Nachtblauwärts

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
scarlett

Beitragvon scarlett » 24.05.2007, 22:28

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Zuletzt geändert von scarlett am 27.10.2009, 19:04, insgesamt 3-mal geändert.

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 25.05.2007, 09:03

Hallo Scarlett,

also für mich hält sich der Kitschfaktor im Rahmen. Mir gefällt der Text sehr. Schöne Wortwahl und vor allem der Titel will mir gefallen.

Schönen Tag

Jürgen

Herby

Beitragvon Herby » 25.05.2007, 09:13

Liebe scarlett,

was den von Dir in der Beschreibung angekündigten Kitschfaktor betrifft, so geht es mir ähnlich wie Jürgen.

Du webst ein ruhiges und zartes Geflecht von Worten und Bildern, das mich sehr einnimmt. Besonders gut gefällt mir die umgekehrte Satzstellung in den ersten vier Versen der letzten Strophe.

Nur an der Stelle

Organzaschleier
wehn aus den Wiesen


will ich immer "wehen" lesen. Warum hast Du hier die Verkürzung gewählt, zuvor ist ja auch von "verglühen" die Rede. Ich finde, das zweite -e bei "wehen" nähme dem Bild nichts von seiner Leichtigkeit.

Das hab ich sehr gerne gelesen!
Liebe Grüße
Herby

Perry

Beitragvon Perry » 25.05.2007, 10:48

Hallo Scarlett,
dann will ich deine Zeilen mal -nicht ganz ernst gemeint- auf die Lyrikwaage legen.
Da haben wir auf der Kitschseite die blutrote Abendstille, verglühendes Feuer, wisperndes Gras und ein Herz.
Auf der Anspruchsseite, nachtblauwärts, Organzaschleier( ist zwar doppelgemoppelt aber trotzdem originell) und pochende Spuren, die das Herz von der anderen Seite rüberholen.
Die Waage scheint mir dadurch im Gleichgewicht, nun kann jeder das herauslesen, was ihm am Besten gefällt.
Ich nehme die pochenden Spuren in den Furchen mit und wandle beschwingt nachtblauwärts.
LG
Manfred

Niko

Beitragvon Niko » 25.05.2007, 11:14

hallo scarlett!
das wort kitsch will mir hier garnicht gefallen. du solltest deinen text auch nicht schon im vorfeld kleinmachen, finde ich. ich ersetze mir kitsch durch romantisch und schon spür ich : Ja......hoher romantikfaktor ;-)
das wehen empfinde ich genau wie herby. die verkürzung ist zu nix gut, denn auch metrisch findet dadurch keine veränderung statt.
irgendetwas in mir sträubt sich sontan gegen "leise will ich sein". dieses Will ich sein"....naja........"leise möcht ich sein" oder "einfach leise sein, staunen und in die ackerfurchen mein herz legen" - das gefiele mir noch am besten. was genau ich gegen dieses "will ich" habe, kann ich dir aber nicht einmal sagen.
gleich zu anfang hätt ich evtl das "blutrot" weggestrichen. "der abend fällt in die stille" ist so stark, dass das blutrot da eher störend wirkt. die schlichtheit bewirkt manchmal das potenzieren der ausdrucksstärke. was dickpappendes schwächt beizeiten ab.. - finde ich jedenfalls (und beherrsche es natürlich auch nicht ;-) ) nachtblauwärts gefällt, mit organza kann ich nix anfangen. sacht mir nix.
aber rundherum ein unkitschig romantisches, gutes gedicht.
lieben gruß: Niko

Herby

Beitragvon Herby » 25.05.2007, 11:47

Hi Niko,

das Wort Organza stammt aus dem Italienischen und bezeichnet ein sehr feines Seidengewebe.

LG Herby

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 25.05.2007, 11:56

Liebe scarlett,
mir geht es etwas anders - die erste Strophe ist für mich schon etwas gewagt, was den von dir angesprochenen Faktor angeht ;-). Die zweite dann aber finde ich toll - es wirkt, als hätte in Strophe 1 erst einmal die ganze Leidenschaft hinaus gemusst, damit Platz und genug Atem für die zweite ist. Wenn ich die Autorin wäre, würde ich nach einer laaaaaaaangen Zeit vielleicht überlegen, ob ich Strophe 1 überhaupt brauche oder ob sie nur für das Kondensat im Schreibprozess wichtig war und nun für eine Endversion gestrichen werden könnte, die da lautete:

Am Fenster zur Nacht, Organzaschleier

Leise will ich sein, staunen
und in die Ackerfurchen
legen mein Herz –

Folge du mir nur, lass dich leiten
nachtblauwärts


Ich weiß, so geht das nicht (und das ist gut so!), aber das ist das, was für mich in diesem Text schlummert - und das ist wieder mächtig, auch sprachlich!

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Herby

Beitragvon Herby » 25.05.2007, 12:11

Liebe Lisa,

ob ich Strophe 1 überhaupt brauche oder ob sie ...gestrichen werden könnte


Hier muss ich Dir widersprechen. Für mich gehören nicht nur beide Strophen zusammen, sondern die erste bildet nach meinem Verständnis die Basis für die zweite. Das Gedicht würde verlieren, striche scarlett die erste Strophe.

Auf ein abkühlendes Gewitter hoffend, sende ich hitzige Grüße :schwitz: :schwitz:
Herby

Gast

Beitragvon Gast » 25.05.2007, 12:14

Oh ja, ich bin ganz begeistert,

liebe Scarlett,

was in diesem Text, in den letzten beiden Versen, sprachlich/ unhaltlich als Bild steckt.

Ich empfinde nicht, dass du mit der Kitschwarnung ;-) deinen Text abwertest, sondern zu erkennen gibst, dass z. B. solche Leser wie ich, zur Kenntnis nehmen, dir ist bewusst, dass es sich um einen "Grenzfall" handelt.
Und wäreen nicht die starken Schlussverse - s. o. - dann hätte ich wohl besser geschwiegen, denn gut wäre der Text nicht eben weggekommen.

Mir geht es wie Lisa.

Vielleicht ist es genau das, was du sagen willst und alles andere der Weg dahin. Es ist das Extrait, das besondere, was du unbedingt behalten musst :-)

Liebe Grüße
Gerda

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Beitragvon Lisa » 25.05.2007, 12:26

Lieber Herby,

mir ist klar, dass nicht nur du, sondern die meisten so empfinden. Darum hab ich es überhaupt schreiben können - denn ich möchte gar nicht, dass scarlett die erste Strophe streicht. Ich woltle nur zeigen, wo ich beim Text lande...und zwar an einem ziemlich tiefen Ort, auch wenn ich nicht in allen Passagen mitgehe. Weil die anderen Kommentare den Gesamttext bestätigen, war es mir möglich, das so offen zu schreiben - weil ich ich denke, dass dann mitschwingt, dass ich hier durchaus genossne habe!

Liebe Grüße,
Lisa

(ich will auch ein Gewitter!!!)
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Gast

Beitragvon Gast » 25.05.2007, 12:30

Huch, Herby,

deinen Kommentar habe ich überlesen, aber ich denke, scarlett versteht wie ich das meine. Zwischen "Streichen" und "So wie es ist belassen", gibt es auch noch andere Möglichkeiten. ;-)

Hier weht ein heißer Wind nach Gewitter riecht der eher nicht, sonder so, als ob bei uns alles vorbeizöge.

Liebe Grüße
Gerda

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 25.05.2007, 16:41

Hallo Scarlett!

Das gefällt mir gut - ich würde alles lassen, wie es ist :smile: Natürlich, "wehen" statt "wehn" wäre eine einleuchtende Variante, und eine leichte Kürzung der ersten Abteilung wäre sicher diskutabel, aber wenn es dir so gefällt...

Ferdigruß!

PS. Allen, die auf ein Gewitter hoffen: Einfach aufs Fahrrad setzen und losfahren, möglichst ohne eine jacke mitzunehmen. Hat eben wunderbar geklappt bei mir ;-) -F.
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Max

Beitragvon Max » 25.05.2007, 22:00

Liebe Scarlett,

was Jürgen zum Kitschfaktor schreibt, kann ich unterstreichen. Er ließe sich allerdings durch ein wenig Streichen weiter reduzieren. Das "blutrot" beispielsweise, ist ja nicht nur kitschverdächtig, sondern auch nicht gerade wahnsinnig originell. Und es schwächt daher den Rest des Gedichts, der ein paar wundervolle Zeilen enthält. Bei einem ersten Versuch (verbotenerweise) "meine Version" des Gedichts
herzustellen bin ich beinahe wortgenau bei Lisas Version gelandet, die ich eben noch beim Überfliegen der Zeilen der anderen gesehen habe. Lustig ... Ein möglicher Anfang wäre auch:

Der Abend
fällt in die Stille
Ein Leuchten
weist dir
den Weg in die Nacht



naja - vielleicht ist deins auch besser (lisas Version halte ich aber für eine echte Alternative).

Liebe Grüße
max

scarlett

Beitragvon scarlett » 25.05.2007, 22:14

Huch... da bin ich jetzt aber platt!

Liebe Kommentatoren,

nach einem langen und heißen Arbeitstag und mit der Perspektive eines ebensolchen morgigen kann ich erstmal nur sagen: Danke für eure Rückmeldungen, hab mich echt gefreut und bin ja ... mehr als überrascht. Ich hätte echt nicht gedacht, daß dieses Gedicht doch so gut rüberkommt.

Nehmt mir bitte nicht übel, daß ich für heute Schluß machen muß...ich melde mich selbstverständlich noch ausführlich zu euren Anmerkungen...wenn ich ausgeschlafen bin und wieder "denken" kann.

Allen einen schönen Abend und ganz liebe Grüße,

eure scarlett


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