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Lotosfüße
Verfasst: 23.11.2006, 19:50
von Perry
Lotosfüße
Sechs Fuß hoch
tanzte sie für den Kaiser
band ihre Sohlen
ihm zu gefallen
sechs Fuß hoch
balanciere ich
auf einem Pfahl
dich zu beeindrucken
nur nachts
wenn ich taumle
verzerrt sich
mein Lachgesicht
Re: Lotosfüße
Verfasst: 24.11.2006, 18:25
von pandora
lieber perry,
du benutzt das bild von den lotosfüßen wohl, um entbehrungsreiches gefallenwollen um jeden preis zu beschreiben. das verstehe ich. dennoch, und ich kann nicht genau begründen, warum, finde ich den zugegebenermaßen exotischen vergleich sehr weit hergeholt und unpassend. ich überlege, was dich dazu bewogen haben könnte. vielleicht ist dies ein gedicht für eine chinesin? dann würde das alles sinn machen...
(und noch eine anmerkung: wurden die SOHLEN gebunden? oder die füße?
ich habe keine ahnung.)
nicht ganz klar ist mir außerdem die groß-und kleinschreibung. du handhabst die gängige regel, satzanfänge betreffend, nicht konsequent. aus einem bestimmten grund?
lg
p.
Verfasst: 24.11.2006, 20:10
von Mucki
Hallo Manfred,
mich verwirrt ein bisschen, dass du einmal in der dritten Person, dann zweimal in Ich-Form schreibst. Müsste es nicht durchgehend in Ich-Form geschrieben werden, aus der Sicht der Chinesin? So lese ich es zumindest.
Übrigens: die Füße werden gebunden, nicht die Sohlen.
Saludos
Magic
P.S. Mit dem Lachgesicht gefällt mir sehr gut!
Verfasst: 24.11.2006, 20:16
von Max
Lieber Manfred,
ich teile Pandoras Unbahagen am Bild der ersten Strophe. Nicht nur, dass nicht geläufig ist (das an sich ist eher ein Qualitätszeichen - doch es spricht auch in einer Sprache, die ich nicht verstehe), ich habe auch Probleme es in Bezug zu den anderen beiden Strophen zu setzen - außer den "sechs Fuß hoch" scheint mri der Bezug ehr frei zu sein.
Und ja, man bindet sich doch die Füße, oder?
Liebe Grüße
max
Verfasst: 25.11.2006, 10:25
von Perry
Hallo ihr Lieben,
da ihr ähnliche Themen ansprecht, will ich versuchen diese gesammelt zu beantworten. Wie häufig bei so direkt verwendeten Metaphern wie die Lotosfüße muss man natürlich ein gewissens Hintergrundwissen darüber haben, um alle Feinheiten zu verstehen, obwohl ich mich bemüht habe den Text auch vordergründig lesbar zu halten. Vordergründig tanzt eine chinesische Dienerin für ihren Kaiser, dazu hat sie sich die "Sohlen" mit Bandagen umwickelt. Das sechs Fuß hoch kommt daher, dass sie dies auf einer sechs Fuß hohen goldenen Lotosblüte tat. Später entwickelte sich im alten China daraus eine Schönheitsideal und man band den Mädchen die Füße derart fest ein, das diese möglichst klein blieben. Speziell das schmerzhafte "Zurückbinden" der vier kleinen Zehen habe ich als Metapher für ein inneres "Verbiegen" verwendet, um einem Schönheitsideal zu entsprechen. Der Tanz auf der Lotosblüte wird dabei auf ein Balancieren auf einem Holzpfahl übertragen, das die Gefährlichkeit solchen Verhaltens ausdrücken soll, weil man leicht seelisch abstürzen kann.
Ich denke, jetzt könnt ihr meine Intention nachvollziehen. Wobei ich nach wie vor hoffe, dass der Text auch ohne Erklärung stimmungsmäßig ankommt.
Danke und LG
Manfred
LG
Manfred
Verfasst: 25.11.2006, 13:14
von Mucki
Hallo Manfred,
danke für die Erklärung. Da hab ich wieder etwas gelernt!
.gif)
Das Bild kam schon vorher sehr klar rüber, nur, dass sich dieses grausame Zurückbinden der Füße erst später entwickelte, wusste ich nicht.
"Tanz auf der Lotosblüte" ist ja schon ein Gedicht für sich, toll.
Ich würde an deiner Stelle alle drei Verse in der dritten Person schreiben oder in Ich-Form, so ist eine klare Linie drin, ich verstehe nämlich nach wie vor den Perspektivenwechsel nicht so recht.
Saludos
Magic
Verfasst: 25.11.2006, 15:19
von Max
Lieber Manfred,
ja, danke, das hilft wirklich etwas weiter.
herzliche Grüße
max
Verfasst: 25.11.2006, 22:55
von Perry
Hallo Gabriella,
wenn, dann kann ich es nur durchgängig in der Ich-Form schreiben, weil sich die eigentliche Aussage ja auch darauf bezieht.
Versuch:
Lotosfüße
Sechs Fuß hoch
balanciere ich
auf einem Pfahl
dich zu beeindrucken
wie einst
die chinesische Tänzerin
ihre Sohlen band
dem Kaiser zu gefallen
nur nachts
wenn ich taumle
verzerrt sich
mein Lachgesicht
LG
Manfred
Verfasst: 26.11.2006, 00:35
von Mucki
Hallo Manfred,
ja, so gefällt es mir sehr gut! Und es macht so auch mehr Sinn für mich:)
Saludos
Magic
Verfasst: 26.11.2006, 13:28
von Max
Lieber Manfred,
ich denke, was Du mit der Umstellung erreichst, ist, dass das gedicht auch für Leser, die den Hintergrund nicht so gut kennen, eine Atmosphäre erhält.
Liebe Grüße
max
Verfasst: 26.11.2006, 18:07
von Perry
Hallo ihr Beiden,
irgendwie bin ich aber trozdem noch nicht zufrieden und habe noch ein wenig weiter daran gefeilt. Vielleicht gefällt euch ja die folgende Version ebenfalls:
Lotosfüße
Sechs Fuß hoch
tanze ich für dich
mit umwickelten Sohlen
dir zu gefallen
balanciere ich
auf einem Pfahl
mit meinen Lotosfüßen
dich zu beeindrucken
nur nachts
wenn ich taumle
verrutscht die Maske
vor meinem Gesicht
LG
Manfred
Verfasst: 26.11.2006, 18:28
von Mucki
Hallo Manfred,
also, die zweite Version gefällt mir viel besser als die dritte, einmal weil der zweite Vers in Vergangensform geschrieben ist, das gibt deinem Gedicht etwas Dreidimensionales, und vor allem das "Lachgesicht" finde ich sehr wichtig! Denn dieses nach außen hin ständig freundlich lächelnde Gesicht ist gerade so kennzeichnend für die Asiaten. Das würde ich unbedingt drin lassen. Und last but not least: die Verdoppelung der Lotosfüße, die bereits im Titel stehen, finde ich nicht nötig.
Saludos
Magic
Verfasst: 27.11.2006, 12:26
von Perry
Hallo Max, hallo Gabriella,
danke für euere nochmalige Rückmeldung. Ich denke jetzt auch, dass die zweite Version besser passt.
LG
Manfred
Verfasst: 28.11.2006, 18:04
von noel
ungelesen der kommentare
scrolle ich zwischen version 2 + 3
hin & her& hin
& kann mich nicht
so rEcht entscheiden
& vorwitzig mische ich die anteile
die mich in beiden versionen berührten
Sechs Fuß hoch
balanciere ich
auf einem Pfahl
mit umwickelten Sohlen
tanze ich
mit meinen Lotosfüßen
dir zu gefallen
nur nachts
wenn ich taumle
verzerrt sich
mein Lachgesicht
der titel is übrigens zaubersam