Lieber moshe,
unvorsichtig geantwortet: Was ist eine Anhängerin?
Die Länge eines Textes und die Einordnung in eine bestimmte Form sind nicht entscheidend für meinen Lesegenuss, falls du das meinst. Wenn du aber meinst, dass ich vielleicht nicht genug Ahnung von bestimmten Formen der (japanischen) Kurzlyrik habe, so stimmt das sicherlich. Ich meine das nicht (nur) in Bezug auf Theoretisches, sondern in erster Linie in Bezug auf das nötige Gefühl.
Ich sprach nicht davon, dass "Japanisches" nicht aufgrund der Silbenanzahl nicht geht, in der Klammer steht
Silbenanzahl, Inhalt. Aber genaueres dazu sollte wohl jemand erklären, der davon mehr Ahnung hat als wir beide

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Ich habe einmal von Gurke einen Haiku in die Blaue Anthologie gewählt, weil er ganz anders war, als die Versuche anderer Deutscher, sich an Haiku zu versuchen, "Haiku im Zeiltalter der Technik":
Das Handy vibriert
Polyphoner Klingelton
Display leuchtet auf
(Gurke, 9. April 2006)
Sowas finde ich dann schon wieder gut. Fast alle anderen Versuche kommen mir als einer daher, die der Urform eben nur bis zu einem gewissen Grade gerecht werden kann, nie bis zu einem echten. Dazu gehört jahrelange Beschäftigung, eine Annäherung von innen heraus. Viele in haikuform geschriebene Gedichte - auch in diesem Forum - gefallen mir, aber ich lese sie nicht als Haiku bzw. Senryu oder noch anderen Formen.
So auch deines (Haiku wäre ja sofort inhaltlich raus, Senryu kann ich letzlich nicht mehr beurteilen, stimme aber für nein). Ich habe deinen Text wie gesagt gern gelesen, aber japanische Assoziationen weckt es nicht in mir. Woher auch? Nur aufgrund der Silbenanzahl? Die Silbenanzahl stimmt für Haiku und Senryu, der Inhalt für einen Haiku nicht, für Senryu fraglich, nicht prüfbar für mich auf der Ebene, auf der es zählt, andere Formen sind durch Silbenanzahl ausgeschlossen.
Eine echte Annäherung erfolgt für mich auf umgekehrtem Wege, vom Inneren in die Form, woraus dann irgendwann durchaus ein Haiku (oder: noch spanneder eine wie du beschreibst Haikucollage) entstehen kann.
Lese ich dein Gedicht ohne japanische Form, gefällt es mir, mag ich es. Lese ich es mit, ist es für mich ein halbherziger Versuch bzw. ein gescheiterter Versuch.
ich denke zu einem Versuch (du schreibst ja selbst, dass es einer ist) gehört auch, die Rückmeldung zu bekommen, dass er nicht gelungen ist. (Und auch gesagt zu bekommen, dass auf einer anderen Ebene der Text trotzdem gern gelesen wird).
Liebe Grüße,
Lisa