Verzicht

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
eldora

Beitragvon eldora » 19.10.2006, 15:56

Verzicht

Rätselhaft bleiben dir nach Jahren
die dich ketten, die aufeinander
gefädelten Augenblicke,
wechselhaft wie das Außenklima
durch geahnte Gesichter gewittert
wiederholen sich die Phasen, unstet ..
das Auffüllen von Leidenschaften,
die durch deine Windungen sickern
wie Ohrenrauschen nach jäh
verendenden Tuschs dröhnen,
listig lauernd, dich zu holen ins Aus
der Vernunft oder des rechten Scheins
entfliehst du, schlichter Saboteur?..
lässt dich blitzlinks ablichten
blenden von einer Welt der Konturen,
einen verschwommenen Abzug von dir
in Dunkelkammern fertigen mit dem
Fixierbad aus Projektion und Vorsicht
vor systematischer Entwicklung ..
die in dir sämtliche Eide an dir und für
eine Korruption durch den Traum bricht
ein Kauderwelsch aus Koketterie spuckt
ein Kapitulieren vor dem Verstand seufzt
und du, du sinkst und singst nun nicht mehr
den Blues, nicht den Schmerz, nur den Gospel
spirituell und betörend klingt dein Bass
als seiest du nicht
du.

Gast

Beitragvon Gast » 31.10.2006, 00:36

Hallo eldora,

ich habe deinen Text schon mehrfach gelesen, und will ehrlich sein, ich finde nicht wirklich einen Zugang.
Ich habe nur Vermutungen, die den Inhalt betreffen, möglicherweise wird dann doch ein Austausch möglich.
Was auffällt ist die nach Außen hin "demonstrierte" Geschlossenheit deines Text, durch die zentrierte Setzung, ohne Absätze. Einen Punkt als Satzende, außer am Schluss, habe ich nicht entdeckt.
Das erschwert das Lesen für den Fremden schon ein wenig.

Es scheint so, als habest du in dem Text, das Leben eines Künstlers (?Sängers?) beschrieben.
Stationen in diesem Leben, Veränderungen.
Ein wenig habe ich den Eindruck, dass das lyr. Du sich von Äußerlichkeiten, vielleicht auch von Beifall hat bisher durch sein Leben tragen lassen...
Andererseits meine ich auch den Tenor einer Art Abrechnung zu spüren.
Also mit andern Worten ich bekomme es nicht zusammen.
Die Sprache ist nicht lyrisch in dem Sinn, dass man Metaphern erkennen kann.
Vielleicht ist dieses Gedicht für Außenstehende so noch nicht lesbar, braucht mehr Konkretes, Ausdruck von Dingen, die implizit enthalten zu scheinen.

Liebe Grüße
Gerda

aram
Beiträge: 4509
Registriert: 06.06.2006

Beitragvon aram » 31.10.2006, 01:53

hallo eldora

mich spricht dein text an, ich kann vieles genau nachvollziehen, einiges gefällt mir ausgesprochen gut.

bin aber etwas verunsichert, weil du die komms zu deinem ersten beitrag nicht beantwortet, seither neue texte eingestellt und keine kommentare gegeben hast.

daher warte ich ab und halte mich mit feedback zurück. jedoch finde ich alle deine texte interessant.

liebe grüße, aram
there is a crack in everything, that's how the light gets in
l. cohen

Eliane

Beitragvon Eliane » 31.10.2006, 07:39

hallo eldora,

ich lese in deinem Text "Bekanntes", deshalb habe ich ihn wieder und wieder gelesen.

Eine Strukturierung fände ich sinnvoll, "visuelle und gedankliche Pausen" jeweils an den Stellen, wo du zwei (üblich sind drei) Punkte gesetzt hast.

Auf der Textebene fielen mir einige Ungereimtheiten auf, die ich auch nach wiederholtem Lesen nicht nachvollziehen kann.

das Auffüllen von Leidenschaften
die durch deine Windungen sickern
wie Ohrenrauschen nach jäh
verendenden Tuschs dröhnen,


warum steht hier der Genitiv? Da müsste es heißen "des jäh verendenden Tuschs", was aber nicht in den Kontext passt.

wenn es die Leidenschaften sind, die wie Ohrenrauschen....dröhnen, dann müsste es wohl heißen

das Auffüllen von Leidenschaften
die durch deine Windungen sickern (imaginäres Komma)
wie Ohrenrauschen nach
jäh verendendem Tusch (dröhnen).


Wobei ich finde, dass "dröhnen" eigentlich vollkommen überflüssig ist, (deshalb mal in Klammern gesetzt) denn zu "sickern" scheint mir das Wort "dröhnen" nicht zu passen.


diese Passage erschließt sich mir auch nicht

die in dir sämtliche Eide an dir und für
eine Korruption durch den Traum bricht


ich kann nur ahnen, was du damit sagen möchtest, aber ein bisschen mehr Klarheit wäre mir lieber ;-)

lieben Gruß
Eliane

eldora

Beitragvon eldora » 04.11.2006, 15:54

Hallo Ihr,
sorry für die verspätete Antwort.
Erst mal an Gerda: Du bist dem Text doch sehr nahe gekommen:-), ich weiß gar nicht, warum Du so vorsichtig Bezug nimmst?! Dochdoch, ich finde schon, dass ich Metaphern verwende - meinst Du nicht? Zumindest in den Vergleichen - und ja, eigentlich ist er doch voller Mehrdeutigkeiten und und reichlich metaphesiert ;-)
Ja, es könnte sich um einen Künstler handeln, aber auch um einen Philosoph, jedenfalls um einen doch recht lebens- oder Ich-Fremden, also Sich-Selbst-Fremden, meine ich.
Die ungesetzten Punkte, ja, ich weiß, ich hätte sie setzen können hie und da .... die sollen die Kette von Gedanken widerspiegeln, die ruhelos ineinandergreifen und als Fragen nie enden, was dann eher wie ein Gemisch aus Philosophie(ren) und Künstlertum (mit reichlich Sentimentalität) anmuten soll. Bringt es 'das' rüber? Ich hoffe es doch :(
Insgesamt ist es also eine Betrachtung von außen unter Bezugnahme auf das Leben und Wirken, die Fragen und das Empfinden des 'Angesprochenen', wobei darin auch etliche Fragen und Gefühle des Selbst (auch - denke ich - jedem von 'uns') enthalten sind oder sein sollen... Hhhmmm. Ja. Aber Du BIST nahe dran, Gerda :-)

@Aram:
Ich hab doch erst 3 Texte eingestellt? Einer davon, mein eigentlich wichtigster, ist gar nicht beantwortet worden - das war Prosa. Eigentlich schreibe ich Prosa lieber als Lyirk, und ich bin auch eigentlich kein Reim-Freund. Überhaupt nicht :-) Schreibe am liebsten frei und ungezäumt :-) Was das Kommentieren von Texten angeht, hab ich an anderer Stelle schon Bezug genommen, und ich hoffe, Ihr werdet mir damit noch Zeit lassen?! *smile*
Danke aber für's Lesen, Aram.

@ Eliane
Ich hoffe, dass ich durch meine Antwort oben an Gerda Dir schon Einiges beantworten konnte. Es ist für mich nicht anders schreibbar als so - weil der Stil auch viel mit dem Inhalt zu tun hat. Was Du mit dem Genitiv meinst, erschließt sich mir nicht - es ist schlicht Plural.
Das Wort 'dröhnen' finde ich wichtig, denn ich kenne - und Leute, die ich sprach ebenso - Zustände, in denen (auch aufgrund von Stress) ein Ohrendröhnen auftritt, was sich anfühlt wie nach lauter Musik. Wenn Du das nicht kennst, dann sei es Dir 'geneidet' :-))
Der Traum, den Du letztlich ansprichst, soll der Traum sein, der Mensch von der 'Pflicht', sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, entbindet, und der suggeriert, dass in der Jugend sich selbst gegebene Eide wie 'Ich bleibe immer ich' entbehrlich seien, der aufgelöst wird im Laufe des Lebens und eingetauscht wird für Karriere, Anpassung, Fremdbestimmung.

An alle von Euch nochmals
Grüße
Eldora

Gast

Beitragvon Gast » 08.11.2006, 00:56

Hallo Eldora,

jetzt ja, jetzt könnt ich mir den Text als Kurzprosa gut vorstellen...
Nicht in dieses Korsett s. o. gepresst ;-)
Ich war von dieser starrenäußeren Form gehemmt in meiner Rezeption und in der Kritik.
Mich würde allerdings interessieren, warum du das denn gemacht hast, obwohl du lieber die Freiheit der prosaischen SchreibArt bevorzugst...
Der Text wird zugänglicher wenn du ihn anders formatierst, jedenfalls für mich.

Nächtliche Grüße
Gerda

Zu deinem Prosatext, möchtest du, dass ich ihn dir verschiebe, in Erzählungen, damit die Chance besteht, dass er noch besprochen wird?

Schön wäre es allerdings, wenn du dich auch einmal zu fremden Texten äußern würdest, denn davon lebt der Blaue Salon, von gegenseitigem Geben und Nehmen.


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