Lieber Niko,
danke für deine Erläuterungen. Mir war das wichtig, weil ich finde, dass der Text für mich durch ein paar Umstellungen noch gewinnen könnte. Versteh mich nicht falsch, ich bevorzuge durchaus nicht die klare Lesart gegenüber der assoziativen (oder wie man sie auch immer nennen will), aber ich finde schon, dass der Text hier etwas relativ klares an den Leser vermitteln will. Daher wäre ich für einige Umstellungen, die etwas mehr Orientierung und eindeutige Bezugnahme zulassen.
Insgesamt finde ich also, dass es sich ein genaueres Hingucken und sogar aufdröseln bei diesem Text lohnen könnte, wenn ich magic auch zustimme (ich hoffe, ich darf so anschließen), dass das generell sicher nicht immer ergiebig ist. Aber falls das hier zu Einsichten führt, die den Text psotivi erweitern/verändern, kann es rückwirkend ja neuen Lesern Freude bereiten und dem Autor damit auch
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ganz oben im norden
kennt man ihn nicht
man ist dort
wir reden immer vom norden, von "oben". wenn man aber dort ist, dort lebt, am nordpol oder ganz nördlich, so hat man dieses denken nicht. man ist dort. ebenso ist es mit den wünschen, vorstellungen. sind sie erreicht, so sind sie selbstverständlich und bedürfen keiner erwähnung mehr. sie verlieren die bedeutung.
Das ihn verwirrt, mich zumindest, ich dachte, mit ihn sei der Brunnen gemeint oder etwas ungenanntes, nicht aber "Norden" oder "Pol".
ich will sein
nördlich am pol
ganz oben nur
einen schritt
entfernt vom unteren
ende
dabei dachte ich daran, das es traumhaft wäre, wünsche, vorstellungen erfüllt zu sehen, aber gleichzeitig am anderen ende zu sein. voller hoffnung und wünsche. satt sein ist ein furchtbarer zustand.
es kommt nicht zum ausdruck, dass der Wille, dass die Wünsche erfüllt sind, auch das Bedenken in sich trägt, dass dies zugleich etwas "falsches" bedeutet. Ich würde das etwas mehr in sich herleiten, also das einen schritt entfernt vom unteren ende inhaltlich stärker binden an das ganz oben am Pol zu sein. Durch eine Konjunktion, die Zeitgleichheit ausdrückt zum Beispiel.
im wert liegt keiner
wenn man ihn hinterfragt
zwei euro sind ein cent
über die schulter geworfen
wünsche sind relativ und von unterschiedlichem wert (zwei euro sind ein cent) dabei dachte ich vor allem an die materiellen dinge. jetzt beim kommentieren wird mir aber klar, dass "wert" auch für "werte" stehen kann, für nicht materialistische dinge. "über die schulter geworfen" der wert ändert sich, wenn man ihn hinter sich lässt, will heißen, erlebt hat.
ich wollte das so lesen, habs probiert, aber diese geringe Wertänderung machte es schwierig für mich. 2 euro zu ein cent...(obwohl es eben die Spanne zwischen größter und kleinster münze ist), aber irgendwie wirkt diese Wertdifferenz bei mir nicht - 2 euro sind ein cent sprengt für mich nicht den üblichen Rahmen, der Werteverlust findet für mich nicht genug Relativierung und damit nicht statt. Das ist jetzt aber schon Detailkritik...vielleicht zu überspitzt von mir...
in einen brunnen
der erfüllen soll
was es wert ist
hier wollte ich andeuten, dass der glaube an die erfüllung wichtig ist. daher dieses "was es wert ist"
ja, kommt auch genau so rüber...

der brunnen im zentrum
eine gute quelle
zum ausufern
ja.der brunnen in der city, und eben genau der brunnen im eigenen zentrum, der eigenen mitte, die zu einem brunnen wird, wenn man die quelle, seine quelle, seine ursprünge, sein wirkliches ICH ausufern lässt. ihm raum lässt.
ja, so wollte ich es (habe die Idee ja auch so geschrieben auch lesen. Warum ich auf die Sozio-Ebene gewechselt habe, war, weil das "ausufern" doch eigentlich negativ konnotiert ist. Wenn man sagt etwas ufert aus, heißt das ja nicht, dass das in dieser Heftigkeit gewollt ist. Das Wort ausufern also in deinem Text an der Stelle bedeutet für mich dann: "andere bezeichnen das als ausufern, ausufern bedeutet aber nur sich raum geben/nehmen. Ich finde das durchaus eine tolle (wenn nicht die tollste) Lesart deines Textes, mir scheint aber, das wolltest du gar nicht so sagen?
Insgesamt wären meine Überlegungen vielleicht das Gedicht anders zu erzählen um strophe 1 besser zu verstehen und ein wenig umzustellen/umzuformulieren.
Ist das zu abstrakt? Zu tief geschürft? Hast du Lust das durchzugehen oder führt das zu weit? Ich würde, wenn du magst, gern tiefer tauchen, der Text lässt mich, wie du siehst nicht los
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Liebe Grüße,
Lisa