Der arme Narr

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Herby

Beitragvon Herby » 01.03.2006, 18:59

Der arme Narr

Ein armer Mann, der dann und wann*
nur datumsmäßig Narr sein kann!
Mit aufgesetzter Fröhlichkeit
und hohler Narrenseligkeit,
mit Schminke und mit zuviel Wein
tüncht er sein Ich mit buntem Schein,
um, wenn die Lieder dann verhallen,
erneut in Griesgram zu verfallen,
worin er stumpfsinnig verharrt,
bis wieder ihn ein Datum narrt.


*Danke dir, Lisa!
Zuletzt geändert von Herby am 19.05.2008, 23:55, insgesamt 1-mal geändert.

moana

Beitragvon moana » 01.03.2006, 19:39

Hey,

is ja interessant, dass auf einmal die Narrengedicht kommen! Da war ich wohl zu früh dran mit meiner "Schadenfreude", die leider in dieser Liste schon weiter unten steht. Find ich klasse diese Gedichte. Kann man auch viel drüber schreiben, tolles Thema. Ich finde, dir is das Gedicht auch echt gut gelungen. Kanns echt sehr gut nachvollziehen, ich finde das nämlich selbst auch total dämlich, wenn die plötzlich alle ankommen mit Helau und Fasching und zwei Tage später is alles vorbei un alle beschweren sich über den Müll und die Arbeit! Auch stilistisch find ich es flüssig lesbar und die Wortwahl hervorragend getroffen!

grüßerl, moana

Uwe Beuer

Beitragvon Uwe Beuer » 03.03.2006, 17:53

Hallo Herby!
Ich glaube, hier stimmt alles - und
ist mir aus allen beiden Seelen gesprochen:
Gruß: Uwe

Franktireur

Beitragvon Franktireur » 04.03.2006, 04:44

Also, Karneval interessiert mich gleich gar nicht...

Trotzdem (oder gerade deshalb) gefällt mir das Gedicht, wegen des gelungenen Spiels mit den Worten "Narr" und "narren".

Kurz, knapp, präzise und pointiert auf den Punkt gebracht.

Gruß

Gast

Beitragvon Gast » 04.03.2006, 09:16

Ja, Herby, Glückwunsch, totz Reim ;-)
Hast die falsche Fröhlichkeit gut in den Griff bekommen.
Danke
Gerda

steyk

Beitragvon steyk » 04.03.2006, 13:51

Hallo Herby,
dein Gedicht gefällt mir, weil A: Es ist wirklich jedes Jahr die gleiche Veranstaltung, mit den gleichen Sprüchen, Reimen und gequält lachenden Gesichtern. Liegt vielleicht daran, daß ich notorischer Karnevals-Abstinenzler bin.

und B: Weil es mich sehr unterhaltsam daran erinnert hat, daß ich selbst vor vielen Jahren schon einmal einen Text darüber geschrieben habe, den ich wieder einmal ausgraben muß, um ihn zu überarbeiten - weil vergessen.

Gruß
steyk

Herby

Beitragvon Herby » 04.03.2006, 14:35

Dank euch allen für eure positiven Rückmeldungen!

@Gerda: ... ich weiß, ich weiß, der Reim, der Reim ... O:) Ich sitze seit langem über ein freies Gedicht zur gleichen Thematik, aber momentan bin ich in den lyrischen "Geburtswehen" steckengeblieben. Mal sehen, wie und wann es weitergeht. Du weißt ja um meine Probleme mit freier Lyrik. Vielleicht poste ich es dann hier irgendwann im Hochsommer einmal als erneut jahreszeitlich - unzeitgemäßen Text. ;-)

@Steyk: ... vielleicht lässt du uns ja nach Beendigung deiner Grabungs- und Restaurierungstätigkeiten das Ergebnis wissen. Bin interessiert!

Wünsche ein schönes und kreatives Wochenende in die Runde!
Herby

Gast

Beitragvon Gast » 04.03.2006, 20:28

...vielleicht gibt es demnächst dann hier einen Thread für unzeitgemäße Lyrik ;-) Herby ;-)

cyberpoet

Beitragvon cyberpoet » 07.03.2006, 23:41

hallo herby!

gefällt mir ausgesprochen gut. bin ein karnevalverweigerer und sehe mich aus den von dir im text erwähnten gründen auch darin bestätigt!

mit poetischen grüssen

cyberpoet

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 18.05.2008, 21:02

Lieber Herby!

Manchmal gehen mir auch Texte von dir nicht aus dem Sinn. So habe ich nun etwas gesucht und tatsächlich wieder gefunden.

Meinen nachträglichen Glückwunsch hierzu.

Moshe

Hakuin

Beitragvon Hakuin » 19.05.2008, 09:29

herby,

hab es leider erst ,oder ein glück - doch heute noch gelsen.

ein guter zug, diese haltung so zu hinterfragen in deiner besonderen art.

wenn die Lieder dann verhallen,
erneut in Griesgram zu verfallen,


spontan narr sein können, ja das hätte wirklich was ;-)

salve
hakuin

Herby

Beitragvon Herby » 19.05.2008, 13:33

Meine Güte, moshe, da hast du aber ganz tief in die Kiste gegriffen. Als ich den Titel im Index las, habe ich ihn zunächst gar nicht mehr als den eigenen erkannt. Es freut mich sehr, dass du dich nach so langer Zeit an den Text erinnert hast. Danke!

Auch dir, hakuin, danke ich herzlich für deine Rückmeldung.

spontan narr sein können, ja das hätte wirklich was ;-)


Ich kenne einige ;-) , die das tatsächlich können, die kein spezielles Datum brauchen. Die sind wirklich von Natur aus 'jeck', wie man in Köln sagt.

Aber nachdem moshe den Text nun reanimiert hat und ich ihn nach all der Zeit selbst wieder gelesen habe, scheint mir, er könnte eine sprachliche Überarbeitung gebrauchen. Z.B. taucht das Wort "Narr" etwas häufig auf so kleinem Raum auf. Mal sehen, wie ich es ändere.

Liebe Grüße an euch,
Herby

aram
Beiträge: 4509
Registriert: 06.06.2006

Beitragvon aram » 19.05.2008, 14:48

lieber herby,

mir erscheint "narr" nicht unangenehm gehäuft in diesem text.

auch liest er sich rhythmisch und angenehm 'geradlinig', ohne durch reim und versmaß in 'zwang' zu geraten, und kommt ohne 'füllworte' aus.

chapeau!

Mucki
Beiträge: 26644
Registriert: 07.09.2006
Geschlecht:

Beitragvon Mucki » 19.05.2008, 14:52

Lieber Herby,

ich bin auch froh, dass Moshe dieses Gedicht von dir ausgegraben hat :)
Du, als kölsche Jeck, hast natürlich einen Narren an diesem Thema gefressen,-) Umso beachtlicher finde ich deine Leistung, dass du eben die andere, nachdenkliche Seite des Narrentums so gelungen aufgreifst.
Ich finde übrigens nicht, dass das Wort "Narr" zu oft auftaucht. Es passt für mich alles rundum. :daumen:
Sehr gerne gelesen!
Saludos
Mucki


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