schneeschmelze

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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leonie
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Beitragvon leonie » 08.01.2007, 22:42

schneeschmelze

will
mein herz
in einen pelz aus rauhreif
hüllen

mir
schneeweiß
auf die augen
legen

und mich
an klarer kühle
wärmen
wie eine apfelblüte

doch der winter
verwandelt
mich nicht

nicht das eis
trägt sondern
das wasser

ein murmelnder bach
hinter
gläserner haut


Erstfassung:

schneeschmelze

will
mein herz
in einen pelz aus rauhreif
hüllen

schneeweiß
als make up
auf die augen
legen

und mich
an klarer kühle
wärmen
wie eine apfelblüte

doch ich weiß
der winter verwandelt
mich nicht

und nicht das eis
trägt sondern
das wasser

ein murmelnder bach
hinter
gläserner haut
Zuletzt geändert von leonie am 12.01.2007, 22:09, insgesamt 3-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 09.01.2007, 00:56

Liebe leonie,

du hast wirklich eine tolle kreative Phase!
Wieder ist dir ein wunderschönes Gedicht gelungen mit sehr klaren Bildern. Dein Gedicht ist wie ein Film, den man vor Augen hat.

Einzig das Wort "make up" würde ich überdenken. Z.B.

schneeweiß
auf die augen tragen

damit wird klar, dass du make up meinst.

Sehr gerne gelesen.
Saludos
Magic

pandora

Beitragvon pandora » 09.01.2007, 08:37

liebe leonie,

tolle winterbilder. wo nimmst du die her bei der derzeitigen witterung? :blink2:
dennoch ein paar anmerkungen:

- strophe zwei enthält für mich einen widerspruch. wärmt sich eine apfelblüte an klarer kühle? (bedarf es des apfelblütenbildes?)

- das gedicht enthält zweimal "weiß", in unterschiedlichen bedeutungen.
eventuell könnte man das zweite ersetzen durch ein anderes verb.
(ahnen, kennen...)

- zweimal "und"; das zweite halte ich für verzichtbar:

nicht das eis trägt
sondern das wasser


lg
p.
Zuletzt geändert von pandora am 09.01.2007, 08:37, insgesamt 1-mal geändert.

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 09.01.2007, 08:37

Hallo Leonie

Da ist Dir wieder ein sehr schöner Text gelungen. Ich kann magic nur zustimmen.

"Kühle" könnte man durch "Kälte" ersetzen, je nachdem wie stark es ausgedrückt werden soll, und Magics Vorschlag bezüglich des Make-Ups finde ich sehr gut.

Das Gedicht ist aber auch so wie es jetzt da steht, sehr stark.

MfG

Jürgen

Hoedur

Beitragvon Hoedur » 09.01.2007, 11:34

Hallo Leonie,

schöne Worte und Bilder verwendest Du da.
Die Kühle die wärmt ist für mich auch ein Widerspruch.
Oder was hast Du hier für Gedanken?

und nicht das eis
trägt sondern
das wasser

hier weiß ich auch nicht so recht, was Du damit meinst, ...
denn ich kann nicht auf dem Wasser laufen ;-)
ein murmelnder bach
hinter
gläserner haut

Das hingegen ist wunderschön.

Lg
Hoedur

Gast

Beitragvon Gast » 09.01.2007, 12:18

Liebe leonie,

ich bin gestern schon um dein neues Gedicht drum herum, ;-) als noch keiner etwas dazu geschrieben hatte.
Die Winterbilder sind - derzeit besonders - erhellend, ja.
Ich habe auch kein Problem damit, dass das Wasser trägt und nicht das Eis, wenn ich metaphorisch denke und mich gerade auch an deinen letzten Text erinnere, denn das Wasser ist Quell des Lebens.

Mir persönlich schmelzen die Bilder zu süß - nicht böse sein- ist ja offenbar mein persönlicher Geschmack.
Was ich zusätzlich empfinde, dass die Bilder anfangs ein Wenig konstruiert wirken, vielleicht um gängigen zu entgehen. (Wie am Schluss) .
Da wäre der Pelz aus Raureif ums Herz, make up (hat Magic schon erwähnt), dann die Apfelblüte.
mit der es für mich umstimmig wird und nicht (um)deutbar. Denn eine Apfelblüte erfriert, sie erfrischt sich nicht am Frost und Schnee.
Der murmelnde Bach ... leider sehr oft schon gehört, etwas abgenutzt, obwohl schön. Wenn, dann aber bitte unter der gläsernen Haut, damit das Bild stimmig ist.

Liebe Grüße
Gerda

scarlett

Beitragvon scarlett » 09.01.2007, 14:20

Liebe leonie,

du hast einmal mehr wunderbare Bilder gemalt, die mich sofort in ihren Bann ziehen, die ich förmlich vor mir sehen kann.

Das Bild der Apfelblüte, das für mich die Zartheit und die Weiße des Rauhreifs wiederaufnimmt, finde ich gelungen, nach mehrmaligem Lesen bringe ich sie in Verbindung mit der Wärme, die erwartet wird.

Das "make-up" würde ich, wie magic schon anmerkte, auch nochmal überdenken - u evtl. ganz weglasssen, da das Folgende alles sagt...

Am eindringlichsten finde ich die Metapher mit dem Eis und dem Wasser - das Festgefrorene, das Statische im Gegensatz zur Flexibilität, zum Fließenden, sich ständig Verändernden... Ganz toll!

Sehr gerne gelesen,

scarlett

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leonie
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Beitragvon leonie » 09.01.2007, 16:47

Hallo Ihr lieben Kommentatoren und Kommentatorinnen,

vielen Dank ersteinmal, ich freue mich über so viele konstruktive Rückmeldungen. Ich lasse mir die einzelnen Vorschläge in Ruhe durch den Kopf gehen und werde ganz sicher einiges aufnehmen.

pandora, Du bist nicht ganz unschuldig an diesen Winterbildern, denn nachdem sowohl Du als auch Paul so den Schnee einforderten, dachte ich , ich möchte auch gern ein Wintergedicht schreiben mit einer etwas anderen Zielrichtung allerdings. Was die Bilder betrifft habe ich Anleihen bei meiner Erinnerung an den letzten Winter gemacht (vor allem beim Rauhreifpelz, den gab es da einmal auf Gräsern).

Zur Apfelblüte: Gut, wenn man ein Kind hat, das einem ein Alibi gibt, dass man die "Sendung mit der Maus" gucken darf. :-)
Dort wurde vor einiger Zeit gezeigt, wie ein Obstbauer seine Apfelblüten mit Wasser besprengt, wenn Frost angesagt ist, weil das sich bildende Eis sie dann vor dem Erfrieren schützt. Ich habe auch Bauklötze gestaunt, ein Physiker kann sicher erklären, wie das energietechnisch funktioniert (Ich glaube, das Gefrieren setzt Energie frei oder so ähnlich). Den Apfelblüten ist jedenfalls unter dem Eis so kuschelig warm, dass sie keinen Schaden nehmen.
Ich hänge ein wenig an dem Bild, wenn ich ehrlich bin...

Hoedur, mit dem Wasser, das hat Gerda so erklärt wie ich mir das dachte, obwohl ich verstehe, dass das Bild verwirrt. Aber ich weiß noch nicht, ob ich es ändern will.

Gerda, die Bilder sind vielleicht ungewohnt und es natürlich okay, wenn sie für Deinen Geschmack "süß schmelzen". Bewußt konstruiert habe ich sie aber nicht. Und das "hinter gläserner haut" geht für mein Empfinden, ich finde es fast schöner als "unter". Mal sehn, ich denke noch nach...

magic, Jürgen und scarlett, auch Euch vielen Dank, das make-up ist schon so gut wie gestrichen!

Liebe Grüße

leonie

Max

Beitragvon Max » 09.01.2007, 19:57

Liebe Leonie,

Du hast derzeit wirklich einen Lauf undich freu mich für Dich!

Bei den Apfelblüten habe ic mich noch gefragt, ob die sich wirklich an der Kühle wärmen (tun sie es? Ich bin kein Biologe) ... aber ab hier

nicht das eis
trägt sondern
das wasser

ein murmelnder bach
hinter
gläserner haut


ist es einfach nur Klasse!

Mach weiter so, dann gibt es bestimmt bald die Kategorie "Leonie"

Liebe Grüße
max

Perry

Beitragvon Perry » 09.01.2007, 22:15

Hallo Leonie,
ich finde, dein "gutes" Gedicht hat durch die Überarbeitung noch gewonnen. Was mir noch fehlt ist der Bezug zum Titel.
Ich könnte mir deshalb den zweiten Teil des Gedichtes auch so vorstellen:

doch ich ahne
der winter
geht bald

nicht das eis trägt
sondern
das wasser

nimmt mich mit
auf seiner
gläsernen haut

LG
Manfred

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Beitragvon leonie » 10.01.2007, 11:08

Danke, lieber max und lieber Manfred!

Also, wenn ich das mit der Apfelblüte richtig verstanden habe, dann wird beim Gefrieren Wärmeenergie frei und das genau schützt die Blüte, deswegen meine ich, kann man sagen, dass sie sich an der Kühle wärmen, das drückt dieses Paradoxe für mich aus.

Manfred, ich finde Deine Version auch schön, aber sie verändert mir fast zu sehr den Inhalt. Ich denke noch über den Schluss nach, ich weiß selbst noch nciht so recht, ob er so bleiben soll oder nicht.

Liebe Grüße

leonie

Mucki
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Beitragvon Mucki » 10.01.2007, 13:06

Liebe leonie,

ich könnte mir denken, dass dieses Phänomen mit der Hitze durch Eis das gleiche ist wie bei einem Iglu. Warum ist es da drin warm? Oder warum zieht man sich die Handschuhe aus, wenn man eiskalte Hände hat, und reibt sie mit Schnee? Sie werden dann richtig warm.
Saludos
Magic

Max

Beitragvon Max » 12.01.2007, 18:19

Liebe Leonie,

oh, das mit der Apfelblüte war mir neu, das wusste ichnoch gar nicht, danke!
Übrigens frage ich mich gerade, warum das lyr.. Ich in Strophe 4 ahnt, warum es nicht einfach so ist ... ?!




Liebe Magic,

isch fürchte in einem Iglu ist es nur relativ warm und absolut schweinekalt :-) und wenn man sich bei Kälte die Handschuhe auszieht ist das eher ein Zeichen von Kältewahn *GRINS*

Liebe Grüße
Max

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Beitragvon leonie » 12.01.2007, 22:08

Liebe magic,

falls es irgendwann hier mal wieder Schnee geben sollte, probiere ich das mal aus, ich kannte das noch nicht!

KLieber Max,

ja, als ich den Text gerade noch eimal las, dachte ich auch, das kann eigentlich weg. Ich streiche es.

Danke und liebe Grüße

leonie


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