Endlich

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
moshe.c

Beitragvon moshe.c » 31.07.2006, 21:26

Und silberne Tropfen
wie Tränen-Monde
leicht und gleich
fallen ruhig dahin.

Die blumige Erde
nimmt sie auf,
schlürft sie selig
mit Kuß-Munden
Tau um Tau.

Das nährt und wächst
und blüht und summt
und kaum verging
ein Quäntchen Zeit
sind neue Blumen aufgereiht.

Verloren ging der Schnitter
bange durch die Pracht,
stumpf die Sense
seinen letzten Weg
in seinige Gruft.

Da warfen Scharen
singend ihre Hüte
in die Luft:
Es kam das Ende
und der Anfang
in einem Wort.

Max

Beitragvon Max » 01.08.2006, 19:43

Lieber Moshe,

da hast Du wohl den regen beschrieben, den wir hier so lange ersehnt haben. Dein Regengedicht hat ihn auch zumindest hieher nach Münster gebracht, danke!

Dennoch habe ich zwei kritischeh Anmerkungen. Die erste betrifft - wie schon ein-oder zweimal - die Tempusformen. Mir geht es da zu munter zwischen Präsens und Präteritum hin und her. Und obwohl ich denke, ich habe eine recht klare Vorstellung vom Lauf der Dinge, hat mich das verwirrt: beispielsweise regnet es zunächst im Präsens - es fallen Tropfen und danach jubelt die Menge, allerdings im Imperfekt.

Der zweite kritische Punkt, den ich machen muss, betrifft die erste Strophe:


Und silberne Tropfen
wie Tränen-Monde
leicht und gleich
fallen ruhig dahin.


In dem Gedichtwettbewerb des Salon standen die Wörter Tränen und Mond ganz oben auf der Hitliste der meist ge- (miss-)brauchten Wörter und beide auf einmal und in silber, das ist mir einfach zu nahe am Kitsch.

Liebe Grüße
Max

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 01.08.2006, 20:07

Max,

ja, das hatten wir schon öfters und ich habe es auch schon öfters erklärt und zwar so: Das ich Zeitenwechsel ganz bewußt einsetzte, unter anderem um Momente zu kennzeichnen, wo Handlung einsetzt, hier jedoch, um eine neue Sichtweise in der Zeit zu kennzeichnen. Wahllos springe ich da nicht hin und her.
Du möchtest immer ein Gedicht in einer Zeitform geschrieben sehen, aber das entspricht auch garnicht dem Leben, indem wir auch dauernd zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft 'herumspringen'.
Ich stehe auch sehr zur Benutzung von bekannten Begriffen, von mir aus auch Klischees, weil Kinder werden immer wieder neu geboren.
Und die zehn Gebote gibt es schon sehr lange und müßen auch immer wieder wiederholt werden, ggf. nicht oft genug.

Was kochst du denn heute???

moshe.c

P.S. Das Gedicht ist rund zwanzig Jahre alt.

Max

Beitragvon Max » 01.08.2006, 20:16

Lieber Moshe,

dass es nicht wahllos ist, dachte ich mir schon. Dennoch ist es zumindest gewöhnungsbedürftig, wenn die Handlung im Präteritum einsetzt, wenn alles bislang Präsens war - es ist ja auch gerade das Gegenteil eines dramatischen Präsens , oder ist das Deine Neuerung hier?

Übrigens sehen ja zum Glück auch nicht alle neugeborenen Kinder gleich aus, Klischees aber schon (nun aber genug der Spitzfindigkeiten - ich habe hier schon eh lange keinen Spitz mehr gefunden).

Liebe Grüße
Max

PS: Ich denke, wir kochen heute Mozarella, was ihm aber nicht bekommen wird *g*

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 02.08.2006, 00:19

Lieber Max.
das du in die Feinheiten eines Zeitenwechsels noch blicken musst, liegt am Theater, dem der Welt, und dem was auf der Bühne stattfindet, und von der Welt handelt.

Du bist so schön jugendlich, nicht nur auf dem Bild, sondern auch in dem Bestreben nach Einheit. Dies wird noch unterstrichen dadurch, daß du nach dem Unterschied bei Neugeborenen schaust und dich fragst, was denn das schönste für dich wäre. Ich war auch so und dachte: Wenn das aufhört ist man erledigt, alt, und ....
Ich sagte im Alter von 18 einer 25jährigen Frau: So alt wie sie möchte ich nie werden!
Tja, und nun bin ich mehr als doppelt so alt und kann immer noch nicht aufhören zu leben. Wo das hinführt?

Daß du Mozarella kochst ist schön und ich hoffe es mundet nicht nur dir. Bei solchen Gelegenheiten koche ich Rockvor, und es wird immer wieder gern gegessen.

Abwaschen werde ich erst morgen.

Köchelnde Grüße auch von Orit

Moshe

scarlett

Beitragvon scarlett » 02.08.2006, 20:03

Hallo moshe,

die Verwendung der unterschiedlicher Tempora hat mich gar nicht gestört, ja sie ist mir anfangs gar nicht bewußt gewesen, muß ich ehrlich zugeben, d. h. - sie fügen sich ein, sie machen Sinn, sonst wären sie mir sicher ins Auge gefallen.
Was mich etwas befremdet, ist eher das "seinige" in S 4 - "den letzten Weg in seine Gruft" - hätte ich spontan gedacht... oder siehst du das anders? Würde mich interessieren...

Schön finde ich die Tränenmonde und die Kußmunden- insgesamt gefällt mir dein Text sehr gut, die letzte Zeile mit dem Ende und Anfang in einem Wort biblisch irgendwie und faustisch...*g*

Einen guten Abend nach Tel Aviv,

scarlett

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 02.08.2006, 20:31

LIebe scarlett,
mir fällt der Tempi-Wechsel beim Lesen auch nicht auf, weil er, so meine ich, natürlich ist. Beim Schreiben hatte ich ihn gesetzt.

Der Unterschied zwischen den Begriffen 'seine' und 'seinige' ist einer, der dem Letzteren etwas Zugedachtes beifügt, während er beim Ersteren nur auf Besitzzugehörigkeit verweist.

scarlett, in der letzten Zeit rückst mehr und mehr in mein Blickfeld, und ich denke, es wird dir nicht unangenehm sein, davon zu lesen.

moshe.c

scarlett

Beitragvon scarlett » 02.08.2006, 20:52

Lieber moshe,

ich muß sage, deine Erklärung befriedigt mich nicht vollends - "seinige" bzw. "deinige" nur mit Artikel, also "das seinige/deinige" bei vorangegangenem, genannten Substantiv. Aber egal, wenn du es in deinem Gedicht so haben möchtest, ok, es ist ja deines/deiniges *g*
Bei einer anderen Formulierung würdest du allerdings auch die Wiederholung umgehen...

Ich freue mich über weiteren, regen Gedankenaustausch mit dir,

Gruß

scarlett

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 03.08.2006, 10:36

...daß du nach dem Unterschied bei Neugeborenen schaust

Moshe, dieser Satz von dir erklärt so manches... Jetzt lese ich das Gedicht nochmal...

Liebste Grüße (auch an Orit) vom Tom.
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

Max

Beitragvon Max » 03.08.2006, 15:29

Lieber Moshe,

nur zur Klärung: ich schau gar nicht auf die Unterschiede bei Neugeborenen und suche mir eines (das Schönste) aus, sondern erkläre nur, dass es für mich eine Unterschied zwischen Neugeborenen und Klschees gibt :-). Dass Du mich jung nennst, lässt mich innerlich in meine Kinderschueh zurückhüpfen und ein Tänzchen aufführen - wenn z.B. Trixie mich "Papa" nennen würde, könnte ich nicht mal ernsthaft protestieren (außer, dass ich nicht ihr Papa bin ;-) )

Liebe grüße
Max

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 03.08.2006, 17:14

Hey Max,

das schönste Neugeborene wird schon kommen, und das wird ein Tänzchen!

Und wenn es wächst und dir ähnlich sieht! Und auch noch....
Das wird gut, ohne Frage.

Schreibst du mal, was du dir für eine Musik zum Tänzchen wünscht? Wegen der Tempi-Wechsel!

moshe.c

P. S. Kochst du heute oder wird es nur zu heiß?

Max

Beitragvon Max » 03.08.2006, 17:42

Lieber Moshe,

noch ist nix da, was ich köchen könnte, aber zu heiß ist es nicht .. mal schauen, ich werde sicher as finden :-).

Liebe Grüße
max

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 03.08.2006, 18:06

Bei mir gibt es heute Käse mit unausprechlichen Namen, mit viel Zwiebeln, Fenchel, na ja, und was sonst noch in den Topf fällt, aber auf jeden Fall an Nudeln, italienischen.

Aber nun schreib doch mal was zur Musik! Ich will die Musik mit Früchten morgen zur Post bringen!

Moshe.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 03.08.2006, 18:11

Hallo scarlett,

nachdem ich von Max und den Neugeborenen, und auch noch dem Käse ablenkt worden bin, möchte ich dir sagen, dies ist ein altes Gedicht.
Dabei mag ich Substanz nicht ändern, außer krassen Fehlern, wegen der Nosthalgie.

moshe.c


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