Hönower Weiherkette

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Caty

Beitragvon Caty » 23.06.2007, 19:14

Hönower Weiherkette

Dort schwamm eine zänkische Blessralle
Eine Schwänin saß gerade im Nest
Er auf Manneshut flog als feuriger Federpfeil
Übers Wasser zischte mir ins vorwitzige Herz
Eine Flotte junger Stockenten mitten aufm Teich
Voran die Mutter wien stolzer Steven geflaggt
Gab viel Zärtlichkeit. Den Häusern ringsum
Wars egal voll Gleichmut träumten Balkons
Ins Wuhletal ein Hund sprang nachm Ball
Geschäftig trotteten Katzen zwischen Büschen
Die Weiher lieb Spiegelaug perlten
Tropfen für Tropfen durchs wogende Gras
Am Wegrand summte es mir wurd ganz schwindelig
Und als ich zum Haussee kam inmitten des Schilfs
Eine schöne Haubentaucherin ich erschrocken
Erstarrte zu Stein mein stadtgewohntes Ich
Hielts fürn exotischen Tierparkvogel


[b] :schaf:

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 24.06.2007, 11:37

hallo caty, liebevolles, buntes stimmungsbild einer idylle inmitten der stadt. sehr lebendig beschrieben.
eigentlich habe ich gar nichts zu motzen. auch die leicht schnurzige sprache paßt irgendwie. ich weiß nicht. die atmosphäre wird dadurch noch heimeliger.

gruß
chiqu.

Caty

Beitragvon Caty » 24.06.2007, 12:47

Beinahe schade, dass du nicht motzest. Aber schön, dass ich dich angesprochen habe, Chiquita, mit dem Gedichtchen. Hab Dank für den Kommentar. Caty

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 24.06.2007, 12:53

oh, mein ruf als motzer hallt wohl schon über alle grenzen?

vielleicht läßt sich das gedicht besser lesen, wenn du interpunktierst und den versanfang nicht konsequent groß beginnst. es bleibt trotzdem ein gedicht. wenn auch in erzählmanier.

gruß
chiqu.

Caty

Beitragvon Caty » 24.06.2007, 13:16

Nein, da motzt nichts über Grenzen. Aber zu den von dir angesprochenen Fragen: Interpunktieren tue ich deshalb nicht, weil dies nicht nur eine mögliche Form des modernen Gedichts ist, sondern vor allem, weil die Interpunktion zu meinen Gedichten einfach nicht passt. Außerdem hasse ich aus heißem Herzen jede bürgerliche Korrektheit im Gedicht. Den Versanfang mit Versalien zu schreiben ist ebenfalls eine mögliche Form, sie kam meines Wissens im Barock auf, ich finde sie schön, die Versalie gibt dem Text einen Gutteil Stabilität. Machen übrigens viele Lyriker. Andere schreiben alles klein, jeder hat so seine eigene kleine Macke. Jeder hübscht an seinen Verschen herum, das Kind soll doch auf den ersten Blick schön aussehen. Man nennt diese Art Gedicht Erlebnisgedicht, eine Manier ist es nicht. Ob das aber der offizielle Begriff ist, weiß ich gar nicht. Caty

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 24.06.2007, 13:35

da hast du recht mit der macke, caty. danke für diese äußerst sympathische antwort.
manier=eigenart. also, ich meinte das erzählerische deines gedichts. wegen mir, nenne es das erlebte, welches du in deinem gedicht erzählst. denn es ist ja fast eine kleine geschichte, dein spaziergang. ich bin sicher niemand, der die lyrik überkategorisiert wissen will.
für mich gilt einfach: das ist ein gedicht. die autorin schrieb es als gedicht.

gruß
chiqu.

Max

Beitragvon Max » 24.06.2007, 15:31

Liebe Caty,

willkommen hier im Salon.

Einen interessanten Auftakt (eigentlich kann es gar keiner sein, denn Du hast ja schon zwei andere Beiträge eingestellt, steht da) lieferst Du hier. Die in der letzten Zeile ausgedrückte Überraschung über das Ungewohnte der Natur spielgelst Du sch on das ganze gedicht über in der umgangssprachlichen Ausdrucksweise. Das empfinde ich als sehr gelungen. Einzig mit diesen Zeilen hier

Die Weiher lieb Spiegelaug perlten
Tropfen für Tropfen durchs wogende Gras


habe ich etwas Schwierigkeiten, insbesondere mit der ersten der beiden, die mir einfach zu gewollt klingt und auch nicht in den restlichen Sprachduktus passt.

Insgesamt habe ich das gern gelesen.

Liebe Grüße
Max

Mucki
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Beitragvon Mucki » 24.06.2007, 15:40

Hallo Caty,

dein Erzählgedicht (ich lese es als, wenn auch kurzes, Erzählgedicht), gefällt mir, vor allem das Umgangssprachliche. Das liest sich so flott und auch frech,-)
Besondern mag ich dies hier:

Eine Flotte junger Stockenten mitten aufm Teich
Voran die Mutter wien stolzer Steven geflaggt
Gab viel Zärtlichkeit. Den Häusern ringsum
Wars egal voll Gleichmut träumten Balkons


Dieser Satz springt allerdings wirklich raus:

Die Weiher lieb Spiegelaug perlten


Da würd ich nochmal dran schrauben.
Gerne gelesen.
Saludos
Mucki

Caty

Beitragvon Caty » 26.06.2007, 10:36

Liebe Mucki, lieber Max. Die Hönower Weiherkette ist, wie der Name sagt, eine Kette von Weihern, aufgereiht wie Perlen. Genau das wollte ich ausdrücken, Perle an Perle. Aber ich denke, ihr stört euch an "lieb Spiegelaug". Ich saß da am Ufer, dachte an gar nichts, blickte ins Wasser und sah darauf den Himmel über mir, da kommt man schon auf Spiegelaug. Ich steh auf solche "Ausrutscher" in die Poesie, mitten im erzählenden Text. Da hält man schon mal inne, denkt einen Moment nach, nickt (hoffentlich) zustimmend, und das ist es, was ich will. Ich will mich ja nicht loben, aber mir kommt es wie eine gelungene Metapher vor. Naja, und ansonsten grüße ich herzlich wieder. Saludos Caty

Gast

Beitragvon Gast » 26.06.2007, 13:08

Liebe Caty,

mit diesem, deinem ersten Posting im Salon habe ich gegeüber den anderen beiden noch ein wenig Schwierigkeiten.
Dieser Text ist nicht so einheitlich, nicht so aus einem Guss, wie die beiden anderen "Trauer" und "Unterm Strich".
Dazu trägt die "ungewöhnliche" Metapher letztlich bei, weil sie nicht in den Kontext ringsum passt. Sie mag dir besonders gut erscheinen und treffend, aber aus der Textatmosphäre ragt sie irgendwie merkwürdig heraus.
Vielelicht liegt es ein wenig daran, dass du den Leser ohnenhin nicht "an die Hand nimmst", sondern ihn hin und herspringen lässt mit deinen Gedknen und da beim "Spiegelaug", klinke ich mich aus.
Naja, bei den Kommentaren zu einem der anderen Texte, hast du verwundert gefragt, ob nichts zu meckern sei. Hier sei ein wenig gemeckert. ;-)
Caty hat geschrieben:Ins Wuhletal ein Hund


Diese Umstellung finde ich obsolet. Warum nicht: Ein Hund ...
Das wirkt nicht flüssig.
(Schließlich hast du ja formuliert: Die Schwänin saß gerade im Nest, wobei ich "gerade" merkwürdig finde, wieso sitzt sie "gerade" auf dem Nest, wenn Lyrich vorbeikommt?).

Ansonsten, gefällt mir deine eigene Schreibweise.

Liebe Grüße
Gerda

Caty

Beitragvon Caty » 26.06.2007, 13:36

Liebe Gerda, so viele Fragen, die ich beantworten muss. Die Schwänin gerade auf dem Nest - warum nicht? Manchmal sind beide Eltern auf dem Wasser, zwar in der Nähe, dass dem Nest nichts passiert, aber jetzt saß sie gerade auf dem Nest. Aber ohne gerade geht es natürlich auch. Der Vers, den du ansprichst, heißt "korrekt" umgebrochen: Voll Gleichmut träumten Balkons ins Wuhletal/ein Hund sprang nachm Ball - ich verstehe die Frage nicht. Worum geht es? Was nun das Spiegelaug angeht, so ist es eine einfache Apposition, überhaupt nicht unüblich. Interpunktiert: Die Weiher, lieb Spiegelaug, perlten Tropfen für Tropfen ins wogende Gras. Da sehe ich überhaupt nichts Ungewöhnliches, Eigenwilliges oder Falsches. Oder erscheint dir ungewöhnlich, dass ich eine Metapher eingesetzt habe? Aber was wäre ein Gedicht ohne Metapher? A la vida. Caty

Gast

Beitragvon Gast » 26.06.2007, 13:55

Liebe Caty,

das mit dem beantworten "muss" verstehe ich nicht so ganz.
Fragen zu Texten zeigen doch auch, dass der Leser Interesse daran hat, die Intention der Autorin zu erfahren, die sich ihm vielleicht nicht von selbst erschließt. Oder meintest du das spaßig?

Ich habe geschrieben, dass mir die MeatapherSpiegelaug nicht passend im Kontext scheint. Sie scheint einer anderen Sprache entlehnt, als der Text.
Verstehst du. Ich stehe allem Anschein nach auch nicht allein da, sieh Mucki und Max.
Außerdem eine einzige Metapher macht ja nun auch nicht den Reiz eines Textes, man könnte fast den eindruck bekommen , dass es dir darauf genau ankommt. ;-)
Aber das macht ja alles nichts. Du bist die Autorin und wenn du es gut und passend findest, ist es die Hauptsache.

Danke für die Lesehilfe bei der "Hundestelle".

Liebe Grüße
Gerda


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