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Worte II (geändert)

Verfasst: 06.04.2007, 18:57
von leonie
Worte II

Nah meinen Fingerspitzen
pochen Worte,
die ich nicht kenne,

Gedichte, die ich nicht
greifen kann.

Ihr Schweigen
bricht sich Bahn
in mir,

warmes Wandern
Richtung Herz.

Sie schweigen
und halten:
das Licht und
den Blütenschimmer

entziehen mich
still
zu Dir.


Zwischenfassung:

Worte II

Nah meinen Fingerspitzen
über den Handflächen
pochen Worte,
die ich nicht kenne,

Gedichte, die ich nicht
greifen kann.

Ich spüre ihre Wärme:
sie wandert
stromaufwärts
Richtung Herz.

Sie lassen sich nicht befragen,
nicht in Tinte zwingen.

Und antworten
immer nur
Dir.


Erstfassung:

An meinen Fingerspitzen
kurz über den Händflächen
pochen Worte,
die ich nicht kenne,

Gedichte, die ich nicht
greifen kann.

Ich spüre ihre Wärme, sie
wandert in meinem Körper
gegen den Blutstrom
Richtung Herz.

Sie lassen sich nicht befragen,
nicht in Tinte zwingen.

Und antworten
immer nur
Dir.

Verfasst: 06.04.2007, 19:39
von scarlett
Liebe leonie,

das ist sehr schön, fast meine ich, das Pochen der Worte selber zu spüren, so zart hast du das zu fassen/zu beschreiben vermocht.

Die Bilder stellen sich sofort ein, sie atmen auch mir eine zumindest z T bekannte Problematik...

Einzig mit der 2. Verszeile - kurz über den Händen - hab ich Schwierigeiten; ich vermute, daß du die Hände wegen des späteren Greifens als Bild vorwegnehmen, vorbereiten willst, trotzdem: mir scheint das irgendwie nicht so ganz glücklich, ich denke bei "über" in eine andere Richtung - ich würde überlegen, es wegzulassen.

Hab ich sehr gerne gelesen!

Grüße in den Abend,

scarlett

Verfasst: 06.04.2007, 21:35
von leonie
Liebe scarlett,

danke Dir!
Ich mag mich noch nicht von den Händen trennen, ich denke nochmal drüber nach und warte noch ab...

Liebe Grüße

leonie

Verfasst: 07.04.2007, 10:40
von Sneaky
Hallo leonie,

ich schließ mich scarlett an, das "über den Händen" stört mich auch.

Da der Text von einer Beinahe-Berührung lebt, wundert mich das "befragen", vor allem gekoppelt mit "zwingen". Hier hätte ich eher fangen/fassen erwartet.

Den Absatz Wärme gegen den Blutstrom finde ich besonders schön.

gruß

reimerle

Verfasst: 07.04.2007, 14:16
von Klara
Hallo,

mich stören die Hände überhaupt nicht, aber insgesamt hab ich den Eindruck, dass das noch nicht fertig ist.

Diese beiden Verse zum Beispiel:
Gedichte, die ich nicht
greifen kann.

Insbesondere das für mich linkisch wirkende "Gedichte". So eine Klarbezeichnung... - das kommt irgendwie amateurhaft. Verse? Zeilen? Töne? -

Den Blutstrom würde ich kürzen auf "Strom".

Und warum "Ende"? Sind die Fingerspitzen nicht schon das Ende der Finger?

An meinen Fingerspitzen
direkt über den Handrücken
pochen Worte,
die ich nicht kenne,
Verse, die ich nicht
greifen kann.

Ihre Wärme
wandert in meinen Adern
gegen den Strom
in Richtung Herz.

Sie lassen sich nicht fragen
und nicht mit Tinte zwingen.

Und antworten
immer nur
Dir.

?
lg
klara

Verfasst: 07.04.2007, 17:26
von leonie
Lieber reimerle,

vielen Dank Dir. Ich denke, ich verändere den Anfang etwas in Klaras Richtung. Mir wäre Fassen zu wenig für das, was ich sagen will. und die Worte lassen sich ja nicht befragen und zwingen. Das ist es ja gerade :sad:

Liebe Klara,

danke Dir. Mit dem Anfang, ja, das stimmt. Da ändere ich was. Aber die Gedichte, ich glaube, die müssen ebenso bleiben wie der Blutstrom und "in" Tinte zwingen. Ich denke noch weiter drüber nach...

Liebe Grüße

leonie

Verfasst: 08.04.2007, 18:18
von Lisa
Liebe leonie,

dieser Text ist mir näher als Worte I, ich mag das Thema so...

Ein paar Kleinigkeiten:

Ich habe auch Probleme mit den Händen, aber nur, weil es heißt:

An meinen Fingerspitzen
kurz über den Händflächen


Das klingt nach extrem kurzen Fingern?? Das kurz über würde ich variieren. Ansonsten finde ich eine wiederholende Spezifizierung, wenn man einen Ort ausmachen möchte, für etwas, was keinen konkreten Ort hat, als magisch, ich mag das also sehr! Also drinlassen, aber entwurstfingern? ;-)

Beim Mittelteil bin ich nicht sicher, ob er nicht noch weniger satzhaft sein könnte:

Ich spüre ihre Wärme, sie
wandert in meinem Körper
gegen den Blutstrom
Richtung Herz.


Außerdem: Gegen den Blutstrom Richtung Herz ist natürlich auch etwas schwerig, da es ja auch Blut gibt, das zum Herzen hinfließt...ohne Biologishc werden zu wollen, trotzdem...kann man das Bild noch genauer verwenden? ich weiß ja, was du erzählen möchtest...

Am Ende:

Und antworten
immer nur
Dir.


verstehe ich die Wendung zum Du nicht....das Du kommt mir zu plötzlich...also: Seine Rolle verstehe ich schon, nur entweder wollte ich es vom Anfang an integriert wissen, oder aber es gar nicht lesen...als plötzlicher Fokus in Form einer Pointe ist das für mich so wie es dasteht zwar ein starkes Thema, aber noch nicht perfekt umgesetzt...

Liebe Grüße,
die bei Wortgedichten anscheinend sehr (zu) kritische
Lisa

Verfasst: 08.04.2007, 18:53
von leonie
Liebe Lisa,

danke schonmal für Deinen Kommentar. Ich muss in Ruhe darüber nachdenken, für das, was Du ansprichst, brauche ich ein Weilchen, glaube ich...

Liebe Grüße

leonie

Verfasst: 09.04.2007, 10:45
von Max
Liebe Leonie,

ich denke, was ich anspreche, haben andere Kommentatoren schon erwähnt: Es ist die Stelle

An meinen Fingerspitzen
kurz über den Händflächen


Das ist nur mitr geballter Faust vorstellbar oder mit sehr kurzen Finger, wie schon Lisa bemerkte. Mir scheint es fast der Fall einer Sprache zu sein, die sich mit dem beschriebenen Bild verselbständigt hat?! Jedenfalls bräuchte es ja eigentlich die Handflächen für das bild gar nicht, oder?

Im Mittelteil würde ich

Herzrichtung

für

Richtung Herz

vorschlagen, aber das ist sicher nur ein Detail.

Liebe Grüße
max

Verfasst: 09.04.2007, 14:53
von leonie
Liebe Lisa, lieber Max,

ich habe versucht, einige der Anregungen aufzunehmen. Aber was das "Du" betrifft, das Du, Lisa, angesprochen hast, überlege ich noch. Ist es nicht vorher implizit schon drin? Inm Pochen, in der Wärme...

Danke Euch beiden und liebe Grüße

leonie

Verfasst: 10.04.2007, 06:25
von Peter
Liebe Leonie,

den Grundgedanken deines Gedichts möchte ich (wenn du erlaubst) heilig nennen, da sich in ihm (ich habe kaum Worte dafür) etwas widerspiegelt zwischen Aura und Verklärung, Gestalt, Atem und Licht.

Die Worte (an sich keusch) durchstreifen den Körper, leuchten, ohne den Körper zu berühren, unfassbar, nirgends eingewoben, nicht mal ins Herz, und doch anwesend.

Das ist, pardon, aber ich denke schon: heiliges Dasein.

Und natürlich versteht man deine Zeilen, sie wollen sagen, können aber auch nur selbst dieser Körper sein; wie durch ihn zieht das Licht, zieht die Anwesenheit, ohne dass sie sich "vergegenständlichen" will; ohne dass sie antworten will, als sie nur ihrer eigenen Herkunft antwortet, nur dem dortigen Bezug, dem Du.

Ich frage mich, was muss dieses Herrliche sein, das dieser denkenden Hand begegnet. Sie reicht mit den Fingerspitzen hin, anscheinend ohne dass sie sich strecken muss; denn sie ruht - vielleicht schläft sie. Und ein Wind, ein Hauch, streift vom Äußeren ins Innere, so leichthin...

Ich glaube ich würde ganz verzweifelt werden, weil doch jedes Wort dann zu wenig sein muss, immer wieder eine Verdunkelung aufzieht mit den Worten.

So kann kein Existentes sein. So ist irgend etwas anderes.

Aber was vielleicht sein (und nochmal sein) könnte, wäre eine größtmögliche Annäherung, so dass ähnlich wie durch die Hand des Gedichts der Hauch auch durch das Gedicht selber ginge.

Hier und da lese ich noch ein wenig zuviel Reibung.

Wie man diese aber auflösen könnte - ? *staunendes Schulterzucken*

Liebe Grüße,
Peter

Verfasst: 10.04.2007, 17:28
von leonie
Lieber Peter,

von Deinen Kommentar bin ich so überrascht (es legt sich auch gar nicht wieder), dass ich darauf gar nichts antworten kann. Mir fehlen die Worte (wieder einmal).

Die aufziehende Verdunkelung, die Reibung, wie Du es nennst: Das zeigt mir manchmal so sehr die Grenzen auf, dass ich das Gefühl habe, es stimmt nie. Dass der Hauch hindurchginge, ja, das wünsche ich mir. Nicht nur darüber schreiben, sondern so, dass sich etwas vollzieht. Aber ich kann es nicht...

Ich danke Dir trotzdem.

Liebe Grüße

leonie

Verfasst: 10.04.2007, 23:39
von Peter
Liebe Leonie,

Nicht nur darüber schreiben, sondern so, dass sich etwas vollzieht.


halte ich für ein sehr großes Ziel. Dieses Sich-Vollziehende im Schreiben, ja, darauf kommt es an. Und wenn es zu weben beginnt, und wenn es fließt, und wenn es berichtet, wenn es Gedanken schafft und Zusammenhang, wenn es - zum Dasein aufsteigt, ja, ich glaube, dann hebt sich die Reibung, dann hebt sich der Widerspruch auf.

Aber Schreibhaltungen, es scheint mir so auf in deiner Antwort, da du vom Nicht-können sprichst, werden für eine solche andere Sprache vielleicht nicht helfen. Vielleicht musst du nur Geduld haben, Leonie, versuchen und Geduld haben.

Es ist doch jetzt schon etwas da. Und es kommt mir so vor, als möchtest du dieses, was da ist, ganz schnell überwinden, zu einer Gegenwart hin. Dabei ist es da. Das Problem liegt vielleicht weniger in der Umsetzung als mehr im Erkennen (wenn überhaupt ein Problem besteht).

Wie sagte einmal, ich glaube ein Handwerker wars, aber ein Leser, der, vergessen in welcher Situation, Julien Green antraf. Der Handwerker sagte: An ihrer Stelle würde ich tanzen, Herr Green. Ganz für mich allein. Einfach tanzen...

Liebe Grüße,
Peter

Verfasst: 11.04.2007, 11:07
von leonie
Lieber Peter,

danke Dir. Die Geduld habe ich wirklich nicht erfunden...Ich werde es aber probieren. Das Geduld haben, das Versuchen, das Tanzen...

Liebe Grüße

leonie