Davon, wie ich Frauen liebe

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Chiquita

Beitragvon Chiquita » 18.06.2007, 13:25

Davon, wie ich Frauen liebe




In meiner Kindheit
erklomm ich die Wipfel der Bäume und
zeriss mir manche Hose
dabei fühlte ich mich wie ein
Eroberer
doch der Zauberwind
der durch das Blattgewebe fuhr
betörte mich
und machte mich demütig
ich war geborgen, wie ich da
auf der Astgabel
saß

Niemals fühle ich mich heute
als Eroberer, wenn sich eine Frau
mir hingibt
ich klingele nicht an ihren Türen
mit einem Blumenstrauß hinter dem
Rücken
ich schmeichele ihnen nicht
mit Pralinen
niemals erstürme ich ihre Festungen
doch wird mir nicht selten
das Tor geöffnet

Wahr ist, daß ich vor ihren Mauern
meine Lieder singe
ich denke dabei an den Zauberwind
ich denke an meine Liebe zu den Bäumen

Manche Stämme sind zu hoch, daß ich
sie erklimmen kann
andere zu glatt
manches Geäst ist zu morsch, daß
ich mich darin halten kann
sehr oft stürzte ich ab
und mein Herz brach
trotzdem bleibe ich das Kind in der Liebe
rappele mich vom Boden auf
und wandere weiter
durch den Garten der Sinnlichkeit
und Verführung




...
Zuletzt geändert von Chiquita am 29.06.2007, 11:39, insgesamt 2-mal geändert.

Perry

Beitragvon Perry » 18.06.2007, 15:34

Hallo Chiquita,
zusammenfassend lese ich den Text eher als "davon, wie mich die Frauen lieben" Ansonsten gelungene Bildvergleiche, wobei vor allem der letzte Vers (... zu morsch) tief blicken lässt. :smile:
LG
Manfred

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 18.06.2007, 15:42

hi perry, der letzte vers ist sozusagen der abspann, wie bei einem guten western, wenn der gran canyon nochmal fundamental ins bild rückt. als morsch würde ich das nicht bezeichenen - höchstens als altbacken.
"wie mich frauen lieben"? wieso kommst du zu diesem eindruck? es geht doch um meine einstellung, wie ich frauen liebe (bzw. wie ich auf bäume kletterte). zentral dabei ist die strophe:

"Wahr ist, daß ich vor ihren Mauern
meine Lieder singe
ich denke dabei an den Zauberwind
ich denke an meine Liebe zu den Bäumen"

lieben gruß
chiquita

Perry

Beitragvon Perry » 18.06.2007, 16:40

Hallo Chiquita,
ich komme darauf, weil das LyrIch wie ein Minnesänger genau das tut, was den Frauen gefällt :smile: .
LG
Manfred

scarlett

Beitragvon scarlett » 18.06.2007, 19:38

Hallo Ralph,

mich erreichen deine Zeilen zwar schon, trotzdem fehlt mir was. Ich meine nicht inhaltlich (zu dem kann man stehen, wie man mag), sondern formal. Du hast zwar Zeilenumbrüche gesetzt, aber dein Text wirkt auf mich dennoch wie Prosa - lyrische Prosa meinetwegen - er ist mir zu wenig rhythmisiert und zu sehr erzählend.

Ich hoffe, du nimmst mir das jetzt nicht krumm, ist ja nur mein Eindruck.

Liebe Grüße,

scarlett

Max

Beitragvon Max » 18.06.2007, 20:56

Lieber Ralph,

mir geht nach der ersten und zweiten Lektüre ähnlich wie Ralph.

Inhaltlich kann dem Gedicht gut folgen, aber formal weißt es noch keine so recht Stringenz auf. Gerade der Übergang von strophe 1 auf Strophe 2 könnte in meinen Augen formal gestützt werden, sonst verfällt man als Leser beim Vergleich dieser Passagen:

In meiner Kindheit
erklomm ich die Wipfel der Bäume und
zeriss mir manche Hose
dabei fühlte ich mich nur kurz wie ein
Eroberer


und dieser

Niemals fühle ich mich heute
als Eroberer, wenn sich eine Frau
mir hingibt



"Ja wieso auch", schließlich ist eine Frau kein Baum.

Darüber hinaus weiß ich nicht ob "schmeichele" bei

ich schmeichele ihnen nicht
mit Pralinen


das richtige Wort ist.

Liebe Grüße
Max

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 19.06.2007, 13:53

hallo max, über den gedankensprung von dem erklimmen von bäumen zum lieben von frauen kann man sich wahrlich streiten. ich gebe zu bedenken, daß es die ganz private sicht des autoren aufzeigt - das dürfte dem leser auch klar sein. ich möchte mich jetzt nicht darin ergehen, diesen vergleich näher zu erläutern.
mit den pralinen sind nicht nur die pralinen zum naschen gemeint.

hallo scarlett, ja, dieses gedicht fällt wohl auch eher in die rubrik der erzählgedichte (prosagedichte), wenn man besonderen wert auf die kategorisierung der lyrik legt.

ich blieb in dem gedicht stringent am thema - ausgehend von der art und weise, wie ich als kind auf bäume kletterte. 1. und 2. strophe stehen sich als ausgangspunkte gegenüber, und in der 3. und 4. strophe bringe ich die inhalte bildhaft zusammen.

danke für eure einsichten zum gedicht.

chiquita

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 19.06.2007, 20:55

Hallo!

Ich weiß jetzt nicht so genau wer hier Ralph ist, aber der wird sich ja vielleicht noch zeigen.

Wo ist die Lyrik?

Ich sehe Prosa in merkwürdigen Aufteilungen und jemanden, der irgendwie in einer alten, nicht überwundenen Pubertät ist.

Bei der Satzbrechung

'..... wenn sich eine Frau
mir hingibt'

verstehe ich nix mehr.

Ratloser

Moshe

Max

Beitragvon Max » 19.06.2007, 21:19

Lieber Ralph,

über den gedankensprung von dem erklimmen von bäumen zum lieben von frauen kann man sich wahrlich streiten. ich gebe zu bedenken, daß es die ganz private sicht des autoren aufzeigt - das dürfte dem leser auch klar sein.


sicher .. nur bin ich ein neugieriger Leser und würde gern mitspringen (gerade auf Frauen ;-) ). Daher die Kritik.

Liebe Grüße
Max

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 20.06.2007, 07:09

ja, wo ist die lyrik, moshe? das weiß ich nicht. der himmel ist gewöhnlich über den wolken.
daß dies eher ein erzählgedicht (prosagedicht) ist, erwähnte ich anfangs in einem kommentar; wobei die grenzen zur lyrik fließend sind. ansonsten schaue einfach im lexikon nach, was man unter lyrik versteht, oder lese lyrikwerke - und bitte nicht immer dieselben.
ich schreibe gedichte. und dies ist ein gedicht. ich wüßte kein meßinstrument, welches das maß an lyrik in einem gedicht mißt. hast du eines erfunden?
der autor dieses gedichts hat wirklich (im gegensatz zu dir?) seine pubertät noch nicht überwunden. aber das muß ja nicht heißen, daß er schlechte gedichte schreibt. keine ahnung, wie sehr ein dichter seine pubertät überwunden haben muß, um ein guter dichter zu sein.
immerhin bin ich reif genug, um unflätige kommentare hinzunehmen. ja, sie reizen mich sogar angenehm. ich glaube, das lernte ich auch damals, als ich auf die bäume stieg. später beim billard.
tut mir leid, daß du dich derart ratlos bei der von dir genannten "satzbrechung" siehst.
da kann ich dir nun gar nicht helfen.

chiquita

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 20.06.2007, 07:17

hallo max, ein paar sprünge können der phantasie nicht schaden, oder?

gruß
chiquita

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 20.06.2007, 09:35

Hallo Ralph oder Chiquita,
auch ich habe mit deinem Gedicht so meine Schwierigkeiten.
Hast du denn die Zeilenumbrüche bewußt eingesetzt, um etwas zu erreichen? Ich versuche mal aufzuzeigen, was mich irritiert.


Davon, wie ich Frauen liebe

In meiner Kindheit
erklomm ich die Wipfel der Bäume
und zeriss mir manche Hose
dabei fühlte ich mich nur kurz (Warum nur kurz?) wie ein Eroberer
der Zauberwind
der durch das Blattgewebe fuhr
betörte mich
und machte mich demütig
ich war geborgen
wie (als?) ich da auf der Astgabel saß

Niemals fühle ich mich heute so
als Eroberer, wenn sich eine Frau mir hingibt
ich klingele nicht an ihren Türen
mit einem Blumenstrauß hinter dem
Rücken
ich schmeichele ihnen nicht
mit Pralinen
niemals erstürme ich ihre Festungen
doch wird mir nicht selten
das Tor geöffnet

Wahr ist
daß ich vor ihren Mauern meine Lieder singe
ich denke dabei an den Zauberwind
ich denke an meine Liebe zu den Bäumen

(wenn du ausdrücken möchtest, dass du vom Zauberwind und der Liebe singst, würde ich schreiben:
Wahr ist
daß ich vor ihren Mauern meine Lieder singe
vom Zauberwind
und meiner Liebe zu den Bäumen
wie du es gesetzt hast, singt er zwar vor den Mauern der Frauen, jedoch nicht für sie. Es klingt, als wäre es für ihn eine Überwindung überhaupt etwas mit Frauen zu tun haben zu müssen, und er erträgt es nur, weil er an etwas anderes dabei denken kann.)


Manche Stämme sind zu hoch
daß ich sie erklimmen kannum sie zu erklimmen
andere zu glatt
manches Geäst ist zu morsch
daß ich mich darin halten kannund bietet keinen Halt
sehr oft stürzte ich ab warum Vergangenheit
und mein Herz brach (ist es nicht eher der Stolz? Um im Bild des Kindes zu bleiben)
trotzdem bleibe ich dasein Kind in der Liebe
rappele mich vom Boden auf
und wandere weiter
durch den Garten der Sinnlichkeit
und der Verführung

Inhaltlich, würde ich sagen,
wie das Ich Frauen liebt: überhaupt nicht (zumindest nicht die, die er seither getroffen hat)
er ist auf der Suche und sehnt sich nach einer Geborgenheit, die ihm seither keine Frau geben konnte
Ich würde einen anderen Titel wählen.

Vielleicht ist ja eine Anregung für dich dabei.

liebe Grüße smile

Gast

Beitragvon Gast » 20.06.2007, 14:20

Hallo Ralph,

ich bin so frei und mache durch die Setzung mal aus deiner "Lyrik" "Kurzprosa", denn das ist der Text ganz schlicht.
Deswegen nicht schlechter und nicht besser, versteht sich. :blink2:

Auch Erzählgedichte haben den Charakter von Lyrik. Typisch, dass sie in unvollständigen Sätzen geschrieben sind und die Zeilenumbrüche dann die Funktion der "Ergänzung von Satzteilen in Gedanken" übernehmen, Erzählgedichte lassen dem Leser immer noch Raum, zwischen den den Zeilen.
Bei deinem Text fehlt mir dieser, ich muss auch nichts ergänzend hinzufügen.
Chiquita hat geschrieben:Davon, wie ich Frauen liebe

In meiner Kindheit erklomm ich die Wipfel der Bäume und zeriss mir manche Hose. Dabei fühlte ich mich nur kurz wie ein Eroberer.
Der Zauberwind, der durch das Blattgewebe fuhr betörte mich und machte mich demütig. Ich war geborgen, wie ich da auf der Astgabel saß.
Niemals fühle ich mich heute als Eroberer, wenn sich eine Frau mir hingibt.
Ich klingele nicht an ihren Türen mit einem Blumenstrauß hinter dem Rücken. Ich schmeichele ihnen nicht mit Pralinen. Niemals erstürme ich ihre Festungen, doch wird mir nicht selten das Tor geöffnet. Wahr ist, dass ich vor ihren Mauern meine Lieder singe. Ich denke dabei an den Zauberwind, ich denke an meine Liebe zu den Bäumen.
Manche Stämme sind zu hoch, (als)dass ich sie erklimmen kann andere zu glatt. Manches Geäst ist zu morsch, (als)dass ich mich darin halten kann. Sehr oft stürzte ich ab und mein Herz brach. Trotzdem bleibe ich das Kind in der Liebe rappele mich vom Boden auf und wandere weiter durch den Garten der Sinnlichkeit und Verführung.



So flösse der Text für mich passend.
Ich lese keine Lyrik, wirklich nicht.
Natürlich ließe sich das Thema wunderbar lyrisch bearbeiten, ohne Zweifel. Dann wäre Reduktion und Verdichtung nötig.

Hinweise auf Wiederholungen im Text evtl, Änderungen hast du bereits erhalten, da möchte ich nun nicht auch noch einsteigen.

Liebe Grüße
Gerda

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 20.06.2007, 14:33

hallo smile, ich hätte nicht gedacht, daß mein gedicht inhaltlich derart schwer nachvollziehbar ist. vielleicht schreibe ich eine fortsetzung, damit deutlicher wird, was ich meine - es geht ja nicht um eine konventionelle liebe zu frauen sondern um eine lebenserfahrung, die sich nach und nach herauskristallisierte und im wesen des prot. begründet liegt - aber auch im wesen der frauen.
der prot. ist durchaus nicht beziehungsfrustriert. natürlich hat er wie alle menschen sehnsucht nach liebe und geborgenheit. leider gab es nicht "den baum" für ihn. ich weiß auch nicht, ob er "den baum" noch sucht.
einige deiner verbesserungsvorschläge greifen mir zu arg in meine sprache ein. die meisten worte sind sehr ausgewählt von mir gesetzt.
die zeilenumbrüche entstehen bei dieserart prosagedichten relativ unwillkürlich. ich weiß, das ist für einige leser gewöhnungsbedürftig, weil es ihrem ästhetischen empfinden widerspricht. doch für mich hat es den besonderen reiz der unorthodoxie und der freiheit. außerdem glaube ich an meine intuition. also, ich würde die form nicht überbewerten. es kann gut sein, daß ich die zeilenumbrüche zu einem anderen zeitpunkt der niederschrift anders gesetzt hätte.

deine vorschläge von hinten aufgerollt:

"das" kind in der liebe - weil ich eben nicht "ein" kind in der liebe bin. das hätte ja eine ganz andere bedeutung.
und mein "herz" brach - mein männlicher stolz war auch beeinträchtigt, aber du darfst mir glauben, daß ich aufrichtig liebte und mir das herz brach.
sehr oft "stürzte" ich ab - vergangenheit, weil ich ausdrücklich von den mißglückten versuchen in der vergangenheit spreche. die gegenwart sehe ich durchaus nicht mißglückt. klar, können auch noch abstürze folgen. wie gesagt, der prot. ist nicht frustriert sondern trotz aller abstürze recht glücklich in der liebe.
zum zauberwind: dieses bild habe ich mir genau zurechtgelegt. mit deiner fassung stimmt meine vorstellung nicht überein.
niemals fühle ich mich heute als "eroberer" - die betonung auf "eroberer" mußte wiederholt sein, da es mir u.a. darum in meiner liebe zu den frauen geht. ich erobere sie nicht ...
"wie" ich da auf der astgabel saß - "wie" und nicht "als", weil es mir um das "wie" geht und weniger um das vergangene "als".
dabei fühle ich mich "nur kurz" wie ein eroberer - nun ja, so ist es doch, bevor man die vertrautheit gewinnt - da fühlt man sich kurz als eroberer.

einen anderen titel? unmöglich.

gruß
chiquita


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