Ach, könnt' ich doch

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Stigma

Beitragvon Stigma » 13.08.2006, 22:15

Ach, könnt' ich doch

Wäre ich Maler
So würde ich zeichnen
Die schönsten Portraits
Mit Kohle und Tusche
Quellwasserklar
Und pastellwarmen Farben
Spiegelbildgleich
Nur um zu sehen
Wie schön du bist

Wär' ich Konditor
So würde ich backen
Die süßesten Torten
Mit Zucker und Zimt
Für unseren Winter
Kirschkuchen und Sahne
Für unsere Sommer
Nur um zu schmecken
Wie süß du bist

Wäre ich Musiker
So würde ich spielen
Die lieblichsten Lieder
Auf dem Piano
Silberklar
Und auf der Harfe
Sanft und warm
Nur um zu hören
Wie lieblich du bist

Wär' ich Parfumeur
So würd' ich kreieren
Die frischesten Düfte
Für Schwerelosigkeit
In diesem Frühling
Und Aufschwung
Im Herbst
Nur um zu riechen
Wie du mein Leben erfrischst

Doch ich bin nur Dichter
Und so kann ich schreiben
Die gefühlvollsten Texte
Mit Winter und Kälte
Für unsere Kriege
Mit Sommer und Wärme
Für unsere Liebe
Nur um zu zeigen
Was ich für dich fühle


Mai 2005

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 13.08.2006, 22:22

Das ist ja eine zauberhafte Liebeserklärung!

*lächel*, KÖ

Benutzeravatar
Lisa
Beiträge: 13944
Registriert: 29.06.2005
Geschlecht:

Beitragvon Lisa » 14.08.2006, 10:05

Hallo Stigma,

Kö hat wohl recht: es ist eine zauberhafte Liebeserklärung...und der Herr/die Dame, die sie bekommen hat, hat sich sicher über die Maßen gefreut...allerdings macht das für mich noch kein (Liebes-)gedicht aus, das mich berührt...

Es gibt schon so viele Liebesgedichte, die solch einen Aufbau haben, eine Reihe von Aufzählungen, die mit Du bist für mich, was für den Fisch das Wasser ist, Wenn ich... und dergleichen...die Pointe ist immer die gleiche: Es kommen eine Reihe von vergleichenden Aussagen, um am Ende eine romantische (mal traurig, mal schön) Wendung einzubauen. Daher empfinde ich den Aufbau als nicht sehr originell - es erinnert mich ein wenig an die Merci-Werbung.

Zudem sind bestimmte Worte in solch einem Kontext gefährlich:

Silberklar zum Beispiel - ein wunderschönes Wort, aber in meinen Augen ist es verdammt schwierig, diesem Wort einen angemessenen Rahmen zu geben, um es wirklich wirken zu lassen und nicht kitischig zu klingen.

Dann ist es für mich auch kein sauberer Aufbau: Denn du vermischt Vergleiche, die Künste und die nicht Künstler sind: Was genau ist denn der Unterschied zwischen dem Künstler "Maler" und "Dichter"? Sind die vermögen nicht gleich zu nennen? ich glaube nicht weitaus jeder Maler malt nur aus den Beweggründen heraus, schöne gesichter zu malen...und nicht jeder Dichter dichtet, um die Leiden und lieben unserer Welt darzustellen...der Vergleich von Strophe 1 und der letzten hinkt also für mich.

Dann das Reinspielen der Jahreszeiten, die scheinen für den Schlussvers stark von Bedeutung zu sein, tauchen in den Strophen vorher aber nur sporadisch auf - das ist mir zu durcheinander.

So bleibt für mich nur: Das Gedicht hat den geliebten Menschen sicher begeistert, umgeworfen und stolz gemacht - und das ist wunderschön (!)....trotzdem ist es glaube ich in erster Linie für den Adressaten interessant....mich zumindest nimmt es nicht gefangen...

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Stigma

Beitragvon Stigma » 14.08.2006, 10:55

Danke Kö! :spin2:

Hallo Lisa,

ich glaube nicht weitaus jeder Maler malt nur aus den Beweggründen heraus, schöne gesichter zu malen...und nicht jeder Dichter dichtet, um die Leiden und lieben unserer Welt darzustellen...

Nein, natürlich ist nicht jeder Maler auf Portraits festgelegt. Aber er hat ein gewisses Talent, Gesehenes zu Papier zu bringen. Ebenso der Dichter: er hat das Talent, Worte zu finden, um den Leser seine GEfühle oder anderes begreiflich zumachen.
Das lyr. Ich will also sagen: Wenn ich das Talent hätte, schöne Bilder zu malen, passende Worte zu finden, dann würde es diese Talente dazu nutzen, das lyr. Du zu beschreiben, ihm seine Liebe zu gestehen.

Liebe Grüße,
Stigma

Max

Beitragvon Max » 14.08.2006, 21:32

Liebe Stigma,

man merkt, dass Du das Gedicht mit dem Herzen geschrieben hat. Derjenige für den es enstanden ist, kann stolz sein.

Dennoch gebe ich vom rein Künstlerischen Lisa recht. Mich hat der Aufbau gleich an Elton Johns "Your Song" erinnert. (Wenn man bösartiger sein will, gibt es aber auch ein paar Schlager, die in eine ähnliche Richtung gehen, nur kenne ich mich da weniger aus). Allerdings ist Elton John klug genug, nicht jeden Vegleich auch auszuführen - so gibt es dort die Zeile "If I was a sculptor, but then again no ...". So entsteht bei Dir der Eindruck einer gewissen Beliebigkeit in der Aufzählung (boshaft könnte ich das ganze um eine Strophe ergänzen: "Wäre ich Klempner// so würde ich löten// eine Muffe so sauber und fein .. ). Ich glaube als Gedicht, nicht als Liebeserklärung, würde das Ganze gewinnen, wenn Du Dir überlgen würdest, welchen Vergleich Du warum bringen möchtest und ob Du ihn später im Geicht noch einmal benutzt etc.

Liebe Grüße
max

Stigma

Beitragvon Stigma » 14.08.2006, 22:26

Lieber Max,

Ich glaube als Gedicht, nicht als Liebeserklärung, würde das Ganze gewinnen, wenn Du Dir überlgen würdest, welchen Vergleich Du warum bringen möchtest

Selten schreibe ich ein Gedicht aus dem Bauch heraus, sodass ich nicht weiß, warum ich welches Bild benutze. Deswegen kann ich dir auch genau sagen, aus welchem Grund ich die Vergleich gewählt habe. Das lyr. Ich nimmt das Du mit allen 5 Sinnen wahr und so möchte es das Du auch für alle fünf Sinnen darstellen:

Maler->sehen
Konditor->schmecken
Musiker->hören
Parfumeur->riechen
Dichter->fühlen

Nun gut, der Dichter hinkt vielleicht etwas, aber er drückt häufig Gefühle aus.

Liebe Grüße,
Stigma

aram
Beiträge: 4509
Registriert: 06.06.2006

Beitragvon aram » 16.08.2006, 14:45

hallo stigma,

das lyr.ich stellt behauptungen auf,
die nicht nachvollziehbar sind -

Doch ich bin nur Dichter
Und so kann ich schreiben
Die gefühlvollsten Texte


- da würde ich mir erwarten, dass im gedicht auch etwas davon vorkommt; es nicht nur ein aufzählender metatext ist: wo ist gefühl, wo ist etwas gefühlvoll ausgedrückt?

liebe grüße, aram

Stigma

Beitragvon Stigma » 16.08.2006, 15:21

Hallo aram,

da würde ich mir erwarten, dass im gedicht auch etwas davon vorkommt; es nicht nur ein aufzählender metatext ist: wo ist gefühl, wo ist etwas gefühlvoll ausgedrückt?

Das lyr. Ich berichtet, was es täte, wenn es genannte Talente hätte. Da es diese Talente aber nicht besitzt sondern nur Dichter ist, kann es auch nur Gedichte schreiben, um dem lyr. du zu zeigen, was es empfindet.
Dieses Gedicht ist also nur als Bericht über seine Wünsche zu sehen, nicht als Liebesgedicht an das lyr. Du.

Liebe Grüße,
Stigma

aram
Beiträge: 4509
Registriert: 06.06.2006

Beitragvon aram » 16.08.2006, 15:55

hallo stigma,

ja gut, das gedicht ist aber nicht sonderlich gut geschrieben, somit widerspricht es sich selbst -
ich dachte, der 'bericht über die wünsche' des lyr ich sollte indirekt schon so etwas beinhalten wie eine talentprobe -
an wen ist dieser bericht denn gerichtet?
woher nimmt das lyr.ich das selbstvertrauen, sich als 'dichter' zu bezeichnen? das ist doch nicht weniger anspruchsvoll als andere künste - warum 'nur' ???

fragende grüße,
aram

Stigma

Beitragvon Stigma » 16.08.2006, 16:52

das gedicht ist aber nicht sonderlich gut geschrieben

Begründung?

das ist doch nicht weniger anspruchsvoll als andere künste - warum 'nur' ???

Die anderen Künste sind "sinnvoller": Bilder kann man sich an die Wand hängen, Torten werden gegessen, Musik kann man bewusst oder nebenbei hören und Parfum duftet gut. Aber wer liest denn schon Gedichte? :rolleyes: das ist heut zu tage eher selten.
woher nimmt das lyr.ich das selbstvertrauen, sich als 'dichter' zu bezeichnen?
Was spricht dagegen?

Liebe Grüße,
Stigma

savage

Beitragvon savage » 16.08.2006, 17:31

Du hast es für einen bestimmten Menschen
mit dem Herzen geschrieben, daß liest man.
Ein wenig kitschig und nur bedingt für die
Öffentlichkeit tauglich.
Ich hoffe, du nimmst mir meine Meinung nicht übel ;-)
aber jeder, der hier einen Text einstellt, stellt sich
auch der Kritik.

savage

aram
Beiträge: 4509
Registriert: 06.06.2006

Beitragvon aram » 16.08.2006, 18:37

liebe stigma,
Zitat:das gedicht ist aber nicht sonderlich gut geschrieben
Begründung?

wenn ich so nach oben gucke hat lisa sich schon ausführlich die mühe gemacht, konkrete schwachpunkte des textes aufzuzeigen, was offensichtlich nicht so bei dir ankommt - deswegen werde ich mir jetzt nicht die arbeit machen, dich im einzelnen auf etwas hinzuweisen, was du scheinbar eh nicht hören willst :-)


Die anderen Künste sind "sinnvoller": Bilder kann man sich an die Wand hängen, Torten werden gegessen, Musik kann man bewusst oder nebenbei hören und Parfum duftet gut. Aber wer liest denn schon Gedichte?

ziemlich eigenartige begründung. musik kann man bewusst oder nebenbei hören, gedichte kann man bewusst lesen aber nicht nebenbei.
sie sind also weniger sinnvoll.

sorry, stigma...


aram

Max

Beitragvon Max » 16.08.2006, 21:40

Liebe Stigma,

also: dass nun Dichten weniger wert sein sollte als musik zu schreiben, zu malen oder Parfumes zu kreieren finde ich eine bemerkenswerte aber auch nicht sonderlich richtige Aussage (die Konditoren, die mir irgendwie sowieso nicht in die Aufzählung zu passen scheinen, nehemich mal aus, ich esse zu gerne Kuchen ;-)). Darüber hinaus denke ich, dass Aram oben recht hat, das Gedicht könnte noch ein wenig gefühlvoller und poetisch vollkommener sein, um seiner eigenen Aussage zu entsprechen.

Liebe Grüße
Max

Stigma

Beitragvon Stigma » 16.08.2006, 22:07

Hallo savage,

Ich hoffe, du nimmst mir meine Meinung nicht übel

Nein, natürlich nicht.

wenn ich so nach oben gucke hat lisa sich schon ausführlich die mühe gemacht, konkrete schwachpunkte des textes aufzuzeigen,

Genau, Lisa hat ihre Meinung mittgeteilt. Ich kann ja nicht wissen, dass du ihre Meinung teilst.

ziemlich eigenartige begründung.

Was ist an der Begründung eigenartig? Es ist doch in der Tat so, dass kaum noch jemand Gedichte liest. Gedichte kann man nicht einfach so, zur Unterhaltung lesen, viele sind nicht so leicht zu verstehen. Musik oder Gemälde hingegen muss man nicht verstehen, um sie zu mögen. Die Leute in meinem Bekanntenkreis hören alle gerne Musik oder haben Bilder in ihrer Wohnung hängen, aber kaum einer von ihnen hat die Zeit, geduld, Muße Gedichte zu lesen. :rolleyes:

Gruß,
Stigma


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 23 Gäste