Rot

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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leonie
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Beitragvon leonie » 09.10.2006, 17:13

Der große Bär hat gewürfelt.

Es traf
den Salamander, der
einmal im Monat
die Straße überquert,
auf der
einmal am Tag
ein Auto fährt.

Das Gelbschwarz
eine Karte
wie sie die Vögel
innen tragen.

Der große Bär würfelt gern.
Lieblingsfarbe rot.


Erstfassung:

Ich bin 62.
Ich lebe.

Der große Bär hat gewürfelt.

Es traf
den Salamander, der
einmal im Monat
die Straße überquert,
auf der
einmal am Tag
ein Auto fährt.

Das Gelbschwarz
eine Karte
wie sie die Vögel
innen tragen.

Ich lebe, bin 62.

Der große Bär würfelt gern.
Lieblingsfarbe rot.



Ich bin 62.
Ich lebe.



Allererste Fassung:

Der große Bär hat gewürfelt

Es traf
den Salamander, der
einmal im Monat
die Straße überquert,
auf der
einmal am Tag
ein Auto fährt.

Ist die gelb schwarze Haut
eine Karte
wie sie die Vögel
innen tragen?

Ich lebe, weiß nicht
wohin.

Der große Bär würfelt gern.
Lieblingsfarbe rot.
Zuletzt geändert von leonie am 16.10.2006, 20:00, insgesamt 3-mal geändert.

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 09.10.2006, 17:19

Liebe Leonie,

die einen trifft's, die anderen leben weiter. So ist das wohl. Fraglos schön ist die Stelle mit der gelb-schwarzen Haut, der ich, je nachdem was Du meinst, einen Bindestrich schenken oder die ich zusammen schreiben würde.

Auch die Vogelkarte ist schön poetisch naiv. Als könne man sie sehen. Und natürlich liebe ich Deine Homage an den Zufall. Selbst wenn es unwahrscheinlich ist, gewinnen manche im Lotto oder werden vom Blitz erschlagen.

Einzig der große Bär verwirrt mich ein bisschen. Aber vielleicht habe ich ja den ganzen Text falsch entschlüsselt.

Grüße

Paul Ost

rya

Beitragvon rya » 09.10.2006, 18:33

Hallo Leonie.

Stark. Ich verstehe den Text wie Paul,wobei "der grosse Bär" für mich nur ein anderer Ausdruck für Gott/das Sckicksal etc ist.Hatte ich so aber auch noch nie gelesen.
Leben als Zufall...die Würfel werden laufend neu geworfen.

sehr gerne gelesen.
Gruss Rya/Frank

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 09.10.2006, 19:50

Ich habe meine Probleme damit, wenn man mit 62 immer noch so dem Zufall ausgesetzt ist.

(Die Zeichensetzung in der 4. Strophe bereitet mir auch Probleme.)

moshe.c

pandora

Beitragvon pandora » 09.10.2006, 21:33

liebe leonie,

zum gedicht ist schon viel gesagt worden.
ich mag vor allem die bilder, die du heraufbeschwörst, ganz besonders die karte, die die vögel innen tragen.

lg
p.

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leonie
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Beitragvon leonie » 10.10.2006, 09:45

Hallo zusammen,

als erstes möchte ich mal sagen, dass ich mit dem lyrIch in diesem Gedicht nur die Tatsache gemeinsam habe, dass wir beide leben (Wobei das lyrIch das ja auch nur behauptet, während es bei mir stimmt...).

Deshalb an moshe: Ich auch nicht, ich habe hier versucht, eine Position zu beschreiben, die nicht meine ist.

Lieber Paul Ost,
ich glaube, Du hast das Gedicht schon gelesen, bevor ich doch noch schnell was verändert habe. Ist es so besser? Ich habe bewusst ein Sternbild ausgewählt als Metapher für das Schicksal, den Zufall, die Sterne, wie sie alle heißen.

Lieber Frank, liebe pandora,
vielen Dank.

Liebe Grüße an alle!

leonie

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 10.10.2006, 10:45

Liebe leonie,

das ist sehr gelungen! Und ob du es mit dem großen Bären nun absichtlich oder unabsichtlich gemacht hast, damit stehst du durchaus in einer Tradition (Es gibt zum Beispiel von Ingeborg Bachmann ein Gedicht: "Anrufung des großen Bären", in der dieser Bär (von zusätzlichen historischen Ebenen jetzt mal abgesehen) eine ganz ähnliche Beduetung hat wie in deinem Gedicht, die rya, wie ich finde, gut getroffen hat (ich lese es jedenfalls auch so nicht...etwas zwischen Gott und bloßem Zufall...)). Ich glaube, es gibt zum Gebrauch des großen Bärens auf diese Art auch richtige Untersuchungen etc., leider kriege ich das nicht mehr genau zusammen.

Ein bisschen umstellen würd eich wieder, ansonsten einfach in sich rund und aussagekräftig:


Ich bin 62, ich lebe.
Der große Bär hat gewürfelt.

Es traf den Salamander,
der einmal im Monat
die Straße überquert,
auf der einmal am Tag
ein Auto fährt.

Das Gelbschwarz
eine Karte
wie sie die Vögel
innen tragen. (vielleicht im Inneren tragen/...etc...? auf die Innenwände gezeichnet is`?)

Ich lebe, bin 62.
Der große Bär würfelt gern.
Lieblingsfarbe rot.


Das rot hast du dabei sehr gut eingepdendelt zwischen Symbol und das richtige Maß zu halten, um es nicht überzustrapazieren.

Dein Gedicht hat mich gefangen...

Liebe grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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leonie
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Beitragvon leonie » 10.10.2006, 16:28

Liebe Lisa,

ganz vielen Dank!!! Ich freue mich über Deine Rückmeldung. Aber ich kann Deinen Vorschlägen (im Moment noch (es ist wieder ein Spontangedicht, deshlab kann sich das durchaus noch ändern) ?) nicht folgen. Mir scheint die Setzung so zu stimmen. Im ersten Teil brauche ich den Punkt und die neue Zeile ebenso wie den Absatz, weil ich mir das Ganze mit entsprechenden Pausen vorstelle.
Und ich wollte „einmal im Monat“ und „einmal am Tag“ unbedingt in einer eigenen Zeile haben.
Und ich finde „innen tragen“ eigentlich schöner als „im Innern tragen“.
Hm, ich warte noch mal ab.

Auf jeden Fall liebe Grüße an Dich und danke noch mal!

leonie

Max

Beitragvon Max » 10.10.2006, 17:16

Liebe Leonie,

man sollte meinen, dass ich mich mit dem Zufall ein wenig auskenne, aber je mehr ich mich damit beschäftige, desto ärger wird's ;-).

Dass nun der große Bär durch Dein Gedicht galoppiert, finde ich allerdings ein wenig irritierend - es stimmt zwar, dass er das bekannteste Sternbild ist, aber er steht für mich weniger für Zufall als beispielsweise eines der Bilder des Tierkreises.

Liebe Grüße
max

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Beitragvon leonie » 10.10.2006, 17:40

Lieber Max,

ich hatte erst überlegt, eins der Tierkreiszeichen zu nehmen, wollte aber lieber ein „allgemeineres“ und auch sehr bekanntes Sternbild. Ich fand den goßen Bären dann für die Intention ganz geeignet.
Außerdem stehen doch die Tierkreiszeichen gerade nicht für Zufall, sondern für so eine Art „(Vorher)bestimmung“ oder sehe ich das jetzt falsch?

Liebe Grüße und danke noch mal!
leonie

Max

Beitragvon Max » 10.10.2006, 19:37

Liebe Leonie,

hm, was die Astrologie angeht, hast Du recht, aber da steht jeder Stern für Bestimmung.
Na, ich will Dir Deinen Bären lassen (aber nicht aufbinden ;-) )

Liebe Grüße
max

Last

Beitragvon Last » 13.10.2006, 11:06

Hallo Leonie,

mir gefällt das sehr :smile:
Würde allerdings einiges streichen :confused:

Rot

Ich bin 62.
Ich lebe.
---> Streiche ich vorrausschauend um es als Schlusspunkt zu setzen, der markant und nicht wiederholt ist.

Der große Bär hat gewürfelt. ---> Als Anfang super

Es traf
den Salamander, der
einmal im Monat
die Straße überquert,
auf der
einmal am Tag
ein Auto fährt.

Das Gelbschwarz
eine Karte
wie sie die Vögel
innen tragen.

Ich lebe, bin 62. ---> Das empfinde ich als Schlusssatz geeigneter. Das "lebe" steckt für mich im ich bin mit drin.

Der große Bär würfelt gern.---> Wiederholung ist unnötig
Lieblingsfarbe rot. ---> Mir genügt hier der Titel

Also:

Rot

Der große Bär hat gewürfelt.

Es traf
den Salamander, der
einmal im Monat
die Straße überquert,
auf der
einmal am Tag
ein Auto fährt.

Das Gelbschwarz
eine Karte
wie sie die Vögel
innen tragen.

Ich bin 62.

(oder:
Ich bin
62.
)


LG
Last

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Beitragvon leonie » 13.10.2006, 17:23

Lieber last,

danke für Deinen Kommentar, ich freue mich sehr. Deine Vorschläge finde ich sehr überdenkenswert, ich habe nur im Moment nicht den Kopf so richtig frei, da ich ein anderes Projekt zuende bringen muss. Aber ich vergesse sie nicht und mache mich dann noch mal über den Text her.

Liebe Grüße
leonie

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Beitragvon leonie » 13.10.2006, 21:53

Lieber Last,

ich noch mal. Mir sind die letzten zwei Zeilen wichtig, da soll ein leichter Zynismus mitschwingen.
Aber ich überlege, das „Ich“ ganz wegzulassen. Im Grunde kann der Leser das für sich selbst ergänzen.

Hallo alle,
was meint Ihr? Kann man das dann noch nachvollziehen?

Liebe Grüße
leonie


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