Septembernacht

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
königindernacht

Beitragvon königindernacht » 03.09.2006, 00:07

Septembernacht


Am Rande des
Milchstraßenmeeres
schwimmt der Delphin
über die Großstadt.

Auf seinen Rücken
schwinge ich mich,
einmal noch
den Sommer zu reiten

bevor der Herbst ufert.



Bisher:

Am Rande des

Milchstraßenmeeres
schwimmt der
Delphin
über die Großstadt,
als hätte er
mein Klagelied
vernommen.

Erlöst
schwinge ich mich
auf seinen
Sternenrücken,
einmal noch
auf Sommerhimmeln
zu reiten bis

der Herbst ufert.
Zuletzt geändert von königindernacht am 05.09.2006, 19:52, insgesamt 4-mal geändert.

Louisa

Beitragvon Louisa » 03.09.2006, 10:21

Frau Königin!

Das macht mich wieder leicht begeistert (es darf nicht mehr so übertrieben gelobt werden, also bin ich nur "leicht begeistert"... :smile: ).

Der Delphin im Milchstraßenmeer ist wundervoll, noch besser, dass er über die Großstadt schwimmt!

Aber was macht das "Klagelied" da? Ich verstehe weshalb man klagt, aber es passt für mich nicht so gut...Delphine können doch auch über die Stadt schwimmen, ohne dass sie ein Klagelied vernehmen oder? Entweder würde ich es streichen oder ich würde "als hätte ich ihn (herbei) gerufen/gepfiffen/gewunken/..." schreiben.

Dann würde ich das "hoffend " weglassen. Ich glaube am Besten ist ein Gedicht dann, wenn es ein Gefühl erzeugt oder ein Stimmungsbild transportiert wird, ohne dass das Gefühl an sich ausgesprochen wird.

Ich glaube hier ist das schon sehr schön: Wenn Du nämlich "noch einmal auf Sommerhimmeln reiten willst, bis der Herbst kommt"...weiß eigentlich jeder, dass Du Dir etwas wünschst oder "hoffnungsvoll" auf seinen Sternenrücken kletterst...

Also das (hoffend) kann man auch streichen, glaube ich.

Aber sonst ist es wirklich sehr, sehr gut! Alles andere gefällt mir wirklich sehr, auch ganz besonders "der ufernde Herbst"! (Nur die zwei kleinen Worte...)

Gute Reise!
l.

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leonie
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Beitragvon leonie » 03.09.2006, 12:41

Liebe Königin der Nacht,
wieder ein Nachtgedicht, du trägst Deinen Namen zu Recht, scheint mir. Auch dieses Gedicht gefällt mir.
Mir geht es wie Louisa, das „hoffend“ würde ich weglassen. Wenn Du den Satz mit dem Klagelied weglässt, wird das Gedicht sehr viel offener, es ist die Frage, ob Du das möchtest. Mir gefällt beides sehr.
Zur zweiten Strophe: Wenn Du „einmal noch“ schreiben würdest, wäre das „einmal“ betonter, ich denke, das würde der Intention zugute kommen. Und vielleicht könnte man das „zu“ weglassen.
Liebe Grüße
leonie

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 03.09.2006, 15:44

Ihr lieben Schwärmerinnen,

das Sternbild "Delphin" hat seine Geschichte/ Legende: Arion wurde als Sieger eines Sängerwettbewrbes reich beschenkt. Die Seeleute des Schiffes, das ihn heim brachte, wollten den Sänger ins Meer schmeißen, um an die Reichtümer zu kommen. Aber er durfte noch ein Klagelied singen. Ein Delphin hörte den Gesang, kam geschwommen und rettete Arion. Die Götter beschlossen darum, ihn als Sternbild an den Himmel zu setzen. Darum also mein Klagelied (darüber, dass der Sommer vorüber geht. Oder sogar mein Sommer???)

Leonie: "Einmal noch.." werde ich gerne übernehmen, ich stimme dir zu: Die Wirkung von "einmal" wird verstärkt. Louisa, auch dir stimme ich zu- Ich habe mich ein wenig von der mir auferlegten Form: Zwei Strophen a sieben Zeilen, lenken lassen. Ich würde sie gerne beibehalten- habe aber für "Hoffend" noch keine gute Alternative. Vielleicht helft ihr mir.

Herzlichst, KÖ aus der verregneten Sommer- Herbststadt

steyk

Beitragvon steyk » 03.09.2006, 16:38

Liebe KÖ,
du erzählst ja mit deinem Text eine kleine Geschichte, die eine ganz bestimmte Aussage hat. Würdest du das Klagelied weglassen, ergäbe es eine ganz andere Geschichte und wäre nicht mehr die, die du erzählen wolltest.
Das Hoffend finde ich auch überflüssig. Da du die zwei Strophen mit je sieben Zeilen behalten möchtest, könntest du vielleicht eine Umschreibung für ein frohes Gefühl finden, da dein Klagelied erhört wurde und du noch einmal auf Sommerhimmeln fliegen/reisen/ schwimmen/reiten kannst.
Mit fällt i.M. auch nichts besonderes ein - bin heute etwas schlapp ;-)

Liebe Grüße
Stefan

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 03.09.2006, 22:14

Lieber Stefan,

ich habe über deine/eure Hinweise betreffs "hoffend" nachgedacht. Mir fällt kaum ein alternatives Wort ein, das diese leicht wehmühtige aber letztlich doch hoffnungsvolle Stimmung einfängt.
Wie kann man sich nur auf einen Delfin schwingen, um den Sommer noch ein wenig festzuhalten?

eine fragende KÖ

Louisa

Beitragvon Louisa » 03.09.2006, 22:31

Also meine Wenigkeit meinte ja es einfach zu streichen...Ich glaube Dein Gefühl wird auch so gut transportiert!

LG, l.

rockandrollhexe

Beitragvon rockandrollhexe » 04.09.2006, 06:27

Liebe Königin,
vielleicht ist meine Lesart und mein Geschmack etwas anders. Mich stört das "Hoffend" nicht.
Schöne Bilder.

Liebe Grüsse
rockandrollhexe

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 04.09.2006, 14:54

Liebe kö,
ich bin wieder etwas zwiegespalten...einerseits kann ich mich in deinen Worten fallen lassen, manchmal werde ich aber auch hinausgeschubst durch zuviel des Guten...dank carl, der neulich in seinem Text "Totenbuch" den Delfin so erfrischend benutzte, bin ich ja noch mit dem Delfin mitgegangen, vor allem wegen des KOntexes:

Am Rande des

Milchstraßenmeeres (was ich übrigens nicht so absetzen würde)

- das gefällt mir...besonders durch das am Rand...auch den Bezug des Sternbildes und der Großstadt...das gefällt mir.

Aber dann bricht für mich die Strophe 2 ein, das Gedicht kippt (für mich!) wieder Richtung Kitsch...
Hoffend...sternenrücken....überhaupt die ganze Dramatik ohne angegeben Grund (Großstadtgefühl ist für mich ein permanenterer Schmerz)....sicher mag für jeden wieder hier das Empfinden unterschiedlich sein...aber ich schaffe beim Lesen die Gradwanderung nicht....

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Louisa

Beitragvon Louisa » 04.09.2006, 14:58

Hallo Lisa,
da hast Du schon recht, glaube ich...

Du hast genau die Stellen hervorgehoben, die ich auch am Schönsten fand... Ich frage mich noch immer wieso die Königin so auf ihrem "hoffend" beharrt? Das brauch es doch nicht...den Sternenrücken vielleicht auch nicht. Sonst ist es nämlich sehr , sehr schön!

Grüßlein, l.

Gast

Beitragvon Gast » 05.09.2006, 16:18

Liebe königindernacht,
ich glaube einfach, dein Bedürfnis dieses "Hoffend" auszusprechen, solltest du lieber auf dem Delfin davon schwimmen lassen... :-) Ich hoffe du verstehst mein zwinkern.
Die Leser, die Lyrik lesen, sind in der Regel bereit zu denken und ihre Fantasie mitspielen zu lassen.
Du musst als Autorin nicht immer alles erklären bis ins I-Tüpfelchen.

Warum machst du dir solche Vorgaben?
Ich vermute mal, um zu lernen, um dich in einem Rahmen zu bewegen.
Das wäre dann doch mal ein Thema für die Schreibwerkstatt:
Nein, ich meine nicht, dass dies jetzt verschoben werden sollte ;-)
Es ist nur so, dass ich den Eindruck gewonnen habe, dass du gern nach selbst festgelegten Vorgaben schreibst und das wäre doch mal ein Thema... für s. o.
Manchmal ist so etwas hilfreich, aber es kann auch sehr einengend sein.
Schöner ist es, wie ich finde, wenn sich bei einem Gedicht, die Form aus dem Inhalt ergibt.
Das war jetzt ziemlich allgemein, aber zum Text hast du punktuelle Ratschläge erhalten, da brauche ich nicht auch noch einhaken.

Liebe Grüße
Gerda

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 05.09.2006, 19:52

Ihr lieben Mitdenker- und fühler,

inzwischen sind fast drei Tage vorüber seit dem Einstellen dieses Gedichtes. Ich habe eure Anregungen immer wieder gelesen und in mir selbst geprüft.

Ja, ich baue mir gerne Rahmen, in die ich versuche, eine Aussage zu fassen. Mal sind es inhaltliche Vorgaben, mal Formen. Das hat etwas zu tun mit der Lust am Experimentieren und der Lust an Vielfalt.

Nun hat sich der ursprüngliche Text stark verkürzt, hat meines Erachtens (auch ohne Klagelied) an Aussage nichts verloren. Aber vergleicht doch selber, ich bin gespannt, ob ihr eure Denkanstöße wieder erkennt und was ihr meint,

herzlichst, KÖ

Gast

Beitragvon Gast » 05.09.2006, 20:45

Liebe Kö,
ich finde es echt stark jetzt, so klar und schön.
(hab nicht viel Zeit), aber das wollte ich doch los werden.

LGG und einen schönen Milchstraßenherbstabend ;-)

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 05.09.2006, 22:51

Heute strahlt der Mond und die Sterne leuchten.

Schade, dass ich den Delphin von meinem Fenster aus nicht sehen kann...

Danke, Gerda, :-) Herzlichst, KÖ


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