feuerrot

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Cara

Beitragvon Cara » 23.10.2006, 14:23

Letzte Version:

feuerrot

der horizont
steht senkrecht
ich trudele
wie ein drachen
ohne schnur
einsam
durch die
warme luft


auf verrotteten hügeln
wartet die sonne
trotzig brütet sie
vor sich hin
bis wir irgendwann
untergehen
sie und ich

feuerrot

(c) Cara

_________________

Erste Fassung:


feuerrot

der horizont
steht senkrecht
ich
trudele
wie ein drachen
ohne seil
einsam
durch die kalte
trockene luft

auf verrotteten hügeln
wartet die sonne
trotzig brütet sie
vor sich hin
bis wir irgendwann
untergehen
sie und ich

feuerrot

(c) Cara
Zuletzt geändert von Cara am 31.10.2006, 11:31, insgesamt 6-mal geändert.

Perry

Beitragvon Perry » 23.10.2006, 16:39

Hallo Cara,
ungewöhnlicher Blickwinkel, aber im trudelnden Fall kann -zumindest für Momente- der Horizont schon mal senkrecht stehen.
Was du damit aber ausdrücken willst ist mir nicht ganz klar. Ich spekuliere mal: Die Welt ist aus ihren Fugen geraten aber warum? Einsamkeit, Trotz brüten im Lyrich, bis es feuerrot im Selbstmitleid ertrinkt bzw. untergeht.
LG
Perry

Max

Beitragvon Max » 23.10.2006, 17:55

Liebe Cara,

ich denke fast, dass mein Kommentar ähnlich klingt wie der von perry.

Ich mag einige Deiner Bilder - schön fand ich beispielsweise die trotzig brütende Sonne auf verrotteten Hügeln - nur löst das b ei mir keinen Gesamteindruck aus, ich weiß nicht, worauf das Gedicht hinaus will.

Liebe Grüße
max

Mucki
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Beitragvon Mucki » 23.10.2006, 19:47

Hallo Cara,

ich sehe dein Gedicht als emotionalen Einfang/Beschreibung einer Situation, in der das LI sich extrem orientierungslos fühlt, Stagnation empfindet, nicht mal mehr die Sonne als positiv sehen kann, von Zweifeln durchdrungen glaubt, dass es da nicht mehr rauskommt. Selbstmitleid (ich hasse dieses Wort) erkenne ich hier nicht, sondern großen Weltschmerz.
Saludos
Gabriella

Cara

Beitragvon Cara » 24.10.2006, 07:55

Guten Morgen Perry, Max und Magic...

habt vielen Dank für eure Beschäftigung mit meinem Gedicht.
Ich war, ehrlich gesagt, erstaunt, wie ihr alle drei euch ihm genähert habt:
Ihr habt euch gefragt, was wohl die dahinterstehende Aussage ist, worauf der
Text wohl hinauswill.

Ich selber wollte, als ich ihn schrieb, eigentlich nicht auf etwas hinaus und auch
keine tieferliegende philosophisch, psycholog., politische Sicht damit ausdrücken. Ich wollte schlichtweg ein Bild malen
(beschreibend)
und dieses Bild ist dabei herausgekommen.

Mich leiteten vielleicht solche Gedanken/Gefühle wie:
„Ich“ in Kommunion mit der Sonne (die Sonne und ich)....dies als sehr positiver Gedanke.
Der rote Sonnenuntergang am Horizont, das „Ich“ damit verschmolzen;
„das Ich“ aus der Senkrechten kommend, die Sonne ins Horizontale fließend (Kreuzsymbol).

Das Ich schwebt /trudelt durch die Luft, zwar „einsam“(die Sonne ist auch einsam) , aber frei (loslassend). Die Luft ist kalt und trocken, aber klar/frisch. Mein eigenes Empfinden bei dem Gedicht war nicht negativ im Sinne von „Selbstmitleid- Welt aus den Fugen geraten ( Perry)“ oder „Zweifel, Weltschmerz, Stagnation und Orientierungslosigkeit (Magic)“. Ich kann aber – jetzt , wo ihr es sagt – gut nachvollziehen, dass man das aus dem Gedicht lesen kann.

Ich grüße euch
Cara

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 25.10.2006, 21:51

Liebe Cara,

spannend, was du schreibst. ich fände nach deinen beschreibungen und den lesarten der anderen eine Reduzierung an einigen Stelle vielleicht noch stärkend? (auch stilistisch...:-)).

feuerrot

der horizont
steht senkrecht
ich
trudele
wie ein drachen
ohne seil
durch die luft

auf den hügeln
wartet die sonne
brütet vor sich hin
bis wir irgendwann
untergehen

sie und ich

feuerrot


Diese Variante öffnet den text etwas in deine Richtung, finde ich - vorher ist er durch die Adjektive schon relativ negativ konnotiert.
(Das ich allein in einr Zeile finde ich noch etwas unglücklich, optisch). Ist natürlich kein textvorschlag, sondenr nur eine Variante, um den Unterschied zu zeigen...

Man merkt, dass du Bilder zeichnest - ich mag Bilder :-)
Viele Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Cornelia

Beitragvon Cornelia » 25.10.2006, 22:25

@Lisa: Mir fehlt das "trotzig" in Deiner Version

"feuerrot" als farbige Beschreibung des gemeinsamen, trotzigen Untergangs mit der Sonne finde ich genial!!!

Liebe Grüße
Cornelia

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Beitragvon Lisa » 25.10.2006, 22:29

Liebe Cornelia,

lustig, das war das Wort, was ich am zögerlichsten und ganz zuletzt gestrichen habe - also hinein damit?!

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 25.10.2006, 22:43

Hallo Cara,

also, auf diese Interpretation von dir wäre ich wirklich nie gekommen. Da gebe ich Lisa Recht, du solltest das Positive mehr reinbringen. Den Vorschlag von ihr finde ich gut (+ trotzig), jawohl und noch eine Idee:
Statt "trudele" würde ich "tanze" schreiben, damit drückst du das hier

aber frei (loslassend).


gut aus.

Saludos
Gabriella

Cara

Beitragvon Cara » 26.10.2006, 12:26

Hallo Lisa, Cornelia und Magic!

Ich danke Euch für Eure Kommentare......

Dir, Cornelia dafür , dass Du mir rätst, das „trotzig“ zu belassen. Das möchte ich auch unbedingt!

Magic: Auch Dir nochmals Danke für Deine Mitarbeit an dem Text.
Dein Vorschlag mit dem „tanzen“ statt „trudeln“, um dem Gedicht den negativen Touch zu nehmen, möchte ich nicht wörtlich übernehmen, denn „tanzen“ wäre mir für das Bild, das ich bei dem Gedicht in mir habe, zu lieblich, zu „schön“. Ich überlege, ob ich stattdessen „treibe“ nehme.

Lisa: Ich verstehe sehr gut, was du sagst: Ich habe durch verschiedene Adjektive ein Bild geschaffen, dass ich zwar als ein positives in mir habe, das aber die Leser nicht so sehen können. Jeder Mensch empfindet anders.....aber Begriffe wie „einsam, kalt, trocken, verrottet, trotzig“ werden normalerweise nicht gerade postiv assoziiert.
Trotzdem hänge ich an den meisten.

Ich werde „kalte trockene “ weglassen (das kann ich vor meinem Gefühl „vertreten“) . Das alleinstehende „ich“ kann ich ebenfalls eine Verbindung eingehen lassen .
„Einsam“ muss bleiben, denn unter „einsam“ verstehe ich persönlich nichts Negatives. Im Gegenteil. Es soll hier unbedingt in Verbindung mit der Sonne, die auch einsam ist und mit der das Lyr. Ich gemeinsam untergeht, gesehen werden.

Das Gedicht würde dann unter Zuhilfenahme Eurer Meinungen so aussehen:


feuerrot

der horizont
steht senkrecht
ich treibe
wie ein drachen
ohne seil
einsam
durch die
warme luft


auf verrotteten hügeln
wartet die sonne
trotzig brütet sie
vor sich hin
bis wir irgendwann
untergehen
sie und ich

feuerrot

(c) Cara

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Beitragvon Mucki » 26.10.2006, 12:35

:daumen:

Das ist es!:-)
Saludos
Gabriella

Cara

Beitragvon Cara » 26.10.2006, 17:08

Muchas Gracias, Gabriella,

ich werde diese letzte Version des Gedichtes in den Thread "Polyphon" einstellen, zusammen mit einem Foto.

Liebe Grüße
Cara

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Beitragvon Lisa » 26.10.2006, 17:15

Liebe Cara,
habs gerade schon gesehen...wäre gleiten nicht noch besser als treiben?

Mehr in polyphon...

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Rala

Beitragvon Rala » 26.10.2006, 18:54

Hallo Cara,

diese Version finde ich jetzt wirklich gut. Hatte mit der ersten nämlich auch so meine Probleme und mich deshalb zunächst nicht geäußert. Aber das finde ich sehr schön!

Liebe Grüße,
Rala


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