Hallo,
jetzt kann ich es ja zugeben - Lichel und ich haben sehr lange über diesen Text gesprochen, dann aber "ergebnislos" abgebrochen. Es war alles zu ungesichert. Aber da ihr jetzt schon angefangen habe, gebe ich mal meine/unsere Versatzstücke preis.
Für MICH (ich schreibe das so groß, weil lichel sich da sicher so einfach nicht anschließen würde) heißt das Gedicht der Magier, weil, das Gedicht mit einer Stimme spricht, die es in der vom Gedicht dargestellten Welt gar nicht (mehr) gibt. Darauf deuten für mich die Anfangszeilen: "Wer spricht?" Konklusion aus vers 2 und drei: Niemand, was im übertragenden Sinne heißt: jemand spricht für niemanden (sich mit eingeschlossen). Und auch am Ende ist die Rede davon, dass
niemand sie
bannt.
Das Gedicht bedient sich also des Mittels mit einer nicht vorhandenen Stimme zu sprechen, um zu kritisieren/aifzuzeigen, dass etwas fehlt.
Fehlt inmitten was?
Inmitten der Bilderflut, der Dinge, die anstelle anderer Dinge stehen heutzutage, ich will sie mal allgemein als
Images bezeichnen. Bilder stehen anstelle von allem. Als Scheinhandlungen (gesamte Strophe 2), die anstelle von Kernen treten (das Wort Kernkompetenzen fasse ich dabei durchaus auch als selbstkritisiert auf, in einer Zeit, wo dieses Wort für Hülsen benutzt wird...), wie die Strophe 2 ganzheitlich ironisch bissig deutlich macht. Aber auch images als physikalisch wirkliche Bilder, die aus dem TV allen entgegenflimmern (lichel hatte zu den 1,7 Sekunden einen schönen Link gefunden, der glaube ich sagte, dass diese Zeitdauer einen Wert angibt, wie lange wir uns mit einem Bild beschäftigen..oder so etwas...wie lange wir brauchen, um eins wahrzunehmen kann auch sein...ich bin nicht mehr sicher, lichel, lockt dich das an?;-)).
Alle images, die kulturellen und die materiellen haben so überhand genommen, dass am Ende (heute) nichts mehr da ist außer ihnen (die Bildschirme flackern ins Leere). Weil keiner mehr bannt, gibt es kein zwischen den images mehr.
darauf verweist dann auch noch in zweiter Bedeutung der Auftakt des Gedichts:
wer spricht?
ich spreche nicht für mich.
ich spreche für niemand.
diese frage, ein aufgelassener posten
längst überwuchert von unbekanntem.
Ichs sprechen nicht mehr für sich (im doppelten Sinne)
Iche sprechen für niemand
denn die Frage, für wen gebrochen
wird (und damit wer spricht) ist aufgegeben, wird nicht mehr gestellt. Dadurch herrscht das unbekannte (das image, der Schein) vor.
Das Gedicht fragt nach dem echten, fragt, wo zwischen all dem Flimmern nach ihm zu suchen ist und betrauert dieses fehlende Suchen, denn wenn das suchen fehlt, fehlt auch das echte (was mir gefällt, weil das echte somit nicht als Substantielles, von vorneherein gegebenes Wahres bestimmt wird, sondern an den Menschen/den wahrnehmenden weitergegeben/in seine Hand gegeben wird. Nach was gesucht wird, das gibt es auch.
Daher spricht auch der Magier als einer, der eben nicht spricht und so übt der Text Kritik (und ist somit wieder magisch

).
So verstehe ich den Text. Ob das carls Intention entspricht, weiß ich nicht.
Liebe grüße,
Lisa