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in den wintermorgen gesprochen

Verfasst: 24.01.2007, 19:20
von pandora
gone

Verfasst: 24.01.2007, 20:16
von Niko
hallo pandora!
wohin fliegen sie denn? was würde uns blühen, wenn wir ihnen folgen würden? vielleicht bin ich heut ein bischen bebrettert, so vorkopfig......ich weiß nicht.
jedenfalls dachte ich, dass rein sprachflusstechnisch das "weh" ruhig das anhängbare "E" geschenkt werden sollte.
lieben gruß: Niko, hängenden flügels...

Verfasst: 25.01.2007, 10:04
von Lisa
Liebe pandora,
ein durch und durch weißer Text...er sagt mir sehr zu...
Die Überlandleitungen sind die Leitungen, an denen die Züge hängen, oder?
Darum deute ich den Text so, dass ein lyr. Ich Sehnsucht nach einem Du hat, was (vielleicht (auch) entfernungsmäßig, aber erst einmal "seelisch") weit fort ist...die Linien, die zu ihm folgen, machen diesen Wunsch gefährlich wirklich (bloß einsteigen und hinfahren), locken wie der Gesang der Vögel.
Doch das Ich weiß wohl schon, warum es nicht beim Du ist, es scheint nicht gut für es zu sein (die Hoffnung trügt), denn die Vögel (es sind ja auch schneevögel) fliegen nicht in den Süden, also an keinen Ort, wo Wärme oder schutz wartet.

Mich nimmt der Text ein, sprachlich habe ich nur eine Idee - könnte im Text nicht auch versuchen statt versuchten stehen? Gerade weil dort nicht von "ich" die Rede ist, sondern von "wir" (oder ich habe das wir ganz falsch gelesen und es ist keine Verallgemeinerung, sondern ein konkretes wir und die Ferne ist ein lockender Ort, der aber nicht halten kann, was er verspricht?). Wenn dem nicht so ist, das wir ein allgemeines ist, könnte ich mir ds versuchen auch nicht-konjunktivisch vorstellen.

Ansonsten finde ich es treffend und stark gesetzt und auch wieder sehr bildlich, ich sehe vor Augen wie der Schnee auf solchen Leitungen sich zu vögeln formt und davonfliegt...

Liebe Grüße,
Lisa

Verfasst: 25.01.2007, 10:38
von MarleneGeselle
Hallo Pandora,

beim Lesen musste ich an Ikarus denken und seinem vergeblichen Versuch, es den Vögeln gleichzutun. Hattest du ähnliche Gedanken?

Liebe Grüße
Marlene

Verfasst: 25.01.2007, 11:53
von carl
Liebe Pandora,

für mich gehört noch der kondensierte Atem zu Deinem Gedicht.
Er wird ja im Titel ausgesprochen und beantwortet Nikos Frage, was uns, vertreten durch dem "warmen Lebenshauch", passieren würde, sollten wir so expansiv mit uns umgehen, wie im Sommer/ Süden.
Ggf. könntest Du den Titel auf "in den morgen gesprochen" verkürzen, weil der Winter im Kontext des Gedichtes steht.
Ich fände "atem" auch gut.
Dabei würdest Du den "morgen" verlieren.
Ginge "singen morgens" dann auch?
Ich empfinde das "wir" allgemeiner als Lisa, weil der Atem des Wortes in den Morgen gesprochen wird und nicht zu einem Du.
Außerdem sind für mich die Überlandleitungen die Riesen-Strommasten, also nicht die Energieversorgung von Zügen.
Mit nur "atem" bliebe das alles offen.

LG, Carl

Verfasst: 25.01.2007, 12:00
von Lisa
Lieber carl und pandora,
erst dachte ich auch an Strom und daher an Telefon, dachte dann aber, dass das falsch sei, googelte und bekam Bahnleitungssynonyme, disponierte also um. Wenn das stimmt, ist das Bild noch gelungener, weil das singen der Leitungen dann natürlich die Stimme des anderen ist. Da habe ich mich wohl irritieren lassen.

So oder so - beides passt für mich.

Liebe Grüße,
Lisa

Verfasst: 25.01.2007, 17:01
von pandora
liebe lisa, lieber niko, hallo marlene und carl,

ich danke euch fürs lesen und für eure kommentare.

@niko: den schneevögeln zu folgen würde bedeuten, bloßem verlangen nachzugeben und dabei einer täuschung aufzusitzen.
den schneevögeln zu folgen würde bedeuten, sich an einem kalten und unwirtlichen ort wiederzufinden.

@lisa: du hast das gedicht er-lesen. was den konjunktiv in der zweiten strophe anbelangt, so glaube ich, dass er klar macht, dass der gedanke, den schneevögeln zu folgen, bereits "abgehakt" wurde. wenn dort steht: "weh uns wenn wir versuchen ihrem flug zu folgen" heißt das (für mich), dass zumindest noch die option besteht, dem verlockenden wunsch nachzugeben. ein gravierender unterschied, oder?
ja, und die überlandleitungen gehen (für mich, technisch völlig ungebildet) von diesen riesigen strommasten aus und versorgen nicht nur die deutsche bahn. wenn man im winter unter ihnen läuft, sirren sie tatsächlich. oder singen. irgendsowas.

@carl: der titel "in den morgen gesprochen" gefällt mir. du hast recht, dass es im gedicht um einen wintertag geht, wird auch so klar. "atem" könntest du dir auch als überschrift vorstellen? verstehe ich das richtig?

@ marlene: ein schöne assoziation, aber nein, ikarus hatte ich nicht im sinn.

liebe grüße
pan, die heute ihr auto in einer schneewehe (!!!) parken musste und es nicht wieder rausbekam

Verfasst: 25.01.2007, 20:56
von Max
Liebe Pandora,

was mir an diesem kleinen Wintergedicht besonders gefällt, ist, dass die Überlandleitungen ja wirklich surren, wenn man unter ihnen steht. Das dieses Surren nun Schneevögel gebiert finde ich schön.

Insgesamt habe ich diese Warnung vor den Schneevögeln sehr gerne gelesen, sie spinnt den Winter weiter.

Liebe Grüße
Max

Verfasst: 26.01.2007, 10:22
von Gast
Liebe pnadora,

ein wehmütiges Gedicht, voll Fernweh, aber gelichsam mit der Warnung:"weh uns".
Das Bild der "Schneevögel" suggeriert Einsamkeit, insbesondere, da die Autorin den Leser mit dem "Wir" direkt anspricht und miteinschließt in die Gefühle.
Ein Gedanke, klar und kurz, der aber trägt und nachhallt, eben jene Wehmut erzeugt, die mit Sehnsucht und Vergehen (Tod, Verderben) zu tun hat.
Berührt mich sehr.


Liebe Grüße
Gerda

Ja, die Überlandleitungen sind die Hochspannungsleitungen der Stromversorgung über Land. Sie singen ja wirklich bei Temperaturunterschieden. Mir hast du die erinnerung an einen verlorenen Text wiedergegeben durch dieses Wort.

Verfasst: 27.01.2007, 11:14
von Lisa
was den konjunktiv in der zweiten strophe anbelangt, so glaube ich, dass er klar macht, dass der gedanke, den schneevögeln zu folgen, bereits "abgehakt" wurde. wenn dort steht: "weh uns wenn wir versuchen ihrem flug zu folgen" heißt das (für mich), dass zumindest noch die option besteht, dem verlockenden wunsch nachzugeben. ein gravierender unterschied, oder?


Ja...aber der Schmerz in dem Gedicht (und von dem Schmerz lebt es ja!?), wäre für mich weniger tot (ah..weniger tot ;-)), wenn noch die Gefahr bestünde, dass das lyr. Ich das tun könnte, so geht der Leser auch mit seinem eigenen Mutentwürfen mit....
Ansonsten könnte ich mir den Schmerz nur lebendig machen, wenn das lyr. Ich aus Erfahrung spricht, also genau das einmal getan hätte. Aber ich glaube der Indikativ machte es für mich fühlbarer.

Mit den Leitungen komme ich jetzt wohl auf keinen grünen Zweig mehr :pfeifen: . Klar, ich kenn das Surren auch, glaubt mir nur jetzt keiner mehr, das war in meiner Vorstellung auch sozuagen mit drin, trotzdem woltle ich (wohl eine zu dirkete) Verbindung zum Du ziehen und dachte an telefonieren oder Reisen ;-). Aber jetzt habe ich das verstanden...und mag es immer noch.

Liebe Grüße,
ich wäre für Indikativ..dumdidum...
Lisa

Verfasst: 27.01.2007, 12:56
von Max
Liebe Pandora,

ich nochmal. Gerade erst fällt mir den Titel auf, der ist einfach nur schön!

Liebe Grüße
max

Verfasst: 27.01.2007, 18:42
von königindernacht
Ja, das ist er. Und der Text ist originell im Bild und dieses ist nachempfindbar eingefangen.

So wehmütig empfinde ich den Text gar nicht an diesem kalten Wintertag. Im Gegenteil, ich ziehe die Augenbrauen hoch und freue mich, dass ich rechtzeitig gemerkt habe, wie gefährlich oder trostlos oder unsinnig der Flug mit den Schneevögeln wäre. Dann reibe ich mir die Hände mit Schnee ein und gehe unter den Leitungen hindurch. Sie summen auch im Winter- huch, bloß weg hier... *heutesogeschehen*

Herzlichst, KÖ