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würde

Verfasst: 20.03.2007, 17:47
von Mucki

würde

auf allen vieren
kroch der mut
zum eigenen versprechen

dir

widerstand zu leisten
um jeden preis

brachst du mich
hielt mein wille

nicht
dein zügeln

Verfasst: 20.03.2007, 18:22
von Peter
Liebe Mucki,

mein Auge hat sich zugemacht, als ich versuchte, in das Gedicht hineinzuschauen.

Das Thema scheint: Überwindung in der Unterwerfung.

Die Bilder bleiben offen - Der "Bildkörper" verschwommen.

Aber was sich doch zeigt, ein Hund... ein Halsband... oh...

Der Titel des Gedichtes ist ja "Würde", und ich erahne ein wenig, in welcher Reduzierung dieses Wort im Gedicht existiert. Ich widerstehe, das ist meine Würde, sagt in etwa das lyr. Ich, und vielleicht glaubt es daran - man sieht aber, wo es daran glaubt, oder in welchen Verhältnissen...

Was mich über das Gedicht hinaus interessiert oder anspricht ist, dass es zu einem Grundthema, wie mir scheint, deiner Texte gehört. Die Überwindung in vielerlei Form kommt oft in deinen Texten vor.

Hier, wie ich meine, in diesem Gedicht auf sehr dunkle Weise...

(Etwas unsicher oder unentschieden, schwer in das Gedicht einzuordnen, wirkt auf mich das "nicht":

nicht
dein zügeln

müsste irgendwie bestimmter sein, oder auch nicht, wenn es denn vielbedeutend sein soll.)

Liebe Grüße,
Peter

P.S. jetzt erst bemerkt, dass der Text unter dem Thema: Kindheit steht. Das wirft ein anderes Licht auf die Worte... ... trotzdem bleibt es dunkel...

Verfasst: 20.03.2007, 18:41
von Mucki
Lieber Peter,

ja, das Thema ist Kindheit. Und das Beschriebene ist ein dunkles Kapitel aus der Kindheit. (Aus der Sicht des Kindes)

Das "nicht" kann man in zweierlei Hinsicht lesen, auf die vorherige Zeile bezogen und auf die untere oder aber auch nur auf die untere.

Du hast Recht, die Überwindung, der Kampf, ist ein Grundthema von mir.
Saludos
Mucki

Verfasst: 20.03.2007, 21:15
von leonie
Liebe mucki,

ein harter und starker Text. Mir ist selbst gleich eine Situation dazu eingefallen. Ich denke, das "Willen brechen" bei Kindern (wo ja leider Gottes immer noch Menschen meinen, das müsse sein) nimmt ihnen in der Tat etwas vor ihrer Würde.
Im ersten Teil lese ich einen fast verzweifelten Mut, aber auch einen sehr bewundernswerten.

Liebe Grüße

leonie

Verfasst: 20.03.2007, 23:22
von Mucki
Liebe leonie,

ja, es gibt einen Mut, den man nicht brechen kann, um keinen Preis.
Danke dir für deinen Kommentar,-)
Saludos
Mucki

Verfasst: 21.03.2007, 08:26
von annette
Hallo Mucki,

aber wenn es Dir um diesen Mut geht, den man nicht brechen kann, warum dann das unentschiedene "nicht"? Die letzten vier Zeilen machen den ganzen Text für mich wendbar in beide Richtungen - das hattest Du ja auch beabsichtigt.

Aber gerade bei diesem Thema passt das für mich nicht. Ich kann hier nur sehr beschränkt schwarz-weiß denken: Der Wille wurde gebrochen oder nicht, der Mensch wird gezügelt oder nicht, die Würde wird genommen oder nicht. Und der Anfang klingt so, als käme der Mut gerade im richtigen Augenblick zurück, um den Menschen wieder aufzurichten, umso hilfloser bleibe ich mit den letzten Zeilen zurück.

Gruß, annette

Re: würde

Verfasst: 21.03.2007, 12:13
von Elsa
Liebe Mucki,

ich lese den Text so:

einem sehr kleinen Kind wird die Würde genommen,
es kann sich nicht wehren gegen Übergriffe(?), die zügeln sollten, es einschränken.
Aber das Kind sammelte mit letzter Kraft Mut zu widerstehen, sprich, zu überleben.

Einzig die Zeile: zum eigenen versprechen
erschließt sich mir nicht.

Das sind meine Gedanken zu deinem Text.

Lieben Gruß
ELsie

Verfasst: 21.03.2007, 14:13
von Mucki
Liebe Annette,

aber wenn es Dir um diesen Mut geht, den man nicht brechen kann, warum dann das unentschiedene "nicht"? Die letzten vier Zeilen machen den ganzen Text für mich wendbar in beide Richtungen - das hattest Du ja auch beabsichtigt.


Dieses "Nicht" habe ich in eine Extrazeile geschrieben, davor einen Absatz, es jedoch zu dem "dein zügeln" gestellt. Damit ist zwar das "Nicht" zu beiden lesbar, der Bezug aber stärker zum "dein zügeln" gedacht. Liest man nun die erste Möglichkeit (die aber bewusst nicht so stark intendiert, aber dennoch vorhanden ist), also:

brachst du mich
hielt mein wille

nicht


so ist hier gemeint, dass der Wille nicht hielt (das hat aber mit dem Mut nichts zu tun)

Die stärke Intention liegt aber im:


hielt mein wille

nicht
dein zügeln


sprich: der Wille des LIs reichte nicht aus, um das Zügeln des LyrDu zu erreichen.

Aber gerade bei diesem Thema passt das für mich nicht. Ich kann hier nur sehr beschränkt schwarz-weiß denken: Der Wille wurde gebrochen oder nicht, der Mensch wird gezügelt oder nicht, die Würde wird genommen oder nicht. Und der Anfang klingt so, als käme der Mut gerade im richtigen Augenblick zurück, um den Menschen wieder aufzurichten, umso hilfloser bleibe ich mit den letzten Zeilen zurück.


Gerade diese Hilflosigkeit möchte ich ausdrücken.
Der Mensch wird nicht gezügelt, sondern er (das LyrDu) kann sich nicht zügeln.
Zum Mut, siehe meine Antwort an Elsie, dann wird es vielleicht etwas klarer, hm?
Saludos
Mucki

Verfasst: 21.03.2007, 14:19
von Mucki
Liebe Elsie,

es kann sich nicht wehren gegen Übergriffe(?), die zügeln sollten, es einschränken.
Aber das Kind sammelte mit letzter Kraft Mut zu widerstehen, sprich, zu überleben.


Das "zügeln" bezieht sich auf das LyrDu. Es kann sich nicht zügeln, hat sich nicht unter Kontrolle, kann sich nicht beherrschen, kann nicht aufhören.

Einzig die Zeile: zum eigenen versprechen
erschließt sich mir nicht.


Hiermit möchte ich aussagen, dass das Kind sich "geschworen" hat (es zum eigenen Versprechen gemacht hat), dass es niemals den Mut verlieren wird, egal, was geschieht. Dieser Mut wird das Kind niemals verlassen. Es ist sozusagen die Prämisse, unter der das Kind lebt.
Saludos
Mucki