deinen Zeilen machen nachdenklich, Manfred.
Und, obwohl du hier - wie von dir gewohnt - mit Worten spielst, so bleiben sie einem doch im Halse stecken.
Saludos
Mucki

Louisa

Beitragvon Louisa » 26.06.2007, 13:24

Hallöchen!

Sagt mal, bin ich noch in der Pubertät oder warum bleibt mir da gar nichts im Halse stecken?

Ich empfinde den Text als ironisch-erotisch und nicht als "kitschig-kritisch-traurig" wie meine Vorschreiberin.

Strophe 1: Endlich ein eigenes Zimmer, das den Nachbarn durch Vorhänge jeden Einblick verwehrt (Die armen Nachbarn!)
(...und in dem man sich amüsieren kann)

Strophe 2: Ich möchte nicht ins Detail meiner Deutung gehen. Jedenfalls wechseln da zwei Menschen auf dem Boden die Position ("Stellung" !).
(Spinne ich oder habe ich Recht?)

Strophe 3: Haha! Jetzt kommt der Witz! Denn: Nachdem die zwei verspielten lustvollen LIebenden selbst die Stellungen ausprobiert haben "checken sie jetzt die Stellenangebote" ... Ein kleines Wortspiel, denke ich. Mehr nicht.

Ich glaube nicht, dass man darin die Familie sehen muss, die am sozialen Abgrund ihr Nest baut und voller Qualen auf dem harten Boden übernachtet. (Kuckuck! Habt ihr schon einmal gezeltet :smile: ?)

Für mich ist das ein Liebespaar oder zumindest ein Liebesspiel :smile: in Kombination mit einem Wortspiel, dass meiner Meinung nach eher zum Schmunzeln anregen sollte, als zum Mitleid. Ich schaue mir auch Stellenangebote an, meine Güte!

Habe ich Recht, Perry :engel2: ?

Liebe Grüße!
l.
Zuletzt geändert von Louisa am 26.06.2007, 14:57, insgesamt 1-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 26.06.2007, 13:32

Hallo Louisa,

sicher, man kann Manfreds Zeilen auch als "lockere, heitere Lebensart" lesen, in dem sich ein Pärchen nicht den Kopf zerbricht, sondern sich über die Wohnung freut und im Liebesspiel und nun auf Arbeitssuche gehen wird. Ich finde, beide Lesarten sind möglich. Die kritische, Gesellschaftsorientierte und die lockere, erotische.
Saludos
Mucki

Mucki
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Beitragvon Mucki » 26.06.2007, 13:35

Nachtrag: Louisa, ich schrieb nicht

Ich empfinde den Text als ironisch-erotisch und nicht als "kitschig-traurig" wie meine Vorschreiberin.


sondern traurig/kritisch

Kitsch ist hier keiner enthalten.
Saludos
Mucki

Louisa

Beitragvon Louisa » 26.06.2007, 14:06

Huch! Da habe ich mich verlesen! Pardon :blumen: !

(Omas Augen werden immer schlechter...)

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 26.06.2007, 20:26

dein gedicht riecht nach schmieröl und leben, perry. mehr wolltest du nicht. also gut. sehr gut.

chiqu.

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Beitragvon leonie » 26.06.2007, 20:37

Lieber Manfred,

ich lese Dein Gedicht ähnlich wie Louisa und würde deshalb die zweite Strophe unbedingt drin lassen. Auch wegen des Wortspiels. Ich finde es auch gut, dass man es auf unterschiedlichen Ebenen lesen kann, die sich sogar ein wenig überschneiden können.

Liebe Grüße

leonie

Perry

Beitragvon Perry » 26.06.2007, 21:01

Hallo Niko,
schön dich mal wieder bei mir zu lesen. Wie Mucki schon geschrieben hat, der 2. Vers ist sozusagen die Kirsche in diesem lyrischen Mon Chéri.
Hier fragt die Liebe nicht nach Äußerlichkeiten sondern ist die Quelle für eine gemeinsame Zukunft.
Manchmal wünsche ich mir diese hungrige Zufriedenheit noch einmal zurück.
Danke für deine Einschätzung und LG
Manfred

Hallo Mucki,
du hast es gut erkannt, in dem erotischen Stellungswechsel steckt mehr als Lust, da ist auch viel von Sorge (mal bist du oben mal unten) aber auch viel Zukunftshoffnung auf ein gemeinsames Leben drin. Letztlich ist es aber auch ein wehmütiger Rückblick auf -im nachhinein gesehen- gute Zeiten.
Danke fürs Hineinfühlen und LG
Manfred

Hallo Louisa,
du hast die freudig erotische Seite dieser jungen Liebe durchaus richtig interpretiert, doch es gibt auch -wie Mucki es gelesen hat- eine nachdenkliche Seite. Vor allem das mit den Stellenangeboten hast du überinterprtiert, da sind wirklich Arbeitplatzangebote gemeint, um ein gemeinsames Leben aufbauen zu können.
Danke für die jugendlich übermütige Lesart und LG
Manfred

Hallo Chiquita,
ja nach Leben riecht der Text durchaus. Zu Schmieröl fallen mir jetzt aber auf Anhieb keine brauchbaren Gedankenbrücken ein. :smile:
Danke fürs "sehr gut" und LG
Manfred

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 26.06.2007, 21:13

Lieber Perry!

Einfach authentisch gut.

Die sechste Zeile würde ich aus 'harmonischen' Gründen ändern in:

'bequem sollte es jeder mal haben'

MlG

Moshe

Perry

Beitragvon Perry » 26.06.2007, 21:28

Hallo Moshe,
freut mich, dass der Text authentisch rüberkommt. :smile:
Deine Anregung wäre vorstellbar, da für mich aber die Betonung auf "jeder" liegt, bleibe ich vorerst bei meiner Version. Für weitere Vorschläge wäre ich aber dankbar, weil ich gerade mit dem "bequem (passt nicht gut in den Kontext)" noch gar nicht zufrieden bin.
Danke und LG
Manfred

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 26.06.2007, 21:45

Stimmt!

'beqem' ist wirklich nicht die beste Wahl, wenngleich da so was Nekisches, so ein kleiner alter Ton drinn steckt, der mir von Großeltern zu kommen scheint, wie 'gemütlich', 'genießerisch' oder gar 'gelüstig'.
Auf jeden Fall wünsche ich hier mit dem Paar, daß mir sehr konsequent zu ihrem Anfang steht, trotz aller Wiederstände, daß ein weicheres Bett und mildere Umstände bald erreicht werden. Ja, ich bin mir sicher, es wird so sein.

Die Selbstfindung in Gemeinsamkeit ist das Tolle, was du hier zeigst.

Mit sehr liebem Gruß

Moshe

Perry

Beitragvon Perry » 26.06.2007, 21:54

Hallo Moshe,
dein "Wunsch" hat sich schon vor langer Zeite erfüllt. Heute läge ich gern mal wieder auf dem erotischen Boden dieser Zeit. :smile:
LG
Manfred


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