Depression

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Eliane

Beitragvon Eliane » 24.08.2006, 18:25

Depression

Bleigrau, gleich einem Tag
im trüben Spätherbst
wenn an unerlöstem Himmel
schwere Regenlasten hängen,
so schien ihr Blick gefangen
wie in einem dunklen Wolkenkleid
undurchdringlich, scheinbar seelenlos
still das Nichts erwartend


Dépression

D’un gris plombé au tard de l’automne
un jour brouillé
le ciel en ôtage
est chargé de pluie
d’une sombre chape de nuages
son regard captif
impénétrable, sans âme
dans l’attente du néant




© Eliane


aus ©-Gründen:
übersetzt von M.Merks-Krahforst und "CEPAL" (F)
Zuletzt geändert von Eliane am 28.08.2006, 16:14, insgesamt 1-mal geändert.

Maija

Beitragvon Maija » 27.08.2006, 15:41

Liebe Eliane,

Deine Worte berühren mich, da ich schon lange Zeit an Depressionen leide. Die Worte sind gut gewählt und geben ein berührendes Endbild ab.

Gruß Maija

Eliane

Beitragvon Eliane » 27.08.2006, 18:16

liebe Maija,

du schreibst, ich habe die richtigen Worte gefunden.

Ich habe das Gedicht in Erinnerung an einen nahe stehenden Menschen geschrieben, zehn Jahre nach dessen Freitod. So spät, weil ich mich nicht früher damit konfrontieren wollte/konnte und ich habe lange daran gefeilt!

Habe diesen Blick, den ich bei meiner letzten Begegnung nicht richtig zu deuten verstand, immer noch genau in Erinnerung.

Ich danke dir für deine Antwort!

Gruß, Eliane

Maija

Beitragvon Maija » 27.08.2006, 18:46

Liebe Eliane,

Ja es ist schwer-, manche Dinge die wir tun zu verstehen. Dies mit einem Gedicht zu verarbeiten finde ich einen guten Schritt nach vorne.

Gruß Maija

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 27.08.2006, 23:06

Hier haben sie in dieser Woche in einem Neubaublock kleine Wohnungen für Demenzkranke eingerichtet. Mir fiel dein Gedicht ein, eliane, und ich finde die Situation dieser Menschen unglaublich gut beschrieben. Es ist sehr anspruchsvoll, sich dieses Themas in der Lyrik anzunehmen. Ich kenne bisher keinen Text dazu. Desto mehr gilt deinem meine Anerkennung,

herzlichst, KÖ

Gast

Beitragvon Gast » 28.08.2006, 14:15

Hallo königindernacht, Eliane hat doch von Depression geschrieben und nicht von Demenz...
Sicher Demenzkranke sind häufig auch depressiv ...
Wahrscheinlich meinst du, dass du noch kein Gedicht über Demenz gelesen hast, aber Eliane hat auch nicht über diese Erklrankung geschrieben.
Gedichte über Depression, von depressiv Erkrankten gibt es schon sehr sehr viele.

Ich dachte, es wäre gut, wenn das nicht zusammen gewürfelt wird.

Hallo Eliane,

Was ist ein Okto?
ich weiß, ich könnte nachsehen, aber schön wäre vielleicht auch eine kurze Erklärung von dir, die du in der Schreibwerkstatt posten könntest, in Ergänzung zu Haiku.
ich meine, dass du die Stimmung gut getroffen hast, an die du dich erinnerst.
Ich weiß nur nicht ob der Titel Depression so gut gewählt ist, weil du Beobachtende warst und nicht betroffen. (von der erkrankung)..
"Abschied" wäre dir wahrscheinlich zu allgemein, dennoch zutreffend, wie ich aus dem Kontext entnommen habe.
eine Kleinigekeit.

Du schreibst:

wenn an unerlöstem Himmel
schwere Regenlasten hängen
so schien ihr Blick gefangen


wäre es nicht korrekt zu schreiben:

als ob an unerlöstem Himmel
schwere Regenlasten hingen
so schien ihr Blick gefangen


denn es bezieht sich doch auf : so schien ihr Blick gefangen

Liebe Grüße
Gerda

Eliane

Beitragvon Eliane » 28.08.2006, 16:08

Hallo Gerda,

ein Abschiedsgedicht war es nicht, da gibt es ein anderes....

Dass dieser Mensch unter einer schweren Depression litt, das wusste ich zu dem Zeitpunkt, als ich das Gedicht schrieb.

Ich wollte sie in Worte fassen, SO wie ich sie gesehen hatte, nämlich im Blick. Da bleibt mir als Überschrift nur dieses Wort.

Zu dem Bezug:

Bleigrau, gleich einem Tag
im trüben Spätherbst
wenn an unerlöstem Himmel
schwere Regenlasten hängen


diese Zeilen gehören zusammen,
dann folgt der Vergleich. Mit einem Komma wäre es deutlicher,
ich setze es noch nachträglich ein.

liebe Königin,

ich denke schon, dass Demenzkranke wieder einen anderen Blick haben,
aber du hast die Paralleele sicher in der Hoffnungslosigkeit gesehen.


ich danke für's Lesen und Kommentieren und setze das Gedicht oben noch in französischer Sprache rein. Wenn ich mich mal durch die Technik gewurstelt habe würde ich es mal in die Hörbar einstellen, denn ich las, dass Interesse auch an franz. Versionen besteht.

liebe Grüße,
Eliane

P.S. vielleicht möchte es auch Eine(r) von euch lesen?


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