Lieber carl,
erst mal grudnsätzlich: Der Text hat Tiefe und Anspruch, das mag ich, er ist auch angenehm ebenenreich für Kurzlyrik ohne zu verschwimmen.
Trotzdem habe ich einige Aufhänger:
Zum einen: Dieses Gedicht wird durch deine Erläuterungen interessanter - das kann entweder daran liegen, dass ich zu wenig feinsinnig für den Text bin, oder es ist gefährlich für den Text....ich denke, es ist ein bisschen von beidem?
Den ersten Teil leiste ich noch selbst und finde ihn umwerfend umgesetzt:
Die Wolken als das Festland, auch als das, an dem man strandet/zerschellt, die gestirne als das Bewegliche, das find ich wundervoll, erinnert mich auch ein bisschen an die kopernikanische Wende Kants ins Emotinale/Individuelle gehoben

, Doch gefällt mir sehr! Sprachlich und weil ich es selbst leisten konnte.
Doch dann kommt das Mondlicht:
Doch das Neue nistet schon unerkannt: ist bisher nur intuitiv (Mond) erfassbar.
Zum einen ist mir das Mondlicht selbst als Bild zu verbraucht, man assoziiert angelernte Mysthik, kein eigener Zugang tut sich auf, auch weiß ich nicht, ob das Mondlicht das transportiert, was du eigentlich meinst. Das Mondlicht als erstes Licht vor dem neuen Licht des folgendes Tages, der der erste des neuen Jahres?
Stellt mich nicht zufrieden und wird wie ich finde auch nicht deinen Erklärungen gerecht.
bei s/w könnte ich mir nach deinen Erklärungen auch vorstellen:
in schwarz oder weiß wie
es das leben tut /wie man es vom Leben sagt
Ich weiß, "tun" ist sicher kein Wort, das viele in ein Gedicht nehmen würden, ich aber schon, es gibt durchaus Phrasen, in denen es mir gelungen scheint, vielleicht gibt es ja aber auch noch was besseres, was mir gerade einfällt. Auf jeden Fall finde ich den Rhythmus in deiner derzeitigen Version noch nicht ganz gelungen.
Zudem: Das "wie ein leben" ist für mich nicht greifbar genug, nicht ausgesprochen, und ich finde, wenn man solch eine Behautptung (das ein Leben in schwarz oder weiß endet) aufstellen möchte, dann gehört dazu, dass es auch vehement ausgesprochen wird, das ist durchaus eine reflexive Ebene, die für mich dazu gehört.
Am Ende suche ich dann eher den Fehler bei mir, warum das Ende bei mir nicht voll zündet, ich bleibe in grammatischen Hecken zurück

. Wahrscheinlich bin ich nur nicht vielseitig genug, aber worauf bezieht sich denn das Verb "kehrt"? Mir ist das nicht klar....also nicht mal , wenn es vieldeutig ist, ist es mir klar...bezieht es sich:
a) am wahrscheinlichsten wohl: das Jahr?
b) unwahrscheinlich das Leben?
c) das Licht?
d) auf mehreres?
Ich hoffe, ich überlese nicht völlig eine klare Lesart, aber so einfach herzustellen ist der Bezug doch nicht?
Insgesamt aber ist das für mich ein Gedicht, die das Thema Jahrtausendwende für mich LESBAR macht (und genau wie Magic dahcte ich auch an die längste nacht, den kürzesten Tag...bevor etwas Neues und doch immer gleiches beginnt), eine Art Apokalypse, die keine ist...eine tagtägliche Apokalypse sozusagen

. Den Unterschied, den der je neue Tag für den Menschen macht, weil es nicht nur ein neuer, sondern auch ein weiterer ist, einer der nie wieder kommt, und bezüglich dem man seine taten nicht noch einmal ändern kann, auch wenn immer ein neuer kommt - eben nicht für den einzelnen. Da der Text mit seinen Erzählungen direkt bei "mir" ansetzt, kann ich mich auf ihn einlassen. Ein paar Fragen bleiben trotzdem, s.o.
Liebe grüße,
Lisa