Hallo ferdi, und Max
danke für die Rückmeldung, es freut mich, daß mein Gedicht dich anspricht - bis auf die angesprochene Inversion.
Ich finde nicht, daß man bei einem Gedicht mit grammatisch korrekt oder nicht korrekt sehr weit kommt. Die LIteratur liefert zahlreiche Beispiele, in denen von der normalen Wortstellung/Ordnung der Satzglieder abgewichen wird, die andere Organisation des Sprachmaterials in einem Gedicht ist nicht zuletzt eines ihrer Merkmale.
Auch die erste Strophe weicht ja syntaktisch vom "Normalen" - Subjekt - Prädikat - Objekt - ab. Wieso stört das dort nicht?
Eine Umstellung erfolgt oft aus rhythmischen Gründen, hat aber meist zur (beabsichtigten) Folge, daß dadurch auch die Betonung eine andere wird, der Schwerpunkt der Aussage sich verlagert.
Es ist einfach nicht identisch von der Intensität her, ob ich sage:
"dein gesicht// wird mir wieder zur gewißheit" oder
"dein gesicht// mir wieder zur gewißheit wird"
(im ersten Fall ist das "wird" sehr stark betont, was für die Gesamtaussage relativ nix bringt, alles andere fällt demgegenüber von der Betonung her etwas ab - im zweiten Fall ist "wieder" eindeutig betont, und das macht von der Gesamtaussage her gesehen wesentlich mehr Sinn).
Aber gut, ich sehe es ein, daß hierbei keine Einigkeit zu erreichen ist - dem einen klingt es "gestelzt", nicht "normal" (was es ja auch nicht ist), "grammatisch falsch", dem anderen ist es ein in der Lyrik zulässiges Mittel, wenn es die Aussage trägt/unterstützt - und dafür habe ich mich entschieden.
Aber ich stelle hier mal eine "normale", d h syntaktisch korrekte, konventionelle Fassung ein, nur daß es sich dann dabei um kein Gedicht mehr handelt
deine stimme hat mich entfaltet
hat die schlacken
abgelebter zeiten durchbrochen
hat das tiefe ahnen freigelegt
um etwas
das mir ganz zu eigen war
und dein gesicht
das mir aus hellen stunden vertraut war
wird wieder zur gewißheit
Mit lieben Grüßen,
scarlett