Liebe scarlett,
Dementsprechend muß auch das Brombeerhaar bleiben; der europäische Bezug muß erhalten bleiben, da das Ganze in diesem Raum anzusiedeln ist und das Exotische, die Insel Madagaskar - wie vorher dargelegt, für das lyrIch nur eine aus zweiter Hand ist, sozusagen, durch das Du eben.
Ja, jetzt verstehe ich! Ich würde versuchen, das aber noch zu sichern, aber nicht durch die vorgeschlagenen Nachsätze, die finde ich nicht so gelungen. In erster Linie fällt es mir schwer, das zu verknüpfen, weil das "so daß" (sprachlich verständlich und notwendig, dass du es gestrichen hast!) fehlt und dann auch noch eine Leerzeile eingezogen ist zwischen Haar und Lemuren. Ich dahcte nicht, dass die Lemurenschreie auch "aus den Haaren" kommen, sondern, dass da ein Bruch ist vom Haar weg.
Und ich glaube auch, dass dieser Bruch nötig ist, denn das wehende Haar macht diesen Ort ja "wahr", würde ich es mir als Kamerafahrt vorstellen, muss ich an Hitchcocks "Vertigo" denken, in der in einer Szene der Protagonist mit Schwindeltrauma von hinten die Frisur einer Frau sieht, die wie eine Schnecke gekämmt ist und in der er seinen Strudel sieht und sozusagen in diese Figur "hineinfällt", weil er im Innersten getroffen ist.
Hier gibt es das Bild sogar:
http://data1.blog.de/blog/w/whiplash-wi ... ertigo.jpgDie Kamerafahrt drehte dann spiralförmig immer tiefer in die Frisur hinein (Hitschcock ist da zahmer/vielleicht besser, wer weiß, er fährt glaube ich nur ran, wenn ich mich recht erinnere).
Ähnlich ist dein Haarbild komponiert, das Brombeerhaar weht und öffnet durch seinen Geruch, seine Struktur, seine Farbe die pforten in diesen gesetzandersartigen Dschungel.
Du setzt den Vers
ich hörte den schrei der lemuren – ab, weil er ein Schwellensatz ist, er ist noch Ahnung (man hört nur noch den Schrei) und ist doch schon eine tatsächliche Verortung, der magische Ort ist erreicht/beginnt/man ist eingetreten, darum geht es ja auch mit
zwischen neugier und tabu
flossen uns die tage
ins nirgendwo
weiter...das ist dann der Vollzug (auch an der Grenze, aber schon auch drin..sozusagen sind sie immer an der Grenze drin (das finde ich übrigens schön, dass du sie an die Grenze setzt und nicht in einer völligen Unwelt verschwinden lässt, das halte ich für real geträumt und darum mag ich tabu und neugier*).
Ja, ich glaube, so willst du es erzählen...
(ich würde darum übrigens wohl auch den Gedankenstrich hinter lemuren streichen, damit der Vers genau diese Schwellenposition in beide Richtungen gleichgewichtet einnimmt, der Gedankenstrich trennt ihn zu stark von der neugier/tabu-Strophe, ja im Grunde löscht er den Vers dafür sogar aus, denn er steht ja für den ort, den "Vollzug" auf der Grenze.
Trotzdem ist da noch eine ungewollte Irritation und da der Bruch nötig ist, bleibe ich dabei, dass das
Brombeerhaar diese irritation auslöst und dass das nicht nötig ist.
Der europäische Kontext ist für mich "sowieso**" da, sonst gäbe die Verortung keinen Sinn. Mir fallen die Brombeeren übrigens inzwischen noch einmal doppelt unangenehm auf, denn oben stehen ja nochmal Früchte und dort sind sie "äußerlich", sozusagen die "Zeichen".
** jetzt habe ich gerade noch eine Idee...iehe unten Vorschlag
Ich verstehe aber auch, dass du keine exotische Frucht nehmen möchtest...du möchtest es nicht offensichtlich, lieber erst im Wehen (Unterhaar sozusagen oder ganz anderes...

) entdeckt, nicht lockend und für alle sofort sichtbar.
Darum finde ich Max Vorschlag eigentlich toll, oder nicht? Dadurch hebt sich das Verhaken zu Strophe 1 auf und die Irritation verfliegt. Ich weiß, Brombeerhaar an sich klingt natürlich toll, aber ich glaube für den text insgesamt ist es besser ohne (es lässt sich ja als Wort auch verwahren).
Wie wäre denn so? (mit **-Versuch, siehe oben
.gif)
)
in jenem jahr
reiften die früchte in Europa heimlich
im schatten der sträucher
wir mußten vorsichtig sein –
dein haar
wehte mir den wind
fiebriger landschaft in bronze
ich hörte den schrei der lemuren
zwischen neugier und tabu
flossen uns die tage
ins nirgendwo
und im radio spielten sie
ebony and ivory
doch auch das half uns nicht
(außerdem war das jahre später
und wird vielleicht
ein anderes gedicht)
Vielleicxht kann man auch mit europäisch arbeiten, ich fände das sehr reizvoll, wenn das Wort noch einfließen würde....vielleicht anders, als ich es vorgeschlagen habe...~~ lyrischer klignt vielleicht auch "Abendland"?!
Achso und das nirgendwo: Ja ~~~...ich weiß nicht, ob es anders geht, aberich glaube, es würde den Text stärken. Es ist aber auch so, wie es ist, "Ok" - was ja aber nicht das höchste ist

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Du siehst, dein Text macht mir große Lust, mich damit zu beschäftigen...
Liebe Grüße,
Lisa
*Übrigens mag ich das Wort tabu hier, weil ich ihn hier durch die Betonung auch als freudschen Begriff lese (vielleicht weil es schon die gleiche Betoung hat wie "Totem und Tabu"), diese Assoziation schwingt bei mir mit und wertet den Begriff druch den Klang auf. 8Ich weiß, so war es von dir nicht angelehtn, aber trotzdem wirkt es)