handschlag

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Perry

Beitragvon Perry » 29.03.2007, 23:11

handschlag

als wir uns
die hand reichten
bohrten sich pfeile
widerhakend ins fleisch
blut sickerte
aufs sonntägliche weiß
konnte nicht loslassen
nicht nach all den jahren
schlug sie ab - schied

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 30.03.2007, 09:35

Hallo Perry,
das hat mir sehr gut gefallen.
Allerdings hätte ich die letzte Zeile weggelassen.
Schön finde ich, dass man die Zeile
nicht nach all den jahren

verschieden lesen kann. Trotz der langen Zeit, die seit der letzten Begegnung vergangen ist oder weil man so lange zusammen war und die gemeinsame Zeit nicht vergessen kann.

liebe Grüße smile

Perry

Beitragvon Perry » 30.03.2007, 09:52

Hallo Smile,
freut mich, dass du mit diesem nicht ganz "einfachen" Text was anfangen konntest. Mir ist die letzte Zeile wegen des Wortspiels wichtig, inhaltlich wäre sie entbehrlich.
Danke und LG
Manfred

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 30.03.2007, 10:03

Lieber Perry,

Ich hab gestern schon und heute wieder.

schlug sie ab-schied
Oben bohren sich die Widerhaken rein, bleibt nur das Abschlagen. Eine harte Lösung.

Mit dem sonntäglichen Weiß als Verortung komm ich nicht ganz klar. Da hätte ich gern eine Zeile mehr gelesen dazu.
Kein einfaches Gedicht.

Lieben Gruß
Elsa
Schreiben ist atmen

Perry

Beitragvon Perry » 30.03.2007, 10:26

Hallo Elsa,
ja, nicht leicht dieses "Nicht-loslassen-können." Manchmal hilft nur eine (schmerzvolle) Trennung.
Das sonntägliche Weiß steht für das "Sonntagsgesicht, mit dem die Beziehung aufrecht erhalten wurde."
LG
Manfred
PS: Übrigens, es sind keine aktuell autobiografische Zeilen!

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 30.03.2007, 11:32

Lieber Perry,

Achja, man tut als ob. Trägt die Maske, das Sonntagsgesicht. Nun verstehe ich.

PS: Übrigens, es sind keine aktuell autobiografische Zeilen!
Das ist zu wünschen.

Alles Liebe,
Elsa
Schreiben ist atmen

Mucki
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Beitragvon Mucki » 30.03.2007, 14:53

Hallo Manfred,

du liebe Güte, du bist aber auch vielseitig. Neulich das goldige Schäfchengedicht und jetzt dieser Hammer :s030:
der wortwörtlich ins Gemüt schlägt. Sehr stark, krass und herb, wie du diese Zweierbeziehung "löst".
Das hallt sehr eindringlich nach.
Saludos
Mucki, die sich immer als bildlich vorstellt und hier hast du einige geliefert!

Gast

Beitragvon Gast » 30.03.2007, 20:05

Lieber Manfred,

viel gelobt schon dieser Text ...

Auf mich wirkt der Text irgendwie gewollt konstruiert und dabei zu sehr auf das Wortspiel geschrieben.
Eine Trennung durch "ab - schlagen" das kommt mir zu rasch.
Wenn ich nur genau schreiben könnte, was mir fehlt, vielleicht ist es "Herzblut", ja ich glaube, das ist es. Es wirkt so völlig gefühlskalt, ein wenig auch, wie nach dem "Kirchgang" wegen des sonntäglichen Weiß ...
Man könnt auch weiter spinnen in Ri. "Weißer Sonntag"...
Die Dramatik des "Fleischs", einerseits, die Leidenschaft ... da is fehlt mir ein Sequenz.
Ja tatsächlich, es ist mir ist mal zu wenig Text.
Ich denke noch, wenn mir etwas einfällt, melde ich mich noch einmal.

Liebe Grüße
Gerda

Perry

Beitragvon Perry » 31.03.2007, 16:11

Hallo Mucki,
Tag und Nacht sind nur wenige Stunden von einander entfernt und so ist es wohl auch mit Lachen und Weinen.
Die Widerhaken einer Beziehung zu lösen und das Sonntagsgesicht abzulegen geht meist nicht ohne "zu bluten" und doch liegt in jeder Trennung auch Hoffnung.
Danke für den "Hammer" und LG
Manfred

Hallo Gerda,
natürlich wäre es möglich mehr über diese Beziehung in den Text zu packen, z.B. warum sich diese "fleischliche" Abhängigkeit (Widerhaken) entwickelt hat und warum die Beziehung seine Seelentiefe (nur noch Sonntagsgesicht) verloren hat. Ich denke, das kann sich jeder Leser bzw. jede Leserin selber vorstellen. Mir kam es hauptsächlich auf die lyrische Darstellung dieses endgültigen Momets an und dazu dient gewollt das Wortspiel zum Schluss. Ist natürlich Geschmackssache!
Danke und lass unbedingt lesen, was dir noch dazu einfällt.
LG
Manfred

Gast

Beitragvon Gast » 31.03.2007, 16:53

Lieber Manfred,

eine Setzungsvariante - kein Ergänzung. Mit der Kürze habe ich mich angefreundet. ;-)

wir reichten uns die hand
pfeile widerhakten sich
im fleisch

blut sickerte
ins sonntägliche weiß

los lassen
nach all den jahren
unmöglich
schlug sie ab
schied


Liebe Grüße
Gerda

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 31.03.2007, 18:51

Lieber Perry!

Mir gefällt dein Text auch sehr gut und ich sehe hier, daß auch tiefen Schmerz ganz gut fassen kannst. (Hätte ich, ehrlich gesagt, nicht vermutet.)

Einen kleinen Vorschlag möchte ich machen: Wie wäre es, wenn du das 'sie' in der letzten Zeile wegläßt?

Moshe

Mucki
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Beitragvon Mucki » 31.03.2007, 20:03

Jou, das tut wirklich weh. Stellt man sich vor, wie da ne Hand abgeschlagen wird ... *grusel*
Mucki mit zuviel visueller Vorstellungskraft,-)

Perry

Beitragvon Perry » 31.03.2007, 20:36

Hallo Gerda,
danke für deine Variante, aber ich denke, das ist einfach nicht meine Sprache.

Hallo Moshe,
ohne das "sie" am Schluss fehlt mir der Bezug zur Hand.

Ich lasse mir beide Vorschläge aber noch in Ruhe durch den Kopf gehen.
Danke ihr beiden für euer Interesse.
LG
Manfred

Hallo Mucki,
bei aller Vorstellungskraft, es ist nur eine Bildmetapher, obwohl der seelische Schmerz manchmal noch viel schlimmer sein kann.
LG
Manfred


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