Letztes Spiel

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 31.10.2006, 20:56

Noch ein Mal
werfe ich
meine Karten
in die Luft.

Wer weiß wohin
der Herbstwind
sie weht

und welche
Farbe mir
die Richtung weist?

Doch diesmal werde ich
dem falschen Traum
nicht folgen,
Pik-Dame.

(Letzte Strophe nach Vorschlägen von Carl und Last leicht geändert.)
(Den Doppelpunkt wieder in ein Komma umgesetzt.)
Zuletzt geändert von Paul Ost am 02.11.2006, 20:45, insgesamt 3-mal geändert.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 31.10.2006, 21:44

Da ich kein Kartenspieler bin, würde ich die letzte Zeile nicht vermissen, sondern einfach ein wunderschönes Gedicht sehen.

Mit liebem Gruß

Moshe

maxl

Beitragvon maxl » 31.10.2006, 21:56

Hallo,

Ich hingegen bin Kartenspieler und mir gefällt das Bild der Pik-Dame.

Es vermittelt, dass eine Frau ausschlaggebend ist und das eher negativ.

lg
maxl

arwen

Beitragvon arwen » 01.11.2006, 11:31

Hallo Paul,

ein wunderschöner Einklang von Realitäten!

Gruß, arwen
(die hoffentlich auch bald ihre Karten neu mischen kann ;-) )

Last

Beitragvon Last » 02.11.2006, 11:08

Hallo Paul,

Es vermittelt, dass eine Frau ausschlaggebend ist und das eher negativ.

Dem kann ich in gewisser Hinsicht zustimmen, andererseits meine ich mal gehört zu haben, die Pik-Dame stehe symbolisch für den Tod, was du, ich schließe das wegen der direkten Ansprache und den falschen Träumen, wahrscheinlich nicht meinst (obwohl es zu dem Karten in die Luft werfen passt :confused: ).

Da ich kein Kartenspieler bin, würde ich die letzte Zeile nicht vermissen, sondern einfach ein wunderschönes Gedicht sehen.

Die letzte Zeile zu streichen, würde das Gedicht allerdings noch stärker machen. Die Verwirrung hinsichtlich des Pik-Dame-Bildes ist dann aufgelöst, das geschilderte Prinzip wird trotzdem klar und erweitert seinen Bedeutungsradius aufgrund der Allgemeingültigkeit. Da du nicht in der Liebeslyrik gepostet hast, vermute ich, dass es auch für dich nicht unverzichtbar ist.

Soweit mein Senf
LG
Last

carl
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Beitragvon carl » 02.11.2006, 12:03

Hallo Paul,

ich kann Lasts Argumentation gut folgen, würde die Pik-Dame aber trozdem vermissen!
Deshalb schlage ich eine andere Interpunktion vor:
"Aber diesmal werde ich
dem falschen Traum
nicht folgen:
Pik-Dame."
(Die erste Zeile der letzten Strophe wird damit überfüssig.)
Wenn Du ein Komma setzt "Diesmal werde ich/ dem falschen Traum/ nicht folgen,/ Pik-Dame", dann redest Du die Dame direkt an.
Das ist nach der Eingangsintention "Noch ein Mal/ werfe ich/ meine Karten/ in die Luft" überraschend und irritierend, weil diese Situation nicht dialogisch ist!
An Wendepunkten seines Lebens ist man allein, denke ich...
Mit dem Doppelpunkt hast Du aber alle Interpretationsmöglichkeiten zugleich:
Pik-Dame in allen Deutungen kann das Ergebnis des jetzigen Wurfes sein, aber auch das frühere des falschen Traumes.

Glückwunsch zu diesem Gedicht! Carl

Last

Beitragvon Last » 02.11.2006, 13:03

Mit dieser Möglichkeit kann ich mich auch anfreunden ;-)

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 02.11.2006, 18:00

Lieber Kommentatoren,

vielen Dank für eure Anregungen. Besonders freut es mich natürlich, lieber Moshe, einen Kommentar von Dir an dieser Stelle zu lesen. Die Dame muss aber trotzdem bleiben. Sie symbolisiert mit Sicherheit eine missglückte Liebe, Schmerz, Verlust und vielleicht gar den Tod.

Liebe arwen,

wenn man noch alles besitzt, kann man auch alles verlieren. Insofern sind wir doch zu beneiden...

Lieber Carl, lieber last

in meinen Texten kommen des Öfteren Situationen vor, in denen das lyrische Ich sich an abwesende Personen wendet. Warum auch nicht? Wären die Personen anwesend, müssten ja keine Gedichte geschrieben werden. Ich habe dennoch einen Teil eurer Vorschläge übernommen. Nicht zuletzt deshalb, weil ich die letzte Strophe noch für optimierbar halte.

Lieber Maxl,

so ähnlich habe ich mir das gedacht. Genau.

Grüße

Paul Ost

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 02.11.2006, 18:04

Hallo,
ich finde den Text gelungen wie er ist und würde auch keinen Doppelpunkt vor der Pik-Dame setzen, da es ja eine Anrede und ein Verweis auf eine Karte zugleich ist! Und sicher könnte man die die letzte Strophe weglassen, aber dann wäre es eben ein Gedicht mit einer völlig anderen Aussage, zudem wäre das Bild des Kartenspiels dann doch auf sehr gebräuchliche Art eingesetzt - so gefällt es mir besser.

Zusätzlich kommt die Rafinesse isn "Spiel", dass die Pik-Dame mit dem Ausruf gezogen ist/sein könnte!!

Liebe Grüße,
Lisa


(Nach wer weiß noch ein Komma)...
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Niko

Beitragvon Niko » 02.11.2006, 18:36

hallo paul!

mir gefällt das gedicht sehr. wobei ich bezüglich der schwarzen dame (das sie für den tod steht, wäre mir allerdings neu) die gleichen schwankungen habe wie andere kommentatoren auch.

du weißt, ich bin ein freund von griffigen, akzentuierten schlüssen. hier allerdings finde ich in der letzten strophe das ende ein wenig unglücklich. vielleicht, weil das ende so gewollt klingt. ich weiß es nicht. pik (ich finde pique, die ursprüngliche, französische bezeichnung viel schöner! klingt zwar gleich, sieht aber melodischer aus ;-)) dame ist mir ein unbefriedigendes ende. nu ist ja anscheinend schon etwas gebastelt worden. die ursprungsversion ist leider nicht mehr vorhanden. so versuche ich mich einfach mal am schluss. vielleicht krieg ich´s hin, das zumindest ersichtlich wird, was mir nicht behagt (durch den vergleich):


Noch ein Mal
werfe ich
meine Karten
in die Luft.

Wer weiß wohin
der Herbstwind
sie weht

und welche
Farbe mir
die Richtung weist?

Doch diesmal werde ich(,)
Pique Dame(,) [oder: dir, Pique Dame]
dem falschen Traum
nicht folgen.

vielleicht nicht der weisheit letzter schluss, aber pique dame liegt mir hier nicht so als endwackerstein im magen. die kommata hab ich geklammert, weil man sie setzen kann, aber nicht muss (soweit ich das richtig aus der schule behalten hab)
lieben gruß: Niko

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 02.11.2006, 20:49

Lieber NJ,

die Dame muss an den Schluss. Zwar hatte ich Lisas Lesart so gar nicht im Blick, aber sie erscheint mir sehr schlüssig.

Ein Windstoß blättert die Karten auf. Die Pik-Dame liegt oben. Zwar vertraut das lyrische ich dem Zufall (oder dem Kartenspiel), aber diese eine Regel ist stehen geblieben: Keine Entscheidung aus Liebe mehr. Diesmal nicht!

Ich bin ein wenig frankophob und bestehe daher auf "Pik".

Danke für Deine Vorschläge.

Grüße

Paul Ost

arwen

Beitragvon arwen » 03.11.2006, 11:13

Hallo Paul,
ich habe die Pik-Dame als die Umkehrung der Herzdame verstanden; das Zeichen besteht ja auch aus einem Herz ;-)
Sprich: man folgt der Herz-Dame, im Nachhinein stellt sich aber raus, dass es doch die Pik-Dame war . . .

wenn man noch alles besitzt, kann man auch alles verlieren. Insofern sind wir doch zu beneiden...

Diese Aussage habe ich nicht verstanden :-(

Liebe Grüße,
arwen

(die hofft, dass auch du mal die richtige "Karte" ziehst!)

Louisa

Beitragvon Louisa » 03.11.2006, 12:26

Hallo Paul!

Ich finde das Bild seine Karten in die Luft zu werfen wirklich gelungen!

Auch ist es interessant, dass man sich nach der Farbe einer Karte orientiert...

Die Pik-Dame hat auch so einen negativen Beiklang für mich gehabt...so ein schwarzes, umgekehrtes Herz...das hat sich für mich nicht sehr liebevoll angehört :smile: ...Ich fand das aber auch gut!

(Am besten gefällt mir aber immer noch die erste Strophe!)

(Woran erinnert mich eigentlich der Titel? Gab es das schon mal?)

Arwen, vielleicht meint er das man zu beneiden ist, wenn man einmal etwas "besessen" hat...(???)

Liebe Grüße und gute Karten für Dich!
l.

Mucki
Beiträge: 26644
Registriert: 07.09.2006
Geschlecht:

Beitragvon Mucki » 03.11.2006, 13:24

Hallo Paul,

ja, die Pik-Dame muss am Schluss stehenbleiben, das sehe ich auch so!
Eine gelungene Reflexion voller Entschlossenheit, Fragen und Hoffnung, aus vergangenen Irrwegen gelernt zu haben und Sicht nach vorne!
Saludos
Gabriella


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