dona nobis pacem

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Niko

Beitragvon Niko » 19.09.2006, 18:31



dona nobis pacem



in seelenhallen
von amen zu amen
beschwörungsformeln
zermalmen in
wortmühlen
freigeistiges

kniet in demut
steht in andacht
gleichgeschaltetes heil
im wir-gedanken
ein lied
zwei drei

ein volk
ein reich
ein gott
Zuletzt geändert von Niko am 07.07.2011, 10:05, insgesamt 2-mal geändert.

Gast

Beitragvon Gast » 19.09.2006, 21:15

Hallo Niko !

So trifft man sich wieder.

Ich kann nur sagen: :a020:

Du triffst hier genau meine Einstellung zu "Kirche", wie wir sie oft vorfinden. Das hat nichts mit Glauben zu tun, denke ich. Die Institution ist es, die vielen Probleme bereitet.

Der Automatismus von Gebetsformeln, von Gesten. Das Verlagen, allem zu folgen ohne selber mit- oder nachzudenken. Bloß nicht abweichen, bloß keine eigene Meinung.
Da passen die Parallelen zum Militär.

Liebe Grüße in den Abend
Uta

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 19.09.2006, 23:06

LIeber Niko,
einerseits finde ich dein Gedicht super: Diese Verbindungen, die da knüpfst sind tief gegründet, in einer Ansicht. Du triffst sozusagen einen Kern, der Ursache ist: Von Gott ('Gott') gewolltes Selbstbewußtsein wird von Religion nicht zugelassen.

Desweiteren habe ich immer eine bisher unbeantwortete Frage: Was ist Heil, bzw. Heilig? Was heißt dies eigentlich?

Andererseits kommt diese Anspielung auf das Nazitum und dessen Ideologie aus der Gnostik, nicht aus den vorhandenen Religionen, kurz: Das Nazitum baute zwar auf die Grundlagen der Religionen, wollte aber selbst eine solche sein, mit dem Führer als 'Gott'

Uff

Bin ich noch verständlich?

moshe.c

Niko

Beitragvon Niko » 19.09.2006, 23:26

hallo traveller!
schön dich hier zu lesen. freut mich sehr! und ja.........das militärische........warum muss man immer vorgeschrieben bekommen, wie man zu beten hat? die nähe zum militär war schon so gedacht.
ich hoffe, wir begegnen uns hier öfter :daumen:

shalom moshe!
ja, ich kann deinen windungen folgen :pfeil: :richtig:
Desweiteren habe ich immer eine bisher unbeantwortete Frage: Was ist Heil, bzw. Heilig? Was heißt dies eigentlich?

naja........ich glaube, mal so nachgedacht, dass es aus dem gesundheitswesen kommt. etwas heil(e) machen. ergo gesundheit, vielleicht auch glück. mir fällt seelenheil ein, ohne an hitler zu denken :idee: auch das heillose chaos oder heilmittel (immer noch gebräuchliches wort)eines der wenigen worte, wenn ich es so recht bedenke, die mit hitler in verbindung gebracht werden können, aber dennoch nichts an eigenständigkeit eingebüßt haben.ein volk ein reich ein führer. - den slogan gabs damals auch mal......naja, das nur am rande...
du siehst aber dass ich den diktatorischen, aufzwingenden aspekt sehr wohl betonen wollte....
lieben gruß: Niko

rockandrollhexe

Beitragvon rockandrollhexe » 20.09.2006, 06:59

Lieber Niko,
ich glaube - brauche aber dazu nicht die Kirche. Gott ist überall...
Mehr will ich auch gar nicht zu diesem Thema sagen, da dein Text
eigentlich schon alles gesagt hat.

Liebe Grüsse
rockandrollhexe

Hakuin

Beitragvon Hakuin » 20.09.2006, 08:14

hallo niko,

"wo die kraft fehlt, füge rhythmus ein"....

und wenn die kraft erstarkt ist,
dann wäre es an der zeit
sie sich frei entfalten zu lassen.
die andere variante hast du bereits beschrieben.

grüße dich
hakuin

Max

Beitragvon Max » 21.09.2006, 20:04

Lieber Niko,

einerseits mag ich die behende Art in der Du hier Deine Worte als Lanze benutzt, andererseits kann ich Moshes Einwand gut verstehen. Insbesondere scheint mir auch, wenn man über die Verfehlungen der katholischen Kirche spricht (der Titel scheint mir darauf hinzuweisen, dass Du die katholische Kirche meinst) Ihr Schweigen (auch das müsste man ja ausdifferenzieren) in der Zeit des Nationalsozialismus zwar grundfalsch zu sein, aber verglichen mit vielen anderen "Sünden", an dene sie aktiv beteiligt war, noch beinahe klein.

Was ich nicht verstehe ist der Titel ... außer dass es ein bekanntes Kirchenlied ist, scheinen mir die Anspielunegn auf "Frieden" ja in diesem Gedicht weniger zentral, oder täusche ich mich?

Liebe Grüße
Max

Niko

Beitragvon Niko » 23.09.2006, 23:47

nochmal ich

hallo hexe:
ja.......der glaube zählt, nicht die institution kirche. aber bei katholiken besteht auf dem papier quasi eine gottesdienstpflicht. im gegensatz zu den evangelen zb. und diese gottesdienste sind ausgangspunkt für dieses gedicht.

hallo hakuin!
schreiben ist auch ein ständiges verarbeiten oder auch ein abschließen mit etwas. so ist es auch hier. und das gedicht ist schon etwas älter. vielleicht bin ich ein gläubiger christ. das kann nur der da oben wirklich beurteilen. so es ihn gibt. aber ich habe mich gelöst von all den kirchlichen zwängen. das war ein mal. gott sei dank.

hallo max!
jede religion hat ihre verfehlungen. auch wenn dieser ausdruck bei manchen religionen eine echte verniedlichung ist. es geht mir auch nicht darum, die kirche in ihrer gesamtheit anzuklagen, sozusagen ein verbaler feldzug gegen sämtliche sünden seitens der kirche (das gedicht käme ins guinessbuch) sondern ein bespiegeln eines alltäglichen vorganges, dem gottesdienst. wer darüber hinaus weiterdenkt...-ok
zum titel: "dona nobis pacem" heit: gib uns deinen frieden. ich wollte damit ein "in frieden lassen" assoziieren. ist vielleicht nicht geglückt. aber nu. zumindest weiß man gleich, worum es geht. um die kirche. und zwar die katholische....
lieben gruß: Niko

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 25.09.2006, 19:26

Lieber Niko!

Die Assozationen zu 'heil' und besonders zu deiner Zeile 'gleichgeschaltetes heil' hatte ich auch schon. Doch halt immer noch keine befriedigende Antwort.

Einst machte ich eine Reise nach Zypern (Paphos) und u.a. besuchten ich zusammen mit dem Vermieter des Appartments verschiedene christliche, alte Zeugnisse der Kultur. Durch seine Vermittlung wurden ich einer besonderen Ehre teilhaft: In einer Kirche gab es eine Reliqie, nämlich den Schädel eines Heiligen (den Namen habe ich vergessen), der einmal im Jahr zu einem bestimmten Anlaß hervorgeholt wird, der Gemeinde gezeigt und dann von jedem geküßt werden darf. Extra für mich hat der Priester der Kirche diesen Schädel nun hervorgeholt aus der Krypta der Kirche. Der Schädel war in Silber gefaßt und zeigte entsprechende Gebrauchsspuren. Der Priester sprach eine Menge gebetsartige Formeln und ich wurde aufgefordert den Schädel zu küßen, was ich auch machte. Dannach segnete mich der Priester und mein Gastgeber war überzeugt davon, mir das Beste gegeben zu haben, was der Ort und er zu bieten hatte.
Mir war mehr als schlecht und was daran nun heilig ist, verstehe ich neben dem Prinzip seit dem noch weniger.

Ich möchte ganz klar betonen, daß es mir hier überhaupt nicht um die christliche Religion geht, (So etwas ähnliches gibt es auch in Teilen der jüdischen Religion, aber da gibt es ganz klare Abgrenzungen und Ablehnungen innerhalb der verschieden Formen) sondern um mein schlichtes Unverständnis darüber, was denn der Begriff Heilig überhaupt aussagt oder darstellt.

moshe.


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