20. Januar

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
königindernacht

Beitragvon königindernacht » 20.01.2007, 23:28

20. Januar

Die Amsel hörte ich laut singen
an diesem Tag im Januar,
will sie uns einen Frühling bringen
obwohl es noch nicht Winter war?

Ich sehne mich nach roten Wangen,
gebeizt vom Frost auf meine Haut,
nach Schnee von Händen aufgefangen
bis sein Kristall in ihnen taut.

Was ist mit diesem Jahr geschehen,
das trotz der Stürme eislos bleibt
und ohne Regel unbesehen
ein erstes Gelbgrün furchtlos treibt?

Zwar gilt der Blütezeit mein Streben
mit ihrem zarten Duft und Klang,
Doch möchte ich erst Kälte leben
bevor mir warm wird, frühlingslang.


(leichte Veränderungen dank Herbys Tipp und eigener Nachtgedanken)
Zuletzt geändert von königindernacht am 21.01.2007, 07:37, insgesamt 2-mal geändert.

Herby

Beitragvon Herby » 21.01.2007, 00:24

Liebe Kö,

Du sprichst mir mit Deinem Tagesgedicht aus der Seele!

Nur das "Streben" in der letzten Strophe will mir nicht so recht eingehen, aber der Reim ... ich weiß. Vielleicht lässt sich hierfür noch eine andere Lösung finden, von der ich momentan aber auch noch weit entfernt bin. :neutral:

Zum Versmaß möchte ich Dir dagegen zwei Vorschläge machen. Bis auf zwei Verse hast Du konstant einen reinen vierhebigen Jambus eingehalten. Mir kamen eben beim Lesen folgende Vorschläge:

erstes Gelbgrün furchtlos treibt? = Trochäus
> ein erstes Gelbgrün furchtlos treibt


doch muss ich zuvor Kälte leben
hier liegt durch den Jambus die Betonung auf ZUvor. Durch eine Umstellung wäre es wieder im Lot:
> doch muss zuvor ich Kälte leben

Aber ab Dienstag soll der Winter ja kommen ... also durchhalten! :schneemann:

Liebe Grüße und einen schönen Sonntag
Herby

Mucki
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Beitragvon Mucki » 21.01.2007, 01:05

wieder ist dir ein wunderbares, wehmütiges Jahreszeitengedicht gelungen, KÖ.
Du kannst das wirklich!
Ist dir aufgefallen, dass die Vögel bereits um 2.00 Uhr zwitschern? Sie sind, wohl durch den warmen Winter, völlig aus ihrem Rhythmus gefallen.
Saludos
Magic

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 21.01.2007, 07:41

Nein, liebe Magic, das nicht, aber wenn mich die Amsel sonntags früh um Sieben weckt, ist dies genauso verrückt. Ein Wintersehnsuchtsgedicht zu schreiben wäre mir bisher nie in den Sinn gekommen, gäbe es da eben nicht dieses Jahr.
Herby, vielen Dank für dein so aufmerksames Lesen. Jetzt weiß ich, warum mein Schlaf so unruhig war! *lächel* Es bedurfte noch zweier klitzlekleiner Veränderungen, die dank deines Tipps ganz schnell gingen.

Ich wünsche euch rote Wangen, herzlichst, KÖ

Sneaky

Beitragvon Sneaky » 21.01.2007, 11:49

Hallo königinderNacht,

hast du eine Zaubernuss im Garten (wegen dem Gelbgrün?)

das ist schön geschrieben und gereimt
in Strophe zwei, könnte da der Frost nicht aktiver dargestellt werden?
die mir ein Frost beizt auf die Haut?

"der zarte Duft und Klang" ist fast zu schön, aber die Schlusszeile lässt das schnell vergessen, die ist wirklich gelungen.

Max

Beitragvon Max » 21.01.2007, 13:35

Liebe Kö.,

in das in deinem Gedicht beschriebene Gefühl des Befremdens über diesen Winter kann ich mich gut hineindenken.
Ich finde es auch einen ganz interessanten Zug, dass dieses Gedicht in Reimform daher kommt, denn das verstärkt bei mir das fremde Gefühl.
Allerdings fühle ich mich gelegentlich mit der konkreten Ausgestaltung noch nicht ganz wohl. Dies gilt beispielsweise für die Fragefoprm von Strophe 1, die auf mich ein wenig wie ein Kindergedicht wirkt.
Außerdem ist mir der Zusammenhang bei
Was ist mit diesem Jahr geschehen,
das trotz der Stürme eislos bleibt


nicht so ganz klar. Mit Wiinterstürmen ist es meiner Erinnerung nach immer so, dass sie in besonders warmen Wintern auftreten ... also versteh ich das "trotz" nicht.

Schließlich scheint mir das Wort "Streben" in

Zwar gilt der Blütezeit mein Streben


nicht genau auszudrücken, was gemeint ist - man kann doch schlecht nach dem Frühling streben, er kommt (oder kommt nicht) doch sowieso ...

Wie immer fällt mir natürlich nix Besseres ein ;-)

Liebe Grüße
Max

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 21.01.2007, 16:23

Ja, lieber Max, wenn dein Empfinden so ist, dich die Frage an ein Kindergedicht erinnert, warum nicht? Ein kindliches Staunen bewahren wir, die wir Gedichte schreiben, wohl alle in uns. Ich frage dies ganz erwachsen und fraulich.
Das Bild der Winterstürme verbindet sich bei mir immer mit eisiger Kälte, die im Gesicht weh tut. Daher das "trotz". Da brausen ununterbrochen kleine "Kyrills" über die große Stadt, aber bringen kein Eis und Schnee mit sich.
Mit dem "Streben" allerdings gebe ich dir Recht, denn Streben ist etwas Aktives und irgendwie mit Tun verbunden. Diese Zeile (und die vierte) werde ich ändern.

Hab vielen Dank für deinen liebevoll- kritischen Blick,

herzlichst, KÖ

scarlett

Beitragvon scarlett » 21.01.2007, 20:52

Liebe KÖ,

auch mir gefällt dein Gedicht sehr gut, die eingefangene Stimmung und die Gedanken zu diesem seltsamen Winter teile ich durchaus.

Das "Streben" stört mich übrigens gar nicht, für mich bringt es zum Ausdruck, daß das lyrIch schon eher den Frühling/Sommer liebt und diesem entgegenblickt/hofft - u das ist ja OK.

Vielmehr frage ich mich, ob die Amsel "einen" Frühling bringt und nicht "den" Frühling- d h ob das sprachlich so geht, es ist zumindest ungewöhnlich in diesem Zusammenhang - wobei mir klar ist, daß du ein zweisilbiges Wort brauchst, um im Rhythmus zu bleiben...

Hab ich gern gelesen,

liebe Grüße

scarlett

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 22.01.2007, 21:00

Liebe Scarlett,

danke für deine lieben Wortr. ich denke, "einen" Frühling kann man in diesem Zusammenhang schon sagen. Ich lasse das Textlein jetzt einfach ruhen und schau dann noch mal drüber...

Herzlichst, KÖ


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