der tag

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Hakuin

Beitragvon Hakuin » 10.01.2007, 15:29

der tag

vergeht
hinter meinem
fenster
ich
geblieben

© hakuin07

Niko

Beitragvon Niko » 10.01.2007, 17:13

hallo hakuin!

zunächst war ich ein bischen verwirrt. wollte dir schon ein fehlendes "bin" hinter das "ich" vorschlagen. dann las ich "fenster ich" in einer zeile, da war´s für mich entschlüsselbarer.

vielleicht ist es dir zu offensichtlich, aber so würde ich es zumindest lesen. wenn nicht auch schreiben:


der tag

vergeht
hinter meinem
fenster ich

geblieben




das "geblieben" kann bedeuten: alles ist beim alten geblieben, oder aberzurückgelassen. oder : obwohl der tag vergeht, bin ich geblieben. das finde ich das eigentlich spannende am text und ich finde es hervorhebungswürdig durch eine leerzeile.
was meinst du?
lieben gruß: Niko

scarlett

Beitragvon scarlett » 10.01.2007, 17:32

Lieber Hakuin,

und ich habe spontan gelesen:

"hinter meinem
fenster
ich
bleibe"

Hmm, aber Nikos Lesung/Deutung/Setzung ist auch interessant...

Schön, daß es Spielraum läßt....

Gruß,

scarlett

Mucki
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Beitragvon Mucki » 10.01.2007, 18:07

Lieber Hakuin,

du reduziert deine Gedichte immer mehr, zu viel m.E. Es klingt schon nach "falschem" Deutsch.
Der Sinn ist klar, jedoch ist mir das "ich geblieben" zu kurz, da fehlt was, nämlich, was bei dem ich geblieben ist.
Saludos
Magic

Niko

Beitragvon Niko » 10.01.2007, 18:46

vielleicht fehlt genau deswegen das "bin", das doch so sehr dahindrängt: "ich bin geblieben" so könnte man lesen: zwar bin ich nicht, aber ich bin geblieben.......vielleicht ein bischen verwegen, aber nu.......drängt sich irgendwie in mir auf.

lieben gruß: Niko

Klara
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Beitragvon Klara » 10.01.2007, 19:39

Hallo,

vielleicht wäre ein Spiegelstrich hilfreich:

der tag

vergeht
hinter meinem
fenster
ich -
geblieben


Ob mir das gefällt oder nicht, weiß ich nicht. Es hat was, hat auch was... Perfektes? Aber es ist so... traurig in seiner Gleichgültigkeit. Kann völlig daneben liegen.

lg
k

Mucki
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Beitragvon Mucki » 11.01.2007, 00:23

Ich sah das "ich geblieben" eigentlich eher positiv, kann natürlich auch negativ besetzt sein. Der Tag vergeht ja, aber das Ich? DAS ist es ja, hier fehlt was. Da hilft m.E. auch der Bindestrich nicht weiter.
Saludos
Magic

Hakuin

Beitragvon Hakuin » 11.01.2007, 15:40

niko
scarlett
magic
klara

ebenenvielfalt, ja dafür schreibe ich auch gerne mal falsches deutsch ;-) -magic
und ein "bin" oder einen "-" zu setzen..., in gedanken find ich das besser.

damit bleibt die lesart offener, für mich.

ICH
...ich bin geblieben: die verortung meines körpers
oder...
ich geblieben: das nichtkörperliche, gedankliche, psychologische, emotionale biochemisch-molekulare ICH

...der tag vergeht hinter meinem fenster
...hinter meinem fenster ich

denke gerade über die funktion des fensters nach...was meint ihr?
ohne fenster wäre die wirkung eine andere- oder?

salve und dank euch sehr
hakuin

Gast

Beitragvon Gast » 11.01.2007, 20:10

Lieber Hakuin,

erst bin ich gestolpert darüber, dass es mir so schien, als müsse ein "bin" vor geblieben stehen.
Nun nachdem ich etwas Abstand gewonnen habe - keine Kommentare gelesen habe, lese ich heraus, das es wohl heißt: Das "ICH" ist geblieben (existenziell) und nicht "ich bin geblieben" (örtlich).
Sie ist schon ein wenig störrisch, diese Verknappung, obwohl ich selbst ja auch ganz gern kurz und bündig bin.
Aber mir lässt es viel offen, was das Wesen des "ICH" betrifft, das gefällt mir und nicht wo es geblieben ist.

Liebe Grüße
Gerda

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 14.01.2007, 11:45

Lieber Hakuin,
ich überlege und spiele mal mit...


der tag

vergeht

hinter meinem
fenster

ich
geblieben

oder:

der tag

vergeht

hinter meinem
fenster

bleiben


Liebe Grüße,
Lisa
(mir gefällt das Bild (hinter dem Fenster vs. bleiben/ändern)
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Herby

Beitragvon Herby » 14.01.2007, 12:51

Hallo Hakuin,

Deine Verse beschäftigen mich nun seit dem ersten Lesen und ich schleiche mich immer mal wieder an. Obwohl oder eben auch weil sich Dein Gedicht mir noch immer nicht völlig erschließt, finde ich es sehr interessant.
Lediglich in einem Punkt bin ich mir sicher, und geht es mir ähnlich wie Gerda: die existenzielle Deutung der letzten beiden Verse ergibt für mich weitaus mehr Sinn als eine lokale Interpretation.

Ich stimme Dir völlig zu, wenn Du schreibst:

und ein "bin" oder einen "-" zu setzen..., in gedanken find ich das besser.
damit bleibt die lesart offener, für mich.


Jedoch setze auch ich wie einige meiner Vorkommentatoren beim Lesen vor den letzten beiden Versen eine Leerzeile.
Das Fenster würde ich auf keinen Fall streichen, weil dadurch ein wichtiges Element des Gegensatzes zwischen Lokalem (was ja für das Gedicht als Ganzes durchaus eine Rolle spielt) und Existenziellem weg bräche.

@Lisa: Deine erste Textvariante kommt meinem eigenen Verständnis von Hakuins Versen dabei noch am nächsten. Mit Deinem zweiten Vorschlag habe ich Probleme, da mir der Infinitiv hier zu allgemein und fast etwas verfremdend erscheint.

Liebe Sonntagsgrüße an Euch
Herby

Max

Beitragvon Max » 14.01.2007, 13:19

Lieber Hakuin,

nachdem ich die Kommentare der anderen gelesen habe und auch Deine Begründung, warum Du screibst, was Du schreibst, geht mir ein, dass Du nicht einfach ein Verb einfügen kannst. Die Doppelbedeutugn des "ich geblieben" ist in der Tat ja gerade der Clou an dem Text.

Allerdinsg bin ich in meiner Setzung und Lesart dann dichter an Lisa als an Dir, z.B. so:

der tag

vergeht

hinter meinem
fenster

ich geblieben

Liebe Grüße
max

Hakuin

Beitragvon Hakuin » 15.01.2007, 13:55

liebe gerda: "störrisch, diese Verknappung", ja du hast wohl gerade einen teil von mir entzaubert ;-)
der mitunter gar ins schlechte deutsch abdriftet..., wo da die grenze liegt, zw. akzeptabler lesart und abart...ich werde das schon noch herausfinden mit EURER hilfe...


hallo herby: schleiche mich immer mal wieder an...das machen KATZEN so - oder? ich hoffe es, da ansonsten die falle wohlmöglich zuschnappt, solltest du doch zur anderen fraktion zugehörig sein ;-)

liebe lisa: ja spielen ist sehr gut! gut gemischt, gutes blatt, toller zug - danke dir.

hey max: ja ich mag diese setzung auch SEHR. was meinst du/IHR: wie kann eine vielfältige lesart sehr zurückhaltend ermöglicht werden? wie auch diese:

der tag

vergeht

hinter meinem
fenster -
ich

geblieben

eine entwicklung zeigt sich bei mir auf oder ist stabil?... die eher ohne setzungsvarianten arbeitet, also den text rudimentär belässt und die lesart daher so offen wie möglich anbietet.

grüße EUCH sehr
salve
hakuin

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.01.2007, 14:07

hast du schon mal über die Möglichkeit nachgedacht, die Zeit zu ändern und am Schluss zu schreiben:

ich bleibe

das fände ich interessant, was meinst du? Oder entfernt es sich zu sehr von deiner Intention?
Saludos
Magic


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